Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Titel: Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
Vom Netzwerk:
unkontrollierbar. Auf der ganzen Welt war es das Gleiche. Seit ungefähr einem Jahr beobachtete er, wie sich das Sozialgefüge allmählich auflöste. Er hatte eine ziemlich deutliche Verstellung, was daran schuld war. Oder besser gesagt, wer.
    Es hatte mit den Startern angefangen und hatte sich seitdem ausgebreitet. Zu viele Leute benahmen sich mittlerweile, als gäbe es gar keine Schamgrenzen mehr. Man stahl einer alten Dame die Handtasche oder klaute einem Kleinkind seinen Lutscher. Nichts war den Leuten zu schmutzig, keine Tat zu armselig. Man musste sich die Sachen nur nehmen; alles war erlaubt, wenn man damit durchkam – das war die neue Haltung.
    ›Meins‹ ist alles, was ich mir nehmen und behalten kann. Wenn jemand etwas abstellt und es unbewacht lässt, dann wird das ›meins‹, wenn ich es mir greifen und damit verschwinden kann. Die anständigen Menschen standen auf verlorenem Posten. Die, die es sich leisten konnten, verließen die Stadt, andere zogen sich zurück, schränkten ihren Aktionsradius ein, verbrachten so wenig Zeit wie möglich auf der Straße und im öffentlichen Raum. Und die Unglückseligen, die gezwungen waren, sich auf der Straße und in den U-Bahnen aufzuhalten, waren Freiwild. Und sie wussten es.
    Es war, als sei die Stadt in die Vergangenheit zurückgefallen, in die Siebziger- oder Achtzigerjahre.
    Heute Abend auf dem Weg hierher war er an Autos vorbeigekommen, die ein Schild ›Radio ausgebaut‹ im Fenster hatten. Es gab sie überall am Straßenrand. Es war eine typische Reaktion der Stadtbewohner auf die Raubtiere. Da sie immer weniger Vertrauen darin hatten, dass der Staat für Sicherheit auf der Straße sorgen konnte, zogen sie sich zurück. Wenn sie ihre Autos abstellten, dann nahmen sie ihre Navigationsgeräte und brachten sie in die gepanzerten, verrammelten Festungen, die sie ihr Heim nannten. Noch ein Stück Boden, das aufgegeben worden war. Sie holten alle ihre Habseligkeiten von den Straßen herein. Nachdem die Büsche und die kleinen Bäume in den Vorgärten ihrer Häuser wiederholt ausgegraben und gestohlen worden waren, hatten sie aufgehört, neue zu pflanzen und die wenigen größeren waren sogar angekettet – angekettet!
    Der Makel gewann die Oberhand.
    Das alles machte Jack krank. Er hatte die Nase voll davon, zuzusehen, wie die anständigen Leute weiter und weiter zurückgedrängt wurden. Aber vielleicht geschah es ihnen auch recht. Sie hatten zugelassen, dass sie entwaffnet wurden, hatten die Verantwortung für ihre eigene Sicherheit anderen überlassen, und jetzt waren sie nicht viel mehr als Kaninchen, die in ihrem Bau hockten und beteten, dass die Wölfe sie nicht finden würden.
    Jack seufzte und nahm einen Schluck.
    »Ist der Platz hier noch frei?«
    Überrascht sah er auf und sah Glaeken auf der anderen Seite des Tisches. Mit einer Pranke stützte er sich auf seinen Stock, die andere lag auf der Lehne eines Stuhls.
    »Wie machen Sie das nur?«
    Der Mann konnte sich wie ein Geist durch einen Raum bewegen.
    »Jahrelange Übung.«
    Jahre … ja sicher. Wohl eher Jahrtausende.
    Julio kam herüber und wischte sich die Hände an seiner Schürze ab.
    »Hi, Glaeken. Das Übliche?«
    »Wenn Sie so freundlich wären.«
    »Kommt sofort, Mann.«
    »Mach zwei draus«, sagte Jack.
    Glaeken schnüffelte in der Luft, als er dem muskulösen, kleinen Mann auf dem Weg zurück zum Tresen nachsah.
    »Ich glaube, er hat es doch geschafft, ein Duftwasser zu finden, das noch schlimmer riecht als das letzte.«
    Jack nickte. »Ich glaube, das ist Eau de nasser Straßenköter . «
    Der alte Mann wirkte noch greiser als sonst, als er sich auf den Stuhl fallen ließ und die Tischplatte anstarrte.
    »Stimmt etwas nicht?«
    Glaeken sah auf. »Stimmt etwas nicht? Natürlich stimmt etwas nicht. Haben Sie den ganzen Tag in einer Höhle verbracht?«
    Die bissige Bemerkung war untypisch. Ein gereizter Glaeken … Das war nicht gut. Er verlor nie die Contenance.
    »Nehmen wir einmal an, genau das habe ich getan. Was ist passiert?«
    »Die Sonne ist heute fünf Minuten verspätet auf- und zehn Minuten zu früh untergegangen.«
    Die Worte trafen ihn wie ein Eimer eiskaltes Wasser.
    Es wird am Himmel beginnen.
    Glaeken hatte ihm von seinem Zusammentreffen mit Rasalom vor ein paar Monaten erzählt und den Drohungen, die er ausgestoßen hatte.
    »Oh verdammt!«
    »Genau das ist es: Verdammnis. Wie können Sie das nicht mitbekommen haben?«
    Jack hatte heute Morgen Abes Zeitungen im Isher Sport

Weitere Kostenlose Bücher