Wicked - Die Hexen von Oz

vor, auf die sie seitfünf Jahren hinarbeitete. Er war kein Freund der Anarchie (gut, er hatte an allem seine müßigen Zweifel, Zweifel waren viel energiesparender als Überzeugungen). Und auch wenn er neulich die Misshandlung des jungen Bären miterlebt hatte, musste er doch gute Beziehungen zum aktuellen Machthaber wahren – schon wegen seines Stammes.
    Außerdem wollte Fiyero Elphaba das Leben nicht schwerer machen, als es ohnehin war. Und sein egoistischer Wunsch, es mit ihr gemütlich zu haben, war stärker als sein Mitteilungsbedürfnis. Darum erzählte er ihr auch nicht, dass Nessarose und Ämmchen in der Stadt waren oder gewesen waren. (Wahrscheinlich waren sie längst wieder abgereist, rationalisierte er sein Verhalten.)
    Â»Ich frage mich«, sagte sie, als später am Abend die Sterne durch das wilde Eisblumenmuster auf dem Oberlicht schienen, »ich frage mich, ob du nicht vor den Lurlinalien die Stadt verlassen solltest.«   
    Â»Geht es demnächst los?«
    Â»Wie gesagt, ich kenne den ganzen Plan nicht, ich darf ihn nicht kennen. Aber es könnte sein, dass etwas losgeht. Es wäre vermutlich besser, wenn du gehst.«
    Â»Ich gehe nicht, und du kannst mich nicht zwingen.«
    Â»Ich habe nebenbei Fernkurse in Zauberei belegt. Ich werde ›Puff!‹ machen und dich in einen Stein verwandeln.«
    Â»Heißt das, du willst mich verliebt machen? Das bin ich schon.«
    Â»Ach, lass das!«
    Â»Oh, du böse Frau, du hast mich schon wieder verhext …«
    Â»Fiyero, lass das! Lass es einfach! Hör zu, es ist mir ernst. Ich will wissen, wo du zu den Lurlinalien sein wirst. Damit ich sicher sein kann, dass dir nichts passiert. Sag es mir!«
    Â»Soll das heißen, wir werden nicht zusammen sein?«
    Â»Ich habe da Nachtdienst«, sagte sie mit grimmiger Miene. »Wir sehen uns am Tag danach.«
    Â»Ich werde hier auf dich warten.«
    Â»Nein, das wirst du nicht. Ich glaube, wir haben unsere Spuren ganz gut verwischt, aber es ist selbst zu diesem Zeitpunkt immer nochmöglich, dass jemand kommt und mich hier abfängt. Nein, du bleibst in deinem Club und nimmst ein Bad. Nimm ein schönes langes kaltes Bad! Klar? Geh am besten gar nicht vor die Tür. Es soll ohnehin Schnee geben.«
    Â»Am Vorabend der Lurlinalien! Ich werde doch nicht den Feiertag ganz allein in der Badewanne verbringen!«
    Â»Na schön, dann kauf dir Gesellschaft, ist mir auch egal.«
    Â»Ist es dir nicht.«
    Â»Bleib einfach von allen Menschenansammlungen fort, von Theatern und Feiergesellschaften, sogar von Restaurants, bitte! Versprichst du mir das?«
    Â»Wenn du konkreter werden könntest, könnte ich vorsichtiger sein.«
    Â»Am vorsichtigsten bist du, wenn du die Stadt ganz verlässt.«
    Â»Und du bist am vorsichtigsten, wenn du mir sagst –«
    Â»Hör auf damit, vergiss es. Wenn ich’s mir recht überlege, will ich gar nicht wissen, wo du sein wirst. Ich will bloß, dass du in Sicherheit bist. Wirst du auf dich aufpassen? Wirst du drinbleiben, dich von heidnischen Feiern und Trinkgelagen fernhalten?«
    Â»Kann ich zur Kirche gehen und für dich beten?«
    Â»Nein.« Sie blickte so finster, dass er sich jede ironische Bemerkung verbiss.
    Â»Warum soll ich so sehr auf meine Sicherheit achten?«, fragte er sie, doch es war fast, als fragte er sich selbst. Was ist an meinem Leben schützenswert? Ich habe eine gute Frau daheim in den Bergen, brauchbar wie ein alter Löffel, trocken im Herzen aus Angst vor der Ehe seit dem sechsten Lebensjahr. Ich habe drei Kinder, die ihrem Vater, dem Fürsten der Arjikis, so wenig trauen, dass sie sich kaum in seine Nähe wagen. Ich habe einen hierhin und dorthin ziehenden, sorgengebeugten Stamm, der dieselben Fehden austrägt, dieselben Herden weidet, dieselben Gebete spricht wie vor fünfhundert Jahren. Und ich habe mich, einen profil- und ziellosen Mann, ohne Gewandtheit im Ausdruck oder Auftreten, ohne besondere Güte gegenüber der Welt. Was gibt es, das mein Leben schützenswert machen würde?
    Â»Ich liebe dich«, sagte Elphaba.
    Â»Das wäre also geklärt«, entgegnete er ihr und sich. »Und ich liebe dich. Gut, ich verspreche, vorsichtig zu sein und auf mich aufzupassen.«
    Auf uns beide, dachte er bei sich.
    Und so pirschte er ihr abermals nach. Die Liebe macht uns alle zu Jägern. Sie hatte sich in ein langes