Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
sich. Ba saß hinter Bill und hielt eine ähnliche Waffe so, dass sie jeder sehen konnte. Die beiden Krieger sendeten eine Botschaft aus: Finger weg von dem Wagen. Nick saß hinter Jack, Sylvia und der Junge waren in die Mitte gequetscht, die Katze auf dem Schoß des Jungen. Der einäugige Hund lag hechelnd auf dem Boden.
Damit blieb nur noch Bill als Fahrer. Er wusste, er war kein besonders guter Fahrer, aber wenn sie auf eine dieser marodierenden Horden trafen, die die Stadt während der Tageslichtstunden unsicher machten, dann war er am Steuer sicherlich nützlicher als mit einer Schusswaffe in der Hand.
Er blickte zu Jack, der seit ihrer Wiedervereinigung am Flughafen sehr verschlossen wirkte. Er war unverkennbar abgelenkt. Etwas nagte an ihm, etwas, über das er nicht reden wollte.
Bill ging davon aus, sie würden es bald genug erfahren, falls es sie betreffen sollte.
Je weiter er nach Queens hineinfuhr, desto mehr Hindernisse gab es auf dem Expressway. Er schlängelte sich so schnell er es eben wagte zwischen den Überresten von zerstörten oder stehen gelassenen Wagen vorbei oder hindurch. Sie hielten ihn auf und dabei wäre er doch am liebsten geflogen.
Carol … Er sehnte sich nach ihrem Anblick, nach dem Klang ihrer Stimme, der Berührung ihrer Hand. Sie beherrschte seine Gedanken und seine Gefühle. Er wünschte, er hätte sie schon vom Flughafen aus mit dem Telefon erreichen können, um sie wissen zu lassen, dass er sicher wieder gelandet war und nach Hause kommen würde.
»Du beeilst dich besser«, sagte Nick von hinten.
»Ich fahre so schnell ich kann, Nick.«
»Du fährst besser schneller.« Er sprach so tonlos wie zuvor, als er zu Ba gesagt hatte, er brauche sich nicht zu beeilen. Sie hatten erfahren, was das zu bedeuten hatte. Was hatte dann jetzt …?
»Warum schneller?«
»Es geht um Carol.«
Der Wagen schlingerte leicht, als Bills Finger sich um das Lenkrad verkrampften.
»Was ist mit Carol?«
»Sie ist in Schwierigkeiten.«
WNTW-TV
< keine Übertragung >
Manhattan
Der Kopf wartete in der Küche auf Carol.
Sie kam gerade aus Magdas Zimmer mit dem leeren Tablett von Magdas Mittagessen. Sie machte sich Sorgen um Bill und warum er sich noch nicht gemeldet hatte. Sie schrie auf und ließ das Tablett fallen, als sie um die Ecke bog und er vor ihr in der Luft schwebte. Sie erkannte das Gesicht.
»Jimmy«, rief sie, dann fing sie sich wieder.
Kein Kopf, nur ein Gesicht. Und nicht Jimmy. Nicht ihr Sohn. Sie hatte fast aufgehört, an ihn als ihren Sohn zu denken.
Rasalom. Das war Rasalom.
Das Gesicht lächelte – ein arktischer Sturm hätte mehr Wärme verströmt. Dann bewegten sich die Lippen und formten Worte, aber die Stimme schien von woanders zu kommen. Oder war die nur in ihrem Kopf?
»Hallo, Mutter.«
Carol ging rückwärts aus der Küche. Das Gesicht folgte ihr.
Der Tonfall wurde spottend: »Mama, verlass mich nicht!«
Carol gab das Zurückweichen auf, als sie mit dem Rücken gegen den Esszimmertisch stieß. Sie sah sich nach Glaeken um, wusste aber, dass er nicht da sein würde. Er war schon vor Stunden aus dem Haus gegangen. Sie war zurückgeblieben, um sich um Magda zu kümmern.
Carol schluckte und fand dann ihre Stimme wieder. »Nenn mich nicht so.«
»Warum nicht? Das bist du doch.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Du bist neun Monate lang in mir herangewachsen, aber du warst nie mein Kind. Und ich war nie deine Mutter.«
Wieder ein Lächeln, so eisig wie das erste. »Ich verstehe deine Versuche, dich von mir loszusagen. Ich verstehe es, weil ich das Gleiche in Bezug auf dich versucht habe. Vielleicht warst du ja erfolgreicher als ich.«
»Wovon redest du?«
»Das Band des Fleisches. Seit dem Tag, an dem ich in dir gezeugt wurde, habe ich das Fleisch mit mir herumgetragen, das du mir gegeben hast. Das verbindet uns. Es gefällt mir so wenig, wie es dir gefällt, aber es ist eine Tatsache, die nicht vergeht. Eine, mit der wir uns beide auseinandersetzen müssen.«
»Ich habe gelernt, damit umzugehen – indem ich nicht darüber nachdenke.«
»Aber damit geht sie nicht weg. Ich habe lange darüber nachgedacht und es gibt eine bessere Art, damit umzugehen, eine, die es mir gestattet, mich mit meinem fleischlichen Band zu dir zu arrangieren. Eine Lösung, die dir ebenfalls nützen kann.«
Die Stimme in ihrem Kopf war so sanft, so beruhigend. Fast betörend. Carol schüttelte sich.
»Ich … ich will nichts von dir.«
»Denk nicht nur an dich selbst. Denk an
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