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Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Titel: Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Gabe
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sich nicht einmal die Mühe, mich zurückzurufen. Sie denken, ich bin mit einem Irren verheiratet! Und ich kann ihnen nicht einmal widersprechen!«
    »Danke für dein Vertrauen.«
    »Ich bin nicht die Einzige! Tony ist vielleicht auf deiner Seite, aber ich bin mir sicher, dass auch er denkt, dass du den Verstand verloren hast!«
    »Ist das so?« Alan war plötzlich wütend – auf Ginny und Tony, weil sie ihm nicht glaubten, und auf sich, weil er von ihnen erwartete, dass sie ohne jeden Beweis etwas so Bizarres wie diese Gabe akzeptierten.
    Er ging zum Telefon neben dem Bett. »Okay. Wenn ich beweisen kann, dass ich nicht verrückt bin, bleibst du dann?«
    »Keine Spielchen, Alan. Und kein Geschacher.«
    »Gibst du mir eine Chance?«
    »Um sechs geht mein Flugzeug vom JFK. Wenn du bis dahin meine Meinung ändern kannst, bitte. Aber ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich weiterpacke.«
    Sechs Uhr . Ihm blieben fünf Stunden. Er wusste nicht, ob er …
    Er wählte Tonys Geschäftsnummer und bat ihn, sofort in sein Büro zu gehen, eine mit »Zeitplan« beschriftete Akte von seinem Schreibtisch zu nehmen und sie zu seinem Haus zu bringen. Tony willigte ein, obgleich es zögernd klang.
    Alan schritt im ersten Stock seines Hauses auf und ab wie ein Mann, dessen Frau kurz vor der Niederkunft steht, während Ginny oben mit ihren Koffern beschäftigt war. Dann stand ein regendurchnässter Tony mit der Akte an der Tür. Alan nahm sie ihm weg, sagte ihm, er solle warten, und ging ins Arbeitszimmer.
    Er brütete über den Zahlen, war sich schwach bewusst, dass Ginny heruntergekommen war und mit Tony hinter seinem Rücken besorgte Blicke austauschte. Er sah sofort den Fehler in seiner Kalkulation am Tag der Anhörung, Wieder hatte ihn sein Gedächtnis im Stich gelassen – er hatte sich bei der Stunde der Macht um vierzig Minuten vertan. Vierzig Minuten! Gottverdammte vierzig Minuten! Wenn das Treffen eine Stunde später stattgefunden hätte, wäre alles paletti gewesen. Stattdessen …
    Aber er hatte jetzt keine Zeit dafür. Heute, mit allen Zahlen schwarz auf weiß vor sich, konnte er sich nicht irren. Er überprüfte es mit dem Taschenrechner. Kein Zweifel: Heute würde die Stunde der Macht in ungefähr zwanzig Minuten beginnen.
    Er schlenderte ins Wohnzimmer und wedelte mit den Autoschlüsseln.
    »Lasst uns gehen – ihr beide!«
    »Warte mal –«, fing Ginny an.
    »Kein Warten. Ich werde euch beweisen, dass ich nicht verrückt bin. Wenn du dann immer noch nicht überzeugt bist, bringe ich dich selbst zum Flughafen, damit du pünktlich in deinen Flieger steigen kannst.«
    Tony guckte erstaunt bei der Erwähnung des Fliegers, sagte aber nur: »Da bin ich mal gespannt.«
    »Ich weiß nicht …«, sagte Ginny.
    Alan und Tony schafften es gemeinsam, sie zu überreden. Dann waren sie im Auto und fuhren durch den strömenden Regen. Alan hatte ein ziemlich genaues Bild von der Strecke, die er fahren musste, vor Augen und war sich einigermaßen sicher, dass er sich nicht verfahren würde. Er hatte vor, in die Praxis zu fahren, ein paar Leute einzulassen und sie vor Ginnys und Tonys Augen zu heilen. Ihm war klar, dass es vor der Praxis zu einem Tumult mit den Wartenden kommen konnte, aber wenn er ihnen demonstrieren konnte, dass er diese Gabe wirklich besaß, hatte er zwei Verbündete, auf die er sich verlassen konnte. Wenn sie ihm Halt gaben, fühlte er sich vielleicht nicht mehr so einsam und verloren.
    Als sie vor einer Ampel an der Kreuzung Central und Howe halten mussten, humpelte Klumpfuß-Annie aus dem Kiosk an der Ecke. Das löchrige Kleid, das sie immer trug, wurde von einem ähnlich löchrigen Regenschirm beschützt, eine Plastiktasche hing an ihrer freien Hand. Alan sah prüfend auf seine Uhr, trat auf die Bremse und sprang aus dem Wagen, ohne auf die erschreckten Laute von Ginny und Tony zu achten.
    Warum in die Praxis gehen?, dachte er. Hier war jemand, der wirklich geheilt werden musste, ohne deswegen herumzuzetern. Jemand, der seit Jahren sein Herz bluten ließ.
    »Miss!«, rief er, und sprang über eine Pfütze am Rinnstein. »Kann ich Sie kurz sprechen?«
    Sie wirbelte erschreckt herum. Ihre Augen waren weit aufgerissen und voller Furcht. »Was? Ich habe kein Geld!«
    »Das weiß ich«, sagte Alan und näherte sich ihr behutsamer. »Ich will Ihnen nur helfen.«
    »Gehen Sie weg. Ich will keine Hilfe!«
    Sie drehte sich wieder um und humpelte weiter.
    »Miss! Ich will nur –«
    Sie humpelte schneller, ihr Körper

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