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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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und Türmen, von Strebewerk aus grünem Marmor, von blauen Achatscheiben in den vertieften Fenstern. Am auffallendsten erhoben sich in der Mitte die breiten, sanft geschwungenen vorspringenden Dächer der Pagode über dem Thronsaal, gedeckt mit getriebenen Plättchen aus Jungferngold, die im Zwielicht des späten Nachmittags glänzten.
    Fünf Tage später waren sie am Torhüter, dem Empfangspersonal und dem Privatsekretär vorbei. Sie hatten stundenlang auf ein dreiminütiges Gespräch mit dem Audienzadmissionar gewartet. Mit einem harten, verzerrten Ausdruck im Gesicht hatte Elphaba es geschafft, die Worte »Madame Akaber« über die widerstrebenden Lippen zu bringen. »Morgen um elf«, beschied der Admissionar. »Sie werden vier Minuten zwischen dem Botschafter von Ix und der Vorsteherin des Damenvereins zur Heimatschutzverpflegung haben. Gesellschaftskleidung ist obligatorisch.« Er reichte ihnen eine Karte mit Vorschriften, die sie leider ignorieren mussten, da sie keine feine Garderobe mithatten.
    Im Zuge der allgemeinen Verspätung wurde es nachmittags um drei, bis der Botschafter von Ix den Thronsaal mit aufgeregter und missgelaunter Miene verließ. Glinda plusterte die plattgedrückten Federn an ihrem Reisehut zum achtzigsten Male auf und seufzte: »Aber du bist diejenige, die das Wort führt.« Elphaba nickte. Glinda kam sie müde und ängstlich, aber dennoch stark vor, als ob sie ausEisen und Whisky statt aus Knochen und Blut gemacht wäre. Der Admissionar erschien in der Tür des Wartezimmers.
    Â»Sie haben vier Minuten«, sagte er. »Treten Sie erst näher, wenn Sie dazu aufgefordert werden. Sprechen Sie erst, wenn Sie angesprochen werden. Äußern Sie sich nur, um einen Kommentar oder eine Frage zu beantworten. Sie haben den Zauberer mit ›Eure Hoheit‹ anzureden.«
    Â»Das hört sich ziemlich königlich an«, sagte Elphaba. »Ich dachte, die Monarchie wäre –« Doch da stieß Glinda ihr den Ellbogen in die Rippen, damit sie den Mund hielt. Wirklich, Elphaba war manchmal einfach unvernünftig. Sie hatten doch nicht den weiten Weg gemacht, um im letzten Moment als jugendliche Unruhestifter abgewiesen zu werden.
    Der Admissionar beachtete es gar nicht. Als sie eine hohe Flügeltür erreichten, in die allerlei okkulte Zeichen geschnitzt waren, bemerkte er: »Der Zauberer ist heute nicht bei bester Laune, weil es Berichte über einen Aufstand im Bezirk Ugabu nördlich des Winkus gegeben hat. An Ihrer Stelle würde ich mich auf alles gefasst machen.« Zwei stoische Wächter öffneten die Tür, und sie gingen hindurch.
    Doch anders als erwartet stand der Thron nicht vor ihnen. Stattdessen ging es durch einen Vorraum nach links, und hinter einem Türbogen kam noch ein Vorraum, etwas nach rechts gedreht, und dahinter noch einer und noch einer. Es war, dachte Glinda, als folgte man der immer enger werdenden Schraube der Kammern eines Nautilus. Sie drehten eine Runde durch acht oder zehn Empfangszimmer, jedes ein wenig kleiner als das davor, jedes in ein dumpfes Licht getaucht, das von oben durch Bleiglasscheiben fiel. Der letzte Vorraum endete mit einem Durchgang in einen höhlenartigen kreisrunden Saal, höher als breit und düster wie eine Kapelle. Auf antiken gusseisernen Ständern türmten sich Schichten von geschmolzenem Bienenwachs mit zahlreichen Dochten dazwischen, und die Luft war stickig und roch ein wenig nach Mehl. Auf einem runden Podest erblickten sie den Thron, besetzt mit Smaragden, die im Kerzenschein glommen, nur der Zauberer war nirgends zu sehen.
    Â»Er wird wohl auf die Toilette gegangen sein«, sagte Elphaba. »Na, wir warten.«
    Sie blieben im Durchgang stehen und wagten nicht, ohne Aufforderung einzutreten.
    Â»Ich hoffe, die Zeit zählt nicht mit, wenn wir nur vier Minuten haben«, sagte Glinda. »Schließlich hat es allein zwei Minuten gedauert, hierherzugelangen.«
    Â»An diesem Punkt –«, sagte Elphaba, dann unterbrach sie sich: »Pssst!«
    Glinda erstarrte. Sie hörte nichts. Dann war sie sich nicht mehr sicher. Sie konnte keine Veränderung in dem Halbdunkel feststellen, aber Elphaba sah aus wie ein sprungbereiter Vorstehhund: das Kinn vorgereckt, die Nase erhoben und die Nüstern gebläht, die dunklen Augen mal zusammengekniffen, mal weit aufgerissen.
    Â»Was ist?«, fragte Glinda.
    Â»Ein Geräusch

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