Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
der aus seinem Rollstuhl zu ihr hochblickte, während er die Tür aufhielt. Sie stolperten hindurch in die Eingangshalle und die Tür schlug hinter ihnen ins Schloss. Ba ließ seine Keule fallen und ging in die Knie, während er mit den Händen nach der tentakelbewehrten Monstrosität schlug, die sich um seinen Hals wand. Sylvia setzte Jeffy ab und wollte ihm zu Hilfe kommen, aber schon rollte Alan seinen Rollstuhl dazwischen und griff auf den Boden.
»Nimm die Hände für eine Sekunde herunter, Ba.«
Ba gehorchte und Alan hob den präparierten Schlagstock. Er hieb damit nach der Qualle, zerfetzte ihren Gasballon und riss ihren Leib auf. Die Tentakel lösten ihren Griff und Ba riss die Kreatur von sich und schleuderte sie auf den Boden. Sie versuchte über den marmornen Fußboden auf Jeffy zuzuflattern und zu krabbeln, aber Alan rollte mit den Reifen seines Rollstuhls darüber. Und noch einmal. Schließlich rührte sich das Ding nicht mehr.
Hinter ihr schluchzte Jeffy. Irgendwo unten im Keller bellte Phemus heftig.
Ba rappelte sich auf die Füße. Sein Hals war blutüberströmt, seine Kleidung zerrissen und blutbefleckt. Er wandte sich an sie, atemlos, heiser und schwankend: »Sind Sie und der Junge in Ordnung, Missus?«
»Ja, Ba. Das haben wir dir zu verdanken. Aber du brauchst einen Arzt.«
»Ich werde gehen und mich waschen«, sagte er. Er drehte sich um und ging zur Gästetoilette.
Sylvia sah Alan an. Ihm liefen Tränen über das Gesicht. Seine Lippen zitterten.
»Ich dachte, du wärst tot! Ich wusste, du bist da draußen und brauchst Hilfe und ich konnte nicht zu dir hin.« Er schlug sich auf die Schenkel. »Diese verdammten, nutzlosen Dinger!«
Sylvia hob Jeffy auf und trug ihn zu Alan hinüber. Sie setzte sich auf Alans Schoß und nahm Jeffy auf den ihren. Alans Arme umfingen sie beide. Jeffy begann zu weinen. Sylvia konnte das sehr gut verstehen. Zum ersten Mal an diesem Tag fühlte sie sich sicher. Und dieses Gefühl der Sicherheit öffnete die Schleusen. Sie begann zu weinen, wie sie noch nie geweint hatte. Sie weinten alle drei.
Der Horrorkanal – aktuelle Programmänderung
Nacht der blutigen Schrecken (1969; Regie: Joy N. Houch jr.)
Verheerung
Maui
Der Moana Puka öffnete sich um die Zeit der Dämmerung herum.
Kolabati und Moki hatten auf der Lanai gestanden und zugesehen, wie die Sonne im Pazifik versank – früher als je zuvor. Es war erst Viertel vor sieben. Sie hatten auch den Flughafen tief unter sich im Blickfeld. Kolabati hatte ihn noch nie so geschäftig erlebt.
»Sieh sie dir an«, sagte Moki grinsend und legte ihr den Arm um die Taille. »Das schrumpfende Tageslicht hat sie alle aufgescheucht. Sieh dir an, wie sie herumrennen.«
»Mir macht das auch Sorgen.«
»Das muss es nicht. Wenn es dafür sorgt, dass die ganzen japanischen Malahinis zurück auf ihre eigenen Inseln eilen und die ganzen Haoles zurück zum Festland – am besten direkt nach New York, damit sie in das Loch da im Central Park fallen können –, dann ist das doch nur gut so. Dann haben die Hawaiianer die Inseln für sich.«
Betroffen hatte sie die Nachrichten aus New York über das Loch in der Sheep Meadow verfolgt. Sie kannte die Gegend gut. Ihr Bruder Kusum hatte ein Apartment mit Blick auf den Central Park besessen.
»Ich bin keine Hawaiianerin.«
Er verstärkte seinen Griff um ihre Taille. »Solange du bei mir bist, bist du eine.«
Irgendwie war seine Umarmung nicht so beruhigend, wie sie das gern gehabt hätte. Schweigend beobachteten sie noch eine Weile den Flughafen, dann ließ Moki sie los, stützte sich auf das Geländer und starrte in das Tal hinunter, dann auf den Himmel.
»Irgendwas passiert da bald. Spürst du es?«
Kolabati nickte. »Ja, ich habe schon seit Tagen dieses Gefühl.«
»Etwas Wunderbares.«
»Wunderbar?« Sie starrte ihn an. Konnte er das wirklich meinen? Sie wurde von einer fast unerträglichen Vorahnung verfolgt, dass etwas Entsetzliches geschehen würde, seit sich die Passatwinde umgekehrt hatten. »Nein, ganz sicher nichts Wunderbares. Etwas Schreckliches.«
Sein Grinsen wurde hart. »Vielleicht für andere Leute schrecklich. Aber wunderbar für uns. Wart nur ab.«
Kolabati wusste nicht, was sie in letzter Zeit von Moki halten sollte. Sein Verhalten war bizarr geblieben, seit am Mittwoch der Schnitt in seiner Hand so unvermittelt verheilt war. Mindestens einmal am Tag fügte er sich eine Verletzung zu, um zu sehen, ob die heilende Kraft noch immer in ihm war. Jedes
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