Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
ein toter Mann.
»Alan?«
Sylvia fuhr hoch und starrte wild um sich, für einen Moment ohne Orientierung in der Dunkelheit. Dann sah sie die Kerze, die auf der Tischtennisplatte flackerte, und erinnerte sich daran, dass sie im Keller war. Sie streckte die Hand aus und fand Jeffy schlafend zusammengerollt neben ihr auf dem alten Ausklappsofa.
Mit zusammengekniffenen Augen versuchte sie, die Leuchtzeiger ihrer Uhr zu entziffern. 7:30 Uhr. Hatte sie wirklich so lange geschlafen? Sie musste erschöpfter gewesen sein, als sie gedacht hatte. Wenigstens war die Nacht schnell vergangen. Um 9:10 Uhr würde es hell werden. Eine weitere lange, lange Nacht ging zu Ende. Sie reckte sich. In Kürze würde Alan oben an die Tür klopfen und ihnen sagen, sie sollten aufstehen und …
Dann hörte sie es.
Ein Kratzen an der Kellertür. Sie sprang aus dem Bett und hastete zum Fuß der Treppe, um zu lauschen.
Nein, das war kein Kratzen. Nagen.
Zitternd, die Oberlippe zwischen die Zähne geklemmt, schlich sie sich die Treppe hinauf und redete sich bei jeder Stufe ein, sie müsse sich irren, es könne nicht sein, ihre Ohren spielten ihr einen gemeinen Streich. Auf halber Höhe nahm sie den Gestank wahr und damit konnte sie es nicht mehr länger leugnen. Sie hastete die letzten Stufen hoch, presste die Handflächen gegen die schwere Eichentür und spürte die Vibrationen zahlloser Zähne, die daran nagten.
Alan! Lieber Gott, wo ist Alan?
Sie drehte den Knauf und ergriff ihn mit beiden Händen. Krabbler in Toad Hall. Sie musste es mit eigenen Augen sehen. Sie hörte sie und roch sie, aber sie musste sie sehen, bevor sie glauben konnte, dass so viele in ihr Haus eingedrungen waren. Sie schob die Tür einen Spalt auf und konnte ein schmales Stück Korridor überblicken. Die Kreaturen stürzten sich sofort auf die Öffnung und sie schlug die Tür zu. Aber sie hatte genug gesehen.
Krabbler. Der Korridor war voll von ihnen – sie schwebten da, sausten herum, hingen an den Wänden, segelten durch die Luft.
Sylvia begann zu zittern. Wenn sie in die Korridore gelangt waren, wo war dann Alan? Um in Toad Hall hineinzukommen, mussten sie an Alan vorbei.
»Alan?«, schrie sie, mit dem Gesicht vor der vibrierenden Tür.
Vielleicht hatte er den Fernsehraum erreicht und sich dort eingeschlossen. Vielleicht war er in Sicherheit.
Aber das waren nur Worte. Weder in ihrem Herzen noch in ihrem Verstand fand sie ein Fleckchen, das die glaubte. Ein Schluchzer baute sich in ihrer Kehle auf und brach sich als Aufschrei Bahn.
»ALAN!«
Heimkehrende
Monroe, Long Island
Jack rief: »Vorsicht!«
Ba riss das Lenkrand herum, um einem LKW auszuweichen, der vor ihnen die Kreuzung überquerte, und verfehlte ihn nur um Zentimeter.
»Verdammt, das war knapp. Entspann dich, Großer. Wenn wir in irgendwas reinrauschen, dann kommen wir vielleicht gar nicht an.«
Ba konnte sich nicht entspannen. Er hatte sich am Flugfeld der Ashe-Brüder hinter das Steuer gesetzt. Er war mit Jacks Limousine nicht vertraut. Er bremste vor Stopp-Schildern kaum ab und alle Ampeln waren ausgefallen. Das spielte keine Rolle. Er musste nach Hause. Sofort. Die Missus brauchte ihn.
Als die vertrauten Straßen und Läden von Monroe vorbeisausten, stieg seine Nervosität mit jedem Häuserblock. Leere Straßen, eingeschlagene Schaufenster und nur ein paar verängstigte Menschen und noch weniger Autos hasteten durch das schwindende Nachmittagslicht. Mit der Stadt war es extrem bergab gegangen in den zwei Tagen, die er nicht da gewesen war.
Ba spürte Bill Ryans Hand auf seiner Schulter.
»Jack hat recht. Zusammen sind wir um mehr als den halben Erdball und wieder zurück gereist. Es wäre eine Schande, so kurz vor dem Ziel zu sterben.«
Eine neue Stimme: »Ja. Es gibt keinen Grund zur Eile.«
Wer war das? Der seltsame Mann, Nick, hatte gesprochen.
»Was meinst du damit, Nick?«, fragte Bill.
Aber Nick sagte nicht mehr.
Es gibt keinen Grund zur Eile …
Bedeutete das, dass es keinen Grund zur Sorge gab? Oder – dass es zu spät war, um noch eine Rolle zu spielen?
Ba hatte den ganzen Rückflug von Maui in diesem Zustand angespannter Angst verbracht. Er konnte die Ahnung nicht verscheuchen, dass etwas Furchtbares in Toad Hall passierte, während er nicht da war. Er hatte die Missus wieder und wieder von dem Telefon im Flugzeug aus angerufen. Nur ein paar Worte von ihr hätten ausgereicht, ihn zu beruhigen. Aber er bekam keine Verbindung.
Glücklicherweise war der Flug gut
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