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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Professor?
    Der Major trat auf den hellerleuchteten Hof und sah Furcht und Besorgnis in den Mienen der Wächter. Es war auch zu schön, um wahr zu sein. Zwei Nächte ohne einen Todesfall hatten Hoffnungen geweckt, die nun bitter enttäuscht worden waren. Inzwischen lagen zehn Leichen im Gewölbe, eine für jede Nacht. Wörmann erschauerte. Wenn der von Cuza erwähnte »Walachenfürst« doch nur bis zum nächsten Abend gewartet hätte. Dann wäre Kämpffer morgen früh mit seinen Leuten aufgebrochen und hätte uns endlich mit seinem Naziwahn verschont. Jetzt aber deutete alles darauf hin, daß sie das ganze Wochenende durchhalten mußten. Freitag-, Samstag- und Sonntagnacht. Drei mögliche Tote. Vielleicht sogar mehr.
    Wörmann wandte sich nach rechts. Er näherte sich dem Kellerzugang und beschloß, einen Blick in die Höhle zu werfen, um dort nach dem Rechten zu sehen. Selbst die Leichen von SS-Soldaten verdienten eine respektvolle Behandlung.
    Als er durch den langen Korridor ging, hörte er Stimmen, und kurz darauf kletterten einige Männer aus dem Loch im Boden. »Wir haben sie zu den anderen gelegt, Herr Major«, meldete einer von ihnen.
    »Und ich hoffe, ihr habt die angebrachte Sorgfalt walten lassen.«
    Wörmann brachte die Treppe zum Gewölbe hinter sich. Der Schein von Kerzen und Kerosinlampen fiel auf zehn Gestalten, die unter weißen Laken auf dem kalten Boden lagen. Es schien alles in Ordnung zu sein. Ich muß dafür sorgen, daß sie bald in die Heimat überführt werden, dachte der Major. Aber wie?
    Er schnippte mit den Fingern. Natürlich: Kämpffer! Der Sturmbannführer wollte die Feste in jedem Fall am Sonntag verlassen. Sollte er die Leichen nach Ploeşti bringen; von dort aus konnten sie nach Deutschland geflogen werden. Eine perfekte Lösung. Und angemessen.
    Wörmann stellte fest, daß der linke Fuß der dritten Leiche unter dem Laken hervorragte. Als er sich bückte, um die Decke zurechtzurücken, bemerkte er Lehmkrusten am Stiefel. Es sah fast so aus, als sei der Tote an den Armen über den Boden gezerrt worden.
    Der Major wurde ärgerlich, doch dann zuckte er mit den Achseln. Was spielte es eigentlich für eine Rolle? Die Toten waren tot. Warum sich über schmutzige Stiefel aufregen?
    »Gehen wir«, sagte er und winkte die anderen Soldaten, die ihn begleitet hatten, nach oben.
    Vor der Treppe blieb Wörmann noch einmal stehen und sah zurück. Das verblassende Licht lockte die Schatten aus den Ecken des Gewölbes, und die Leichen zeichneten sich nur noch als verschwommene Konturen in der Finsternis ab. Lehmverkrustete Stiefel … Der Major gab sich einen Ruck.
     
    Kämpffer stand am Fenster seines Quartiers und sah auf den Hof. Er beobachtete, wie Wörmann den Keller aufsuchte und kurze Zeit später zurückkehrte. Eigentlich hätte er sich keine Sorgen machen müssen, zumindest nicht für den Rest der Nacht – es hatte bereits Opfer gegeben, und somit bestand kaum die Gefahr, daß der unbekannte Mörder erneut zuschlug.
    Statt dessen aber spürte der Sturmbannführer eine Angst, die nach und nach das Ausmaß von Panik gewann.
    Ein schrecklicher Gedanke fraß sich in sein Bewußtsein, genährt von dem Umstand, daß alle Toten in Mannschaftsrängen standen. Verschonte das blutgierige Phantom die Offiziere? Warum? Vielleicht lag es nur daran, daß sich in der Feste weitaus mehr einfache Soldaten aufhielten. Aber eine flüsternde Stimme bot Kämpffer eine andere Antwort an. Vielleicht hat dieses Wesen mit Wörmann und mir etwas besonders Entsetzliches vor.
    Er wußte nicht, warum er so empfand, doch er konnte der grauenhaften Gewißheit dieses Gefühls nicht entkommen.
    Und so blieb er die ganze Nacht über auf und starrte beklommen nach draußen, bis das erste Licht des Tages die Dunkelheit zu verdrängen begann.

23. Kapitel
     
    Die Feste
    Freitag, 2. Mai • 07.32 Uhr
     
    Magda wartete am Tor und verlagerte ungeduldig das Gewicht von einem Bein aufs andere. Zwar schien die Sonne, aber ihr war dennoch kalt. Die Düsternis des Kastells – die Ausstrahlung des Bösen – dehnte sich über die Mauern aus und sickerte in den Paß. Am vergangenen Abend hatte sie das Unheil erst am Fluß gespürt; diesmal schlug es ihr schon auf der Brücke entgegen.
    Die beiden Torflügel der Feste standen weit offen. Magda schaute auf den Turmzugang und rechnete jeden Augenblick damit, dort den Rollstuhl ihres Vaters zu sehen. Auf der anderen Seite des Platzes begann der Verbindungskorridor zum Keller und den

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