Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
Vom Netzwerk:
himmlischen Heerscharen herabrufen. Elphaba sah in ihm einen groben Schlächter, denn er schien keine Skrupel zu haben, Kaninchen zu schießen und zu verzehren. »Woher willst du wissen, dass es keine Kaninchen sind?«, empörte sie sich und rührte keinen Bissen an.
    Â»Sei bloß still, sonst brate ich stattdessen den kleinen Jungen da«, versetzte er.
    Sie hätte Uda gern dafür erwärmt, den Koch fortzuschicken, doch die wollte nichts davon hören. »Wir nähern uns der Kumbricia-Schneise«, sagte sie. »Mich beschäftigen andere Dinge.«
    Sie konnten sich der eigentümlichen Erotik der Landschaft nicht entziehen. Von Osten sah die Kumbricia-Schneise aus wie eine auf dem Rücken liegende Frau, die Beine einladend gespreizt.
    Weiter oben an den Hängen verdeckten die Kiefern die Sonne und verschlangen die wilden Birnen ihre knorrigen Äste, als rängen sie miteinander. Hier herrschte plötzlich ein extrem feuchtes Klima, in dem die Rinden der Bäume nur so trieften und die Luft sich einem schwer auf die Haut legte wie halb getrocknete Wäsche. Einmal in den Wald eingetaucht, konnten die Reisenden die Gipfel nicht mehr sehen. Alles roch nach Farnen und Fiedelkraut. Und am Ufer eines kleinen Sees stand ein toter Baum, bewohnt von einem Schwarm Bienen, die fleißig ihrer Kammermusik und Honigproduktion frönten.
    Â»Ich würde sie gern mitnehmen«, sagte Elphaba. »Ich rede mit ihnen und schaue, ob sie mitkommen wollen.«
    Im Küchengarten des Grattler-Kollegs hatte es Bienen gegeben und im Kloster der heiligen Glinda in der Schiefersenke auch. Elphaba war von ihnen fasziniert. Liir jedoch machten sie Angst, und der Koch drohte, umzukehren und die Gruppe sich selbst zu überlassen. Eine hitzige Debatte entstand. Ein alter Mann, der auf eine nächtliche Vision hin zum Sterben nach Westen zog, gab zu bedenken, dass ein wenig Honig den geschmacklosen Spatzenblatttee verbessern würde. Eine Glikkin, die die Fahrt auf eine Heiratsanzeige hin unternahm, stimmte zu. Uda, begeisterungsfähig, wenn man es am wenigsten erwartete, votierte für Honig. Also stieg Elphaba auf den Baum und redete mit den Bienen, und diese kamen als ganzer Schwarm mit, doch die meisten Reisenden blieben in den anderen Wagen und fürchteten sich plötzlich vor jedem Staubkörnchen, das sie anwehte.
    Mit Trommeln und Rauchzeichen bemühten sie sich, die Aufmerksamkeit eines Rafiqi auf sich zu ziehen, denn Karawanen durften nicht durch die Gebiete der verschiedenen winkischen Stämme ziehen, wenn sie nicht einen solchen Führer hatten, der für sie die Bedingungen aushandelte. Eines Abends, als allen langweilig war und ihnen die Dunkelheit aufs Gemüt schlug, kam das Gespräch auf die Sage von der kumbrischen Hexe. Wer war zuerst da, lautete die Frage, die Feenkönigin Lurlina oder die kumbrische Hexe?
    Igo, der kranke alte Mann, zitierte die Ozias und erinnerte alle daran, wie die Welt entstanden war: Der Drache der Zeit schuf Sonne und Mond, und Lurlina verfluchte sie und erklärte, die Kinder der beiden würden die eigenen Eltern nicht kennen, und dann kam die kumbrische Hexe und mit ihr die Sintflut, der Krieg, die Verbreitung des Bösen über die Welt.
    Uda Lahmhand widersprach. »Du alter Narr«, sagte sie, »die Ozias ist nur die kitischige, romantische Umdichtung älterer, rauherer Sagen. Was in der Erinnerung des Volkes lebt, ist wahrer als die Darstellung eines feingeistigen Dichters. Im Volksglauben geht das Böse immer dem Guten voraus.«
    Â»Kann das die Wahrheit sein?«, fragte Igo interessiert.
    Â»Gibt es nicht eine ganze Reihe alter Märchen, die anfangen mit ›Mitten im Wald, da wohnte einmal eine alte Hexe‹, oder ›Als der Teufel eines Tages über die Erde wandelte, begegnete ihm ein Kind‹?«, sagte Uda und bewies damit, dass sie außer Grips auch eine Schulbildung hatte. »Die Bitterarmen brauchen nicht erklärt zu bekommen, woher das Böse entsteht; es entsteht einfach, es ist immer da. Man erfährt nie, wie die Hexe böse wurde oder ob das für sie die richtige Wahl war – ist es jemals die richtige Wahl? Ringt der Teufel jemals darum, wieder gut zu werden, und wenn, ist er dann kein Teufel mehr? Das ist zumindest eine Definitionsfrage.«
    Â»Es stimmt allerdings, dass es reichlich Märchen von der kumbrischen Hexe gibt«, pflichtete Igo bei. »Die anderen

Weitere Kostenlose Bücher