Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
über den Pick-up hinweg und herum trugen.
Vorsichtig hob Sylvia den Kopf und sah sich nach Rudy um. Sie erstarrte beim Anblick einer großen, ungelenk zuckenden Gestalt, die langsam auf der anderen Seite des Verdecks hochstieg – eine Traube aus einem Dutzend oder mehr der Polypenwesen, deren Schwebeballons aneinanderstießen, die Tentakel eine Gorgonenmasse, die sich hin und her schlängelten über …
Sylvia stöhnte auf, als sie Rudys Stiefel und jeansbekleidete Beine erkannte, die aus dem unteren Teil dieser Masse herausragten. Die Beine hingen vielleicht einen Meter über dem Asphalt. Sein Kopf und sein Rumpf waren vollkommen verschwunden in diesem gierigen Gewirr aus zuckenden, fressenden Tentakeln. Noch während sie zusah, zuckten seine Füße kurz, dann durchlief sie ein Zittern und sie hingen reglos in der Luft.
Rudy! Guter Gott, der arme Rudy!
Vom Luftzug getragen, trieb die schwebende, fressende Masse langsam die dämmrige Straße entlang.
Sylvia wirbelte um die eigene Achse, verzweifelt auf der Suche nach einem Versteck. Sie überlegte, ob sie im Führerhaus des Pick-ups nicht besser aufgehoben wären. Auf der anderen Straße erkannte sie eine Ecke der Mauer, die Toad Hall umgab. Nicht einmal hundert Meter über den Bürgersteig. Das schmiedeeiserne Tor stand offen.
Jeffy hockte immer noch hinter dem Radkasten. Sie zog ihn auf die Füße und schob ihn vor sich her, um die Vorderseite des Autos herum.
»Lauf, Jeffy! Lauf zu der Mauer!«
Schützend über ihn gebeugt schob sie ihn vor sich her über die Straße auf die Mauer zu. Als sie die Mauer erreichten, rannten sie daran entlang, dem Tor entgegen, und suchten dabei die Deckung der Steine. Wanstfliegen und Kauwespen kreisten über ihnen. Und da war eine neue Art – so groß wie die Kauwespen, aber mit einem speerförmigen Kopf. Die meisten der Wesen steuerten auf Toad Hall zu. Offenbar hatten die Kreaturen sie in den Schatten nicht bemerkt. Aber das würde sich ändern, sobald sie das Tor durchquert hatten. In der offenen Auffahrt zwischen dem Tor und den Weiden waren sie vollkommen ungedeckt. Für den Augenblick verdrängte sie das jedoch aus ihren Gedanken. Darüber würde sie sich sorgen, wenn es so weit war. Erst einmal mussten sie das Tor erreichen.
Aus dem Augenwinkel sah sie eine Bewegung und blickte nach rechts. Quallen, sofort drei davon, die mitten über der Straße vor dem Tor trieben, ihre langen, herabhängenden Tentakel voll gieriger Erwartung auf- und wieder abrollten, während sie mit eleganter, mörderischer Bestimmtheit auf sie zuglitten.
Sie haben uns bemerkt!
Sie unterdrückte einen Schrei, ergriff Jeffy unter den Achseln und hob ihn hoch. Sie trug ihn vor sich her und legte jedes Quäntchen Kraft und Energie, das sie aufbringen konnte, in ihre sprintenden Beine. Sie musste das Tor erreichen, bevor ihr diese Kreaturen den Weg abschnitten. Plötzlich schoss eine Wanstfliege auf ihr Gesicht zu. Sie duckte sich weg, stolperte, fand das Gleichgewicht wieder und rannte weiter.
Aber die Quallen waren näher am Tor. Sie waren langsamer, aber sie hatten einen Vorsprung. Sylvia stöhnte lautlos auf, als ihr klar wurde, dass sie es nicht vor ihnen zum Tor schaffen würde.
Nur drei werden lebend zurückkommen.
Die Worte bohrten sich in ihren Verstand. Würden sie sich bewahrheiten? War sie diejenige, die es nicht schaffen würde? Oder war es Jeffy?
Ihre Glieder reagierten auf die Vorstellung, dass Jeffy so enden könne wie Rudy. Sie wurde schneller. Ihre Arme pochten, ihre Lungen brannten bei der ungewohnten Anstrengung, ihre Beine wollten unter ihr zusammenklappen, aber sie lief weiter.
Fast geschafft!
Aber das galt auch für die Quallen. Als sie sah, wie sie näherkamen, legte Sylvia noch einen letzten verzweifelten Zahn zu. Sie waren so nah, dass sie ihren fauligen Verwesungsgestank riechen konnte. Ihre Tentakel reckten sich durch die Luft und griffen nach ihr. Sie schrie auf vor Schreck und Verzweiflung, weil es so knapp war, duckte sich und umrundete den Torpfosten nur wenige Zentimeter vor den Verfolgern.
Ein Schluchzen der Erleichterung wollte sich von ihren Lippen lösen, als sich etwas in ihrem Haar verkrallte und sie nach hinten zerrte. Sie stieß Jeffy nach vorn.
»Lauf ins Haus, Jeffy!«
Er setzte an, ihr zu gehorchen, aber als er über seine Schulter blickte, blieb er stehen und schrie.
»Mami! Es hat dich erwischt!«
»Jeffy! Lauf zum Haus! Bitte!«
Aber er stand da wie angewurzelt, starr vor
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