Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt
Englisch zu singen.«
» Roxette geht’s doch nur um die Kohle und ein internationales Publikum. Ihr habt mein Herz.«
Micke »Syd« sagt wie üblich nichts, sondern fixiert seine Drumsticks, als hätte er gerade entdeckt, dass es eigentlich nur zwei Bleistifte sind. Ich mache die Tür zu und gehe die Treppe hinunter.
Unten in der Küche hackt Mutter Karotten. Auf dem Herd steht ein großer Topf Suppe, in der etwas Graues schwimmt. Die Küche riecht nach gekochtem Gemüse, fettem Huhn und Brühe.
»Habt ihr ABBA gespielt?«, fragt Mutter auf Polnisch.
»Nein, Gyllene Tider «, murmle ich.
»Frag deine Freundinnen, ob sie Suppe haben wollen«, sagt Mutter.
»Die wollen keine Suppe«, sage ich schnell.
Aus Erfahrung weiß ich, dass ich am besten fahre, wenn ich meine Freundinnen Mutters kulinarischen Attacken nicht aussetze. Außerdem würde sie beim Essen garantiertetwas Unpassendes sagen. Mutter hat die schlechte Angewohnheit, grundsätzlich entweder ihre Meinung zu sagen oder das, was sie für die einzig richtige Wahrheit hält, auch dann, wenn niemand sie danach fragt.
»Sag ihnen, dass die Suppe fertig ist.«
»Sie wollen keine Suppe.«
»Sag ihnen, dass die Suppe fertig ist.«
»Sie wollen keine Suppe.«
Kurze Pause.
»Sag ihnen, dass die Suppe fertig ist.«
»Sie wollen keine Suppe.«
Es ist faszinierend, wie unsere Unterhaltungen immer wieder in einer Art unheimlicher Twilight-Zone -Schleife landen.
»Nie wygłupiaj się« , sagt Mutter. Mach dich nicht lächerlich. »Die Suppe ist fertig.«
»Sie. Wollen. Keine. Suppe.«, sage ich.
»Sie haben sicher Hunger.«
»Sie haben keinen Hunger.«
Ich spüre, wie der Frust in mir aufsteigt.
»Sie haben sicher seit dem Frühstück nichts mehr gegessen.«
»Sie haben seit dem Frühstück Unmengen gegessen. Ununterbrochen. Die ganze Zeit.«
»Alicja, nun mach! Sonst sag ich ihnen, dass sie nach unten kommen und Suppe essen sollen«, fährt Mutter fort.
»Schweden essen keine Suppe!«, bricht es aus mir heraus.
» Alle essen Suppe«, sagt Mutter.
» Schweden nicht!«, sage ich. »Und schon gar nicht solche Suppe.« Ich wedle Richtung Herd.
»Und dieser grauenhafte Pamp mit Erbsen, den sie mit Pfannkuchen essen, was ist das?«, sagt Mutter. »Suppe!«
»Schweden …«, beginne ich, aber weiß nicht, wie ich fortfahren soll.
»Marie! Natalie!«, ruft Mutter.
Natalie und Marie kommen nach unten. Mutter sagt ihnen, sie sollen sich hinsetzen und essen. Sie hat schon Suppe in die Teller geschöpft. Zu fragen, ob meine Freundinnen Hunger haben, fällt ihr nicht mal ein. Natalie und Marie setzen sich an den Tisch, und ihr Lächeln wirkt vollkommen echt. Schließlich setze ich mich dazu und stiere in die Suppe, die mir kochend heiß ins Gesicht dampft. Ich meine, etwas zu erkennen, was einmal Gemüse war (Spargel? Kartoffeln? Rübchen?), und bei näherer Betrachtung stellt es sich als ein Stück Fleisch (Huhn? Speck? Mensch?) heraus. Alles in der Suppe ist bis zur völligen Unkenntlichkeit zerkocht.
# 237 Akzeptiere, dass alles, was gekocht werden kann , gekocht werden muss – und zwar so lange wie nur irgend möglich.
Diese Regel gilt für alles. Spaghetti sind mindestens eine Dreiviertelstunde zu kochen, damit aus ihnen eine einzige grau-wässrige Pampe entsteht. Gemüse ist zu kochen, bis es jegliche Farbe verliert und in Auflösung übergeht. Bei Fleisch ist sicherzustellen, dass sich all seine nahrhaften Bestandteile in aufsteigendem Dampf verflüchtigen. Hauptsache, es brutzelt immer irgendetwas auf dem Herd.
Marie fragt jetzt, ob irgendwelche Milchprodukte in der Suppe sind.
»Ich bin allergisch gegen Milchprodukte«, fügt sie entschuldigend hinzu.
»Liegt das daran, dass du Asiatin bist?«, fragt Mutter.
Ich hole tief Luft. In Gröna Lund, dem Vergnügungspark in Stockholm, gibt es eine Maschine, die misst, wie »heiß« verliebt man gerade ist, man muss sich dazu nur zehn Sekunden lang an zwei Handgriffen festhalten. In mich ist eine ähnliche Maschine eingebaut, die misst, wie verlegen mich meine polnische Mutter machen kann. Status jetzt gerade: Die Maschine springt an!
»Ja«, sagt Marie, und man merkt jedenfalls nicht, dass die Frage ihr was ausmacht.
»Nehmt Brot!«, sagt Mutter und reicht einen Korb mit ihrem selbst gebackenen Brot herum.
Natalie nimmt eine Scheibe, und ich sehe, wie sie kämpfen muss, um einen Bissen von dem steinharten Kanten abzubeißen.
»Ich glaube nicht an Allergien«, sagt Mutter. »Die habt ihr hier
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