Wie der Vater so der Tod
Cop mehr war.
»Nein, ich …« Sie trat vom Herd weg, um den Abstand zu meinem Vater zu vergrößern. Großer Fehler.
Dad riss das Handtuch von der Arbeitsplatte, nahm damit die gusseiserne Pfanne von der Flamme und warf sie nach meiner Mutter. Hackfleisch flog in alle Richtungen, als die schwere Pfanne auf Moms Fuß landete. Sie trug noch ihre guten Arbeitsschuhe und Nylonstrümpfe. Das Nylon schmolz und klebte an ihrem Fuß. Ich höre sie noch immer schreien, wenn ich die Augen schließe. Wieder rührte ich keinen Finger und gab keinen Mucks von mir, sah einfach nur zu. Was war ich bloß für eine Tochter?
Im Krankenhaus sprach meine Mutter von einem Unfall und behauptete, die Pfanne sei ihr auf den Fuß gefallen. Nach diesem Zwischenfall hielt sie sich von Jack Reynolds fern.
Und jetzt starrt mich ebenjener Mann mit seinen Wolfsaugen an. »Okay«, sage ich.
Ich wende mich um, gehe los und hoffe, dass sein Walkie-Talkie zum Leben erwacht und ihn zu einem Verbrechen oder einem Unfall ruft. Leider ist die Wahrscheinlichkeit gegen mich. In Scottsfield passiert nie was. Wenn, dann nur in meiner Familie.
Ich zwinge mich, bis hundert zu zählen, bevor ich über die Schulter zurückblicke. Jack sieht mir noch immer nach. Warum zum Teufel kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Beim Blinklicht vor der Schule überquere ich die Straße und wage erst dann einen Blick nach hinten. Er scheint weg zu sein. So schnell ich kann, laufe ich wieder zum Dairy Dream.
Dort angekommen, ziehe ich das Handy aus der Tasche und rufe erneut meine Mutter an. Ich wähle ihre Arbeitsnummer, aber auch dort meldet sich sofort die Voicemail. Anschließend versuche ich es bei uns zu Hause. Nichts.
Direkt neben dem Dairy Dream befindet sich Dr. Duncans Praxis. Er ist der Zahnarzt in unserem Ort. Wir gehen nicht zu ihm. Er soll ein richtiger Brecher sein, wie ich hörte. Ich kann wohl kaum den ganzen Nachmittag im Wartezimmer sitzen und auf einen Termin warten, den ich nicht habe. Oder soll ich vielleicht um eine Beratung bitten und mir eine Füllung verpassen lassen, die ich gar nicht brauche? Der Parkplatz liegt vor dem Gebäude, und deshalb beschließe ich, mich hinten zu verstecken. Von dort aus habe ich einen guten Überblick.
Ich drücke den Rücken an die Wand und drehe den Kopf zur Seite, damit ich das Dairy Dream beobachten kann. Eine halbe Stunde verbringe ich auf diese Weise, bis ich das Stehen satthabe.
Ich gehe in die Hocke, aber das ist ziemlich unbequem, und deshalb setze ich mich schließlich ins Gras. Was kein besonders guter Einfall ist, weil es regnet. Um unter dem Überhang trocken zu bleiben, müsste ich so superdürr sein wie Melanie Rogers. Versteht mich nicht falsch, ich bin nicht dick, was aber nicht an meiner Willenskraft liegt, sondern an meinem hyperaktiven Stoffwechsel. Immer wieder lösen sich große Tropfen vom Rand des Überhangs und landen mitten auf meinem Kopf.
Ich friere, ich bin nass, und ich flippe allmählich aus. Inzwischen ist es schon nach drei, und von meiner Mutter fehlt noch immer jede Spur. Wenigstens ist die Schule aus, was bedeutet, dass ich mich nicht länger hinter der Zahnarztpraxis verstecken muss. Ich stehe auf und gehe wie Frankenstein, damit die feuchten Jeans nicht zu stark an den Beinen scheuern.
Die öffentliche Bibliothek von Scottsfield befindet sich auf der anderen Seite des Dairy Dream . Als ich das kleine Gebäude betrete, hebt die Leiterin der Bibliothek, Mrs. Evans, den Kopf und runzelt die Stirn. Ich bedauere, dass die andere Bibliothekarin, Mrs. Scott (Scottsfield ist nach ihrer Familie benannt), nicht da ist. Mrs. Scott begrüßt mich immer mit meinem Namen und fragt, ob sie behilflich sein kann. Mrs. Evans ist etwa zwanzig Jahre über das normale Pensionierungsalter hinaus und scheint mich nie wiederzuerkennen, obwohl ich so was wie eine Stammkundin bin. Nur gut, dass ich hier nicht während der Unterrichtszeit Unterschlupf gesucht habe. Vermutlich hätte Mrs. Evans schon nach fünf Minuten den Direx angerufen.
Die Bibliothek besteht aus einem kleinen Raum, unterteilt von mehreren seltsam bemalten Büchergestellen. Ich setze mich an einen Tisch in der Kinderecke, denn von dort aus kann ich aus dem Fenster sehen.
»Was machst du hier?«, fragt eine hohe Stimme. »Das ist hier die Kinderecke.«
»Billy!« Mrs. Harper, die Mutter des Jungen, wirft mir einen entschuldigenden Blick zu. Sie ist eine nette Frau, der ein Reitstall drüben in Brookton gehört, wo man
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