Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Richter ihre Rechtsposition vor dem eigentlichen Hauptverfahren deutlich. Der Verwaltungsgerichtshof begründete seine Position gewissenhaft und ausführlich. Die Argumentationskette zeichnet ein weiteres Mal ein kriminelles Gesamtbild der Hells Angels in Deutschland – ein Eindruck, den die rot-weiße Bruderschaft in ihrem über 30-jährigen Bestehen in der Republik stets bestritt. Der VGH schloss sich weitgehend der Begründung des Stuttgarter Innenministeriums an, das Zweck und Tätigkeit des Charters Borderland nicht im gemeinsamen Motorradfahren, sondern in kriminellen Handlungen sieht. Das beinhaltet den Anspruch einer monopolartigen Stellung in bestimmten kriminellen und wirtschaftlichen Bereichen, etwa dem Rotlicht- und Türstehermilieu. Zudem verdichteten sich Anhaltspunkte für Drogenhandel. Ebenso folgte der VGH der Argumentation, dass nicht nur Straftaten von Vollmitgliedern, sondern auch Taten von Prospects und Supportern anzurechnen seien sowie außerdem die Männer fürs Grobe vom Commando 81 Borderland als Teilorganisation der Hells Angels zu betrachten seien. Sofern strafrechtlich relevante Taten dieser Männer einen Vereinsbezug aufweisen, spreche nichts dagegen, diese in dem laufenden Verbotsverfahren mit zu berücksichtigen. In seiner Begründung bezeichnet der VGH das Commando 81 Borderland als eine spezielle Kampfabteilung und Teilorganisation des Clubs, die von den Hells Angels überwacht und gesteuert wird. Die in der Verbotsverfügung aufgeführten schweren Straftaten umfassen unter anderem einen versuchten schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung als Auftragsstraftat der zwei Hells Angels H. B. und G. S. am 21. August 2009. Das Gericht bezieht sich dabei auf die Erkenntnis der Polizei, dass der Vizepräsident des Charters, Danny K., beide Vollmitglieder wegen der Straftat in das Clubhaus einbestellt hatte. Die Polizei und der VGH Baden-Württemberg werten die Tathandlungen daher als Anordnung von Vereinsorganen, die dem Verbotsverfahren als Beweis zuzurechnen ist.
Auch eine gefährliche Körperverletzung des Vizepräsidenten Danny K. mit Unterstützung von mindestens vier weiteren Clubmitgliedern, begangen am 4. Oktober 2009, stufte das Gericht als Vereinshandlung ein, da die Männer als Vereinigung aufgetreten seien und so ihre einschüchternde Wirkung erhöht hätten. Erschwerend komme hinzu, dass der Hells Angels MC Borderland die Straftat seines Vizepräsidenten nachträglich decke, da er ihm Rückhalt und Hilfestellung als Verein und durch einzelne Mitglieder angeboten habe.
Weiterhin wurde eine versuchte räuberische Erpressung vom Mai 2010 angeführt, für die bereits drei Männer des Commando 81 rechtskräftig verurteilt waren. Während der versuchten Schutzgelderpressung wurde das Opfer mit massiven Repressalien und körperlichen Übergriffen bedroht und durch den Hells-Angels-Hintergrund der Täter zusätzlich unter Druck gesetzt. Im Laufe es Übergriffs sei auch die Bemerkung gefallen, dass das Geld »für den Club« sei. Wieder bewertete das Gericht auch das Verhalten des Hells Angels MC nach der Tat. Der Verein habe sich weder von der Straftat noch von den Tätern distanziert; im Gegenteil unterstützte er die Täter im folgenden Strafverfahren und belohnte den Haupttäter sogar. Er wurde von der Unterstützungsgruppe Commando 81 zum Prospect befördert.
Die geschilderte Auseinandersetzung mit den United Tribuns vom 27. November 2010 wurde ebenfalls zur Verbotsbegründung herangezogen. Die Auseinandersetzung an sich, der damit verbundene Landfriedensbruch und der unerlaubte Waffenbesitz wurden als Vereinsaktivitäten gewertet. Das Landgericht Karlsruhe klagte am 28. Oktober 2011 neun beschuldigte Hells Angels und Unterstützer wegen diverser Strafverstöße an. Auch der Umstand, dass der an der Tat maßgeblich beteiligte und dafür zu drei Jahren und drei Monaten verurteilte Vizepräsident nach wie vor dieselbe Führungsposition bekleide wie vorher, deute laut dem Gericht klar auf eine von Vereinsorganen angeordnete Tat hin – ebenso wie die Flucht der Täter in das Vereinsheim und deren spätere Unterstützung durch den Club im Strafverfahren.
Des Weiteren wird eine Clubsitzung der Pforzheimer Hells Angels zwei Tage nach dem Tribuns-Zwischenfall angeführt, während der Clubmitglieder den Beschluss gefasst hätten, zwei Mitglieder der United Tribuns zu töten. Selbst die Einstellung dieses Ermittlungsverfahrens wegen Schwierigkeiten bei den
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