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Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Titel: Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Mal verlief die Heilung schneller als am Tag zuvor. Und mit jeder Heilung wurde das wilde Flackern in seinen Augen intensiver.
    Als das Tageslicht zu schwinden begann, drehte sich Kolabati um, um hineinzugehen, aber Moki ergriff ihren Arm.
    »Warte. Was ist das da?«
    Er starrte nach Osten, über Kahului hinweg. Sie folgte seinem Blick und sah es ebenfalls. Irgendwas im Meer. Weißes Wasser, das Blasen warf und schäumte. Ein riesiger Aufruhr. Ihre Vorahnungen wurden immer schlimmer. Kolabati griff sich das Fernglas von seinem Haken und stellte es auf den tosenden Fleck ein.
    Zuerst sah sie nichts außer schäumendem, weißem Wasser, eine Menge Gischt, ein Chaos aus spritzenden, wirbelnden Wassermassen. Aber während sie zusah, kam Ordnung in das Chaos und nahm Gestalt an. Das weiße Wasser begann sich in eine Richtung zu drehen, gegen den Uhrzeigersinn, um einen zentralen Punkt herum. Sie lokalisierte das Zentrum früh genug, um zu sehen, wie es unter die Wasseroberfläche sank und zu einem dunklen, saugenden Strudel wurde.
    »Moki, sieh dir das an!« Sie reichte ihm das Fernglas.
    »Ich sehe es!«, sagte er, nahm das Glas aber trotzdem.
    Sie beobachtete seinen Gesichtsausdruck, als er die Schärfe einstellte. Sein Lächeln wurde breiter.
    »Ein Strudel! Das ist zu nahe am Strand, als dass es durch sich überschneidende Strömungen erzeugt worden sein könnte. Das muss ein Riss am Grund des Ozeans sein. Nein, warte!« Er senkte das Fernglas und starrte sie an, sein Gesicht vor Aufregung gerötet. »Ein Loch! Das muss ein Loch im Meeresgrund sein, genau wie das in New York! Wir haben hier unser eigenes Loch!«
    Zusammen – Moki mit unverhohlener Freude, Kolabati mit wachsendem, quälendem Unbehagen – sahen sie zu, wie der Strudel an Form gewann und sich ausbreitete. Die Probleme der Außenwelt, des Festlandes, holten sie hier in ihrem Paradies ein. Das konnte nur zu Unglück führen. Sie sahen beide zusammen zu, bis es zu dunkel war, um noch etwas zu erkennen, dann gingen sie ins Haus und schalteten den Fernseher an, um zu hören, was die Nachrichten zu berichten hatten. Die Wissenschaftler waren alle der gleichen Meinung – der Meeresboden hatte sich aufgetan, ein Phänomen ähnlich dem in Manhattans Central Park. Die Eingeborenen hatten bereits ein Wort dafür: Moana Puka – das Loch im Meer.
    Moki konnte seine Erregung kaum zügeln. Er tigerte durch das Wohnzimmer, redete wie ein Wasserfall und gestikulierte mit Händen und Füßen.
    »Weißt du, was da passiert, Bati? Das Wasser wird in den Abgrund gesaugt, in den diese Löcher münden, egal wo das ist, und es wird ins Nichts verschwinden. Schließlich wird der Meeresspiegel sinken. Und wenn er dann tief genug gesunken ist, weißt du, was dann passiert?«
    Kolabati schüttelte den Kopf. Sie hatte das unausweichliche Gefühl, dass sie hier Zeugin vom Anfang des Endes wurde – dem Ende von allem.
    »Groß-Maui wird wiedererstehen.« Er ging zu der Tür, die zur Lanai hinausführte, und deutete in die Dunkelheit hinaus. »Molokai, Lanai, Kahoolaw, sogar das kleine Molokini – die gehörten vor der Eiszeit alle zu Maui. Sie waren mit unserer Insel durch Täler verbunden und nicht durch Kanäle mit Seewasser. Ich sehe das schon vor mir, Bati. Ich sehe, wie sie alle wieder vereinigt sind, nach Äonen der Trennung. Eine große Insel, so groß wie die Große Insel. Vielleicht sogar größer. Und ich werde eine Rolle in der Zukunft Groß-Mauis spielen.«
    »Welche Zukunft?« Kolabati trat neben ihn an die Tür. »Wenn der pazifische Ozean so weit absackt, dann ist das das Ende der Welt.«
    »Nein, Bati. Nicht das Ende. Der Anfang. Der Anfang einer neuen Welt.«
    Und dann begann der Himmel zu brennen. Rund um sie herum, wie ein andauerndes Wetterleuchten, flammte die Nacht auf. Am anderen Ende der Insel sah sie die Küste Lahainas und das Iao-Tal von West-Maui erleuchtet wie am helllichten Tag. Genau wie die Insel Lanai auf der anderen Seite der Meerenge. Dann tobte ein Schwall brennend heißer Luft, angereichert mit flammenden Trümmerstücken, über sie hinweg und an ihnen vorbei, verkohlte West-Maui und verbrannte Lanai, aber sie und Moki blieben im kühlen Schatten, beschirmt von der gewaltigen Masse des Haleakala.
    »Shiva!«, schrie sie im bengalischen Dialekt ihrer Kindheit auf. »Was tust du da?«
    Und dann kam der Lärm. Der Boden bebte und schien unter ihnen wegzubrechen, als die Nacht von einem brüllenden, tobenden, tiefen Grollen zerfetzt wurde, das

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