Wie angelt man sich einen Vampir
Augen. „Roman." Sie berührte sein Gesicht. „Es gibt immer Hoffnung."
Er trat einen Schritt zurück. „Nicht für mich."
Shanna wartete, hoffte, dass er noch mehr sagen würde, sich ihr nur ein wenig mehr öffnen, aber er blieb still. Sie drehte sich um, sah sich ihre Umgebung an. Noch ein Wachposten stand in einer dunklen Ecke. Auf dem Flur gab es zwei Türen und zwischen ihnen ein großes Gemälde. Sie ging näher heran, um die Landschaft zu betrachten. Es zeigte einen Sonnenuntergang über grünem hügeligen Land. Unten im Tal hing der Nebel über einigen Ruinen von Steingebäuden im romanischen Stil.
„Es ist wunderschön", murmelte sie. „Es ist ... es war eine Abtei in Rumänien. Jetzt ist nichts mehr davon übrig."
Nichts als Erinnerungen, nahm Shanna an, und keine sehr guten, wenn sie nach dem harten Ausdruck auf Romans Gesicht urteilte. Warum hatte er ein Gemälde von Rumänien im Haus, wenn es ihn so aufwühlte? Oh, richtig. Klar. Der Mann mochte sein Elend. Sie sah sich das Bild genauer an. Rumänien? Das würde den leichten Akzent erklären. Vielleicht waren die Gebäude im zweiten Weltkrieg oder unter sowjetischer Besatzung zerstört worden, aber irgendwie sah die Zerstörung viel, viel älter aus. Komisch. Was mochten die Ruinen einer alten Abtei mit Roman zu tun haben?
Er bewegte sich auf die rechte Tür zu. „Hier ist mein Arbeitszimmer." Er öffnete die Tür und wartete darauf, dass sie eintrat.
Ein plötzlicher Impuls überkam sie, so schnell sie konnte die Treppe runterzurennen. Warum? Der Mann hatte ihr heute Nacht das Leben gerettet. Warum sollte er ihr jetzt schaden wollen? Außerdem hatte sie immer noch ihre Beretta. Sie nahm die Handtasche von der Schulter und drückte sie gegen ihre Brust. Verdammt, nach allem, was sie in den letzten Monaten durchgemacht hatte, war sie unfähig, einem anderen Menschen zu vertrauen.
Und das war das Schlimmste an allem. Sie würde den Rest ihres Lebens einsam sein. Alles, was sie je gewollt hatte, war ein normales Leben - einen Mann, Kinder, einen guten Job, ein hübsches Haus in einer netten Nachbarschaft, vielleicht sogar mit einem schönen Garten. Nur ein normales Leben, verdammt. Und es würde nie geschehen. Die Russen hatten sie vielleicht nicht umgebracht wie Karen, aber es war ihnen dennoch gelungen, ihr das Leben zu nehmen.
Sie drückte ihre Schultern durch und betrat den großen Raum. Sie sah sich um, neugierig auf Romans Einrichtung, als eine Bewegung am anderen Ende des Raumes ihre Aufmerksamkeit erregte. Aus dem Schatten traten zwei Männer hervor. Connor und Gregori. Sie hätte sich erleichtert fühlen sollen, aber ihre ernsten Gesichter beunruhigten sie. Das Zimmer wurde plötzlich kalt. Zu kalt, eisige Luft umwehte ihren Kopf.
Zitternd drehte sie sich zur Tür um. „Roman?" Er verschloss die Tür und steckte den Schlüssel in die Tasche. Sie schluckte. „Was ist los?"
Roman starrte sie an, und seine Augen loderten wie goldene Flammen. Dann trat er auf sie zu und flüsterte: „Es ist Zeit."
7. KAPITEL
Vampire verwendeten Gedankenkontrolle schon seit Jahrhunderten. Es war der einzige Weg, Sterbliche dazu zu verführen, eine willige Nahrungsquelle zu sein. Und es war die einzige Methode, hinterher ihre Erinnerungen zu löschen. Bevor er die Rezeptur für synthetisches Blut erfunden hatte, hatte Roman jede Nacht Gedankenkontrolle angewendet. Er hatte nie Skrupel dabei empfunden. Es ging um sein Überleben. Es war normal.
Das hatte er sich selbst eingeredet, während er Shanna die Stufen zu seinem Arbeitszimmer hinaufführte. Es gab nichts, weswegen er sich schuldig fühlen musste. Wenn er, Gregori und Connor erst Shannas Geist in ihrer Gewalt hatten, konnte er ihr befehlen, seinen Fangzahn einzusetzen. Und wenn das geschafft war, konnte er ihre Erinnerung daran auslöschen. Einfach. Normal. Warum wurde er dann mit jedem Treppenabsatz verzweifelter? Als sie sein Arbeitszimmer endlich erreicht hatten, kamen ihm ernste Bedenken, was seinen Plan anging. Drei Vampire, die sich gegen eine Sterbliche zusammenschlossen? Es mochte der einzige Weg sein, um durch Shannas mentale Barrieren zu dringen. Es mochte der einzige Weg sein, wie er seinen verdammten Zahn repariert bekam. Aber es fühlte sich zunehmend wie ein böswilliger Angriff an.
Und jetzt, da sie in seinem Arbeitszimmer stand und ihnen vollkommen ausgeliefert war, kamen Schuldgefühle in ihm auf. Es ging nicht anders, sagte er sich. Er konnte ihr nicht die Wahrheit sagen.
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