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Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Titel: Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy Abrahamson
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Hochzeit vollgestopft, dazu mit mehreren Kisten deutschem Wein und noch mehr Kästen Bier. Jadwiga, die etwas rundere Ausgabe von Mutter, nur mit einer größeren Nase, steigt aus und winkt fröhlich mit der Hand.
    »Das Fest kann losgehen!«, ruft sie.
    Klaus-Günter kontrolliert erst noch einmal, ob die Handbremse angezogen ist, bevor er aussteigt. Man würde schwerlich einen akkurateren Schnurrbart finden als seinen, und über seinen kahlen Schädel sind fünf abgezirkelte Haarsträhnen gekämmt.
    »Alicja, kochana «, sagt Jadwiga, nachdem sie mich lange umarmt und dreimal auf die Wangen geküsst hat. »Deine Haut sieht schon viel besser aus. Hast du sie mit Urin behandelt, wie ich dir empfohlen habe?«
    »Vielleicht«, murmle ich.
    »Ihr Zukünftiger hat ihr so rosige Wangen verpasst«, sagt Mutter. »Ein fescher Kerl.«
    Meine rosigen Wangen werden noch rosiger, als ich begreife, dass Mutter schon die ganze Zeit über mich und Ola Olsson Bescheid gewusst haben muss.
    »Er ist nicht mein Zukünftiger!«
    Mutter und Jadwiga werfen einander bedeutsame Blicke zu, bevor beide loslachen und ins Haus gehen.
    »Er ist nicht mein Zukünftiger«, wiederhole ich.
    Aber der Einzige, der mich hört, ist Klaus-Günter, der ein Reinigungstuch herausgeholt hat und sich damit wie wild die Hände reibt.

22
    Und dann ist Samstag, die Hochzeit, und von Anfang an geht alles schief.
    »Der polnische Priester aus Malmö kann nicht kommen«, sagt Mutter und legt den Hörer auf.
    »Warum denn nicht?«, fragt Jadwiga, die mit Lockenwicklern auf dem Kopf hart gekochte Eier schält.
    Weil in unserer neu-alten Küche nur zwei Platten funktionieren und auch die nur lauwarm werden, hat Jadwiga Stunden gebraucht, um genügend Eier für den obligatorischen Berg polnischen Salat zu kochen. Ich weiß nicht, wie viel Gläser Mayonnaise ich schon in den Pamp aus Eiern, Möhren, Kartoffeln, Zwiebeln, Erbsen, grünen Äpfeln, eingelegten Gurken und Senf habe verschwinden sehen. Trotzdem bin ich dankbar, dass Jadwiga das Kochen übernommen hat.
    »Er ist ausgerutscht, als er heute Morgen aus der Dusche steigen wollte, und wartet immer noch auf den Arzt.« Mutter seufzt. »Und was sollen wir jetzt machen? Wir brauchen doch einen Priester.«
    »Die offizielle Eheschließung findet doch sowieso im Rathaus von Ystad statt«, sage ich mit einem spitzen Messer in der Hand, das ich von allen Seiten mustere. Ich soll das Silberbesteck putzen  – eine gute Gelegenheit, mir diegeeignetste Mordwaffe für Celestyna auszusuchen. »Wozu brauchen sie dann eigentlich noch einen polnischen Priester?«
    Ich möchte immer noch lieber verdrängen, dass ich Sylwia und Celestyna in wenigen Stunden begegnen werde. Dass ich den kompletten Samstag und überhaupt mein letztes Ferienwochenende damit verbringen werde, ausgerechnet ihnen ein Fest zu organisieren.
    »Du weißt doch, wie religiös Sylwia ist«, sagt Mutter. »Der Priester ist wichtig, auch wenn es nur eine symbolische Zeremonie im Garten sein wird.«
    »Wenn Sylwia wirklich so religiös ist«, kontere ich, »sollte es ihr dann nicht was ausmachen, dass sie schon zum dritten Mal heiratet? Ist das für Katholiken nicht sogar verboten?« Ich nehme einen kleinen Löffel in die Hand und beginne ihn mit dem Silberputztuch zu bearbeiten. »Das Ganze ist doch sowieso nur ein Mummenschanz. Genauso gut könnte sie Sixten, der Trinker, trauen.«
    Mutter sieht mich mit großen Augen an.
    »Du hast recht! Pan Maciej! Pan Maciej kann sie trauen! Er liest ja immer in der Bibel!«
    Dann stürzt sie hinaus, um den Priester zu suchen, der nur noch nicht weiß, dass er Priester ist. Es dauert, aber nach zähem Protest vonseiten Pan Maciejs und noch zäherem Insistieren vonseiten Mutters gibt der arme Mann schließlich auf und erklärt sich bereit, die Trauungszeremonie durchzuführen. Mit betrübter Miene verzieht er sich in die Garage, um nach der passenden Bibelstelle zu suchen.
    Ein paar Stunden später beginnt Mutter zu nerven, dass endlich alle ihre Festtagskleider anziehen und sich abfahrbereit machen sollen. Widerwillig schlüpfe ich in mein blaues Sommerkleid und meine hübschen Sandalen. Als ich danach in den Garten trete, muss ich tief Luft holen. So launisch das Wetter den ganzen Sommer über war, ausgerechnet dieser Samstag verspricht ein perfekter Sommertag zu werden. Nur ein paar Wattewolken sind am Himmel zu sehen, die Sonne strahlt, und ausnahmsweise ist es sogar windstill. Zitronenfalter flattern um die

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