Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Weiß nachlesen.
Das Pforzheimer Charter der Hells Angels sollte für den blutigen Machtkampf in der Türsteherszene Baden-Württembergs einen hohen Preis bezahlen. Als Vorboten der folgenschweren Konsequenzen bahnten sich nur zwei Wochen später SEK-Polizisten mit Eisenrammen und Maschinenpistolen im Anschlag ihren Weg in 28 Objekte des Hells Angels MC. Die Razzia mit 900 Polizisten, mehreren Spezialeinsatzkommandos und acht Staatsanwälten vor Ort fand zeitgleich in drei Bundesländern statt: Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bayern. Anlass der Großrazzia waren die Aufklärung des Überfalls vom 27. November, die Sorge um eine Eskalation dieses Konflikts und der Versuch, einen Mordkomplott von Hells Angels gegen zwei Mitglieder der United Tribuns, die Gebrüder R., zu verhindern.
Die Polizei war sich auch sicher, inzwischen die zwei Schützen vom Supermarktplatz benennen zu können. Der Vizepräsident der Angels, Danny K., 35, wurde beschuldigt, mit einem Revolver Kaliber .38 Special gezielt auf Mitglieder der United Tribuns gefeuert zu haben. Der zweite Beschuldigte war der Hells Angel Marcus K., 25, der Bruder von Danny K. Ihm warf die Staatsanwaltschaft vor, mit einer Schreckschusswaffe gefeuert zu haben. Gegen die Gebrüder K. erging Haftbefehl wegen versuchten Mordes. Eine persönliche Note erhielt die blutige Auseinandersetzung durch Dannys Biografie. Der Vizepräsident der Hells Angels soll früher selbst Mitglied der United Tribuns gewesen sein.
Auch die United Tribuns gerieten wegen der brutalen Auseinandersetzung ins Visier der Polizei. Am 2. Februar 2011 setzte der Staat 500 Polizisten und Angehörige von Spezialeinsatzkommandos in Marsch, um das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Sie durchsuchten 18 Wohnungen und Objekte, wo ihnen eine scharfe Maschinenpistole samt Munition und Schalldämpfer, Hieb- und Stichwaffen, Betäubungsmittel und die Ausweispapiere junger Frauen in die Hände fielen. Sieben United Tribuns wurden vorläufig festgenommen. Die gefundene Maschinenpistole handelte ihnen den zusätzlichen Anklagepunkt eines Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ein.
Die bundesweite Aufmerksamkeit und die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die dieser Konflikt des relativ unbedeutenden und jungen Pforzheimer Charters – die Aufnahme ins Netzwerk erfolgte erst am 7. September 2008 – auslöste, soll zu großer Verärgerung innerhalb der deutschen Hells Angels geführt haben. Mächtige Charter wie Hannover mit dem Taktiker Frank Hanebuth an der Spitze schienen zu ahnen, was dieser Konflikt bewirken konnte. Doch die schlimmsten Befürchtungen der Angels sollten noch übertroffen werden.
Für die Pforzheimer Höllenengel war es mit der Razzia noch lange nicht vorbei. Der eigentliche staatliche Gegenschlag folgte erst am 10. Juni 2011. Das Landesinnenministerium in Stuttgart verbot an diesem Tag das rund 15 Mann starke Charter Borderland und die Unterstützervereinigung Commando 81 Borderland. Als Begründung für die Verbotsverfügung, der monatelange Ermittlungen der Polizeidirektion Pforzheim vorausgingen, wurde hauptsächlich der Konflikt mit den United Tribuns angeführt. Rund 400 Polizisten, darunter schwer bewaffnete Spezialeinheiten aus acht verschiedenen Bundesländern, setzten das Vereinsverbot am frühen Freitagmorgen in Form einer Großrazzia durch. Die Einheiten durchsuchten das Clubhaus, 20 Wohnungen von bekannten Hells Angels und selbst zwei Gefängniszellen bereits inhaftierter Mitglieder. Dabei wurden zahlreiche Waffen konfisziert – darunter drei scharfe Schusswaffen, für die das betreffende Member jedoch über die erforderliche Waffenbesitzkarte verfügte. Weiterhin beschlagnahmten die Beamten Drogen, Anabolika, drei Molotow-Cocktails, Computer, Vereinsunterlagen, Kutten und 18 000 Euro in bar, sperrten bei sieben unterschiedlichen Banken 13 Konten und zogen das Vereinsvermögen ein. Die sichergestellten Gegenstände präsentierten die beteiligten Behörden bei einer Pressekonferenz, die als Filmbeitrag einer regionalen Zeitung im Internet nach wie vor betrachtet werden kann.
In einem ersten Urteil beschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am 7. Dezember 2011 die Razzia gegen die Pforzheimer Höllenengel als rechtmäßig. In einem von den Hells Angels angestrengten Eilverfahren gegen den Sofortvollzug des Verbots hat der VGH außerdem auch den gesamten Verbotsvorgang als »voraussichtlich rechtmäßig« eingestuft. Damit äußerten die
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