Wicked - Die Hexen von Oz
bereits bevölkert von kreischenden Kleinen und torkelnden Halbwüchsigen (die jede Gelegenheit nutzten, um aufeinanderzupurzeln und sich in zweideutigen Positionen genüsslich zu verknäueln). Ihre Eltern drehten in gemächlicherem Tempo stetige Runden am Rand. Alle verstummten, als die Bewohner von Kiamo Ko sich nahten, aber da Kinder nun einmal Kinder waren, hielt die Stille nicht lange an.
Sarima wagte sich auf das Eis, umgeben vom Haufen ihrer untergehakten Schwestern. Wegen ihrer Fülligkeit befürchtete sie zu stürzen, zumal sie keine kräftigen Fesseln hatte. Doch nach einer Weile wusste sie wieder, wie es ging â erst dieser FuÃ, dann jener, lange, langsame Bewegungen â, und das schwierige Nacheinander war vollbracht. Elphaba sah aus wie eine ihrer Krähen: ausgestellte Knie und Ellbogen, flatternde MantelschöÃe, um Gleichgewicht fuchtelnde Hände.
Nachdem die Erwachsenen genug Aufregung gehabt hatten (obwohl die Kinder erst noch am Aufwärmen waren), lieÃen sich Sarima, die Schwestern und Elphaba auf Bärenfelle fallen, die das Dorf indessen für sie ausgebreitet hatte.
»Im Sommer«, erzählte Sarima, »machen wir ein groÃes Feuer und schlachten ein paar Schweine, bevor die Männer in die Ebene hinuntersteigen und die Jungen mit den Schafen und Ziegen in die höheren Lagen ziehen. Alle kommen auf ein Stück Fleisch und ein paar Humpen Bier in die Burg. Und wenn ein Berglöwe oder ein besonders gefährlicher Bär auftaucht, dürfen sie natürlich hinter die schützenden Mauern kommen, bis die Bestie erlegt ist oder sich trollt.« Sie verzog das Gesicht zu einem huldvollen Lächeln, den Blick auf die Dörfler gerichtet, doch diese ignorierten die Herrschaft inzwischen wieder. »Liebe Tante, du warst ein köstlicher Anblick, wie du eben in diesem Mantel und deinen Besen schwingend dahingesaust bist.«
»Liir sagt, es ist ein magischer Besen«, rief Nor, die angelaufen kam, um ihrer Mutter eine Handvoll körniger Schneeflocken ins Gesicht zu werfen. Elphaba wandte hastig den Kopf ab und zog den Kragen hoch, um nichts von der Schneewolke abzubekommen. Nor lieà ein schadenfrohes melodisches Lachen hören und flitzte davon.
»Erzähl uns doch, wie es kommt, dass dein Besen magisch ist«, sagte Sarima.
»Ich habe nie behauptet, er wäre magisch. Ich habe ihn von einer alten Nonne, die Mutter Schackel hieÃ. Sie nahm mich unter ihre Fittiche, wenn sie einigermaÃen auf dem Posten war, und â¦, wies mir den Weg, muss ich wohl sagen.«
»Wies dir den Weg«, sagte Sarima.
»Die alte Nonne sagte, der Besen sei das Zeichen meiner Bestimmung«, erzählte Elphaba. »Wahrscheinlich meinte sie damit, dass meine Bestimmung die Hausarbeit ist. Nicht die Magie.«
»Da bist du nicht die Einzige.« Sarima gähnte.
»Ich bin mir nie darüber klargeworden, ob Mutter Schackel komplett wahnsinnig oder eine weise, prophetische Alte war«, fuhr Elphaba fort, doch die anderen hörten schon nicht mehr hin, und sie verstummte.
Nach einer Weile kam Nor wieder an und warf sich ihrer Mutter in den SchoÃ. »Erzähl mir eine Geschichte, Mama«, sagte sie. »Die Jungen sind gemein.«
»Jungen sind lästige Geschöpfe«, pflichtete ihre Mutter bei. »Manchmal. Soll ich dir erzählen, wie du auf die Welt gekommen bist?«
»Nein, nicht das.« Nor gähnte. »Eine richtige Geschichte. Erzähl mir noch mal das Märchen von der Hexe und den Fuchskindern.«
Sarima wollte nicht, denn sie wusste wohl, dass die Kinder die Tante für eine Hexe hielten. Aber Nor blieb stur, und schlieÃlich gab Sarima nach und erzählte das Märchen. Elphaba lauschte. Ihr Vater hatte ihr Moralvorschriften beigebracht und Vorträge über Verantwortung gehalten, Ãmmchen hatte getratscht, Nessarose hatte gequengelt. Aber niemand hatte ihr Geschichten erzählt, als sie klein gewesen war. Sie rutschte ein Stückchen vor, damit sie über das Lärmen ringsum etwas verstehen konnte.
Sarima betete das Märchen ohne groÃe innere Beteiligung herunter, aber dennoch versetzte der Schluss Elphaba einen Stich. »Und dort musste die böse alte Hexe lange, lange bleiben.«
»Ist sie je wieder rausgekommen?« Nors Augen glänzten vor Freude, als sie ihren Spruch aufsagte.
»Bis jetzt nicht«, antwortete Sarima, beugte sich vor und tat
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