Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
kontrolliert worden waren, regelten von nun an Hells Angels den Geschäftsablauf. Die Angels bewiesen sich wieder einmal als strategisch geschickt agierende Organisation. Es gelang ihnen, den vermeintlichen Erfolg der deutschen Justiz gegen Necati A. für ihre Absichten zu instrumentalisieren.
Die juristische Niederlage, welche die Ausweisung eines ihrer wichtigsten Alliierten im Kampf um die Vorherrschaft in der kriminellen Szene Kölns zur Folge hatte, nutzten die deutschen Angels für einen enormen Machtgewinn. Nachdem Ring-Pate Neco Deutschland verlassen hatte, begann der Deathhead, mit ihm an der Spitze, die Türkei zu erobern. Trotz aller Bemühungen deutscher Behörden, dem kriminellen Treiben ein Ende zu bereiten, siedelten sich die Angels mit dem Gütesiegel »Made in Germany« im Rotlichtmilieu am Bosporus an.
Am 4. Oktober 2009 gründete sich das erste Charter in der Türkei, der Hells Angels Motorcyle Club Nomads Turkey. Es folgten am 3. Oktober 2010 das Charter Istanbul und im Juni 2011 das Charter Bosporus. Die europäische Polizeibehörde Europol hatte zu diesem Zeitpunkt schon länger einen »massiven Expansionsdrang« der Hells Angels nach Südeuropa beobachtet. Die Gründung von Chartern in Kroatien, Serbien, Albanien und der Türkei brachten die Ermittler mit der »Balkanroute«, dem klassischen Heroinschmuggelweg nach Mitteleuropa, in Verbindung. Die Gewinne aus dem Drogenhandel vermuten europäische Experten in der Schweiz.
Der Boss des mächtigsten türkischen Charters Nomads Turkey wurde Neco A. Auf einer Party in der Türkei wurde der geglückte Schachzug im Juni 2010 gebührend gefeiert. Auf einem Foto posieren neben weiteren internationalen Angels-Vertretern aus England und Dänemark Neco A. selbst, ein Repräsentant der Angels aus dem Ruhrgebiets-Charter Midland und der mächtigste Höllenengel Europas, Frank Hanebuth. Der Kreis schloss sich und bezeugte einmal mehr die Stellung des Hannoveraners und seine Beteiligung an den Kölner Geschehnissen.
Ein weiteres Land fiel damit an die mächtigste Bikerbruderschaft der Welt. Der Expansionsdrang deutscher Hells Angels reichte jetzt schon über Europa hinaus bis nach Asien. Ihre Allianz und Freundschaft mit den Türken handelte den Hells Angels aber auch einen neuen gefährlichen Feind ein: die Männer von der arabischen Türstehergang. Diese gingen ihren Geschäften weiterhin auf eigene Rechnung nach oder schlossen sich getreu Napoleons Motto »Der Feind meines Feindes ist mein Freund« Chaptern des Bandidos MC an. Der alte Konflikt der Türken gegen die Araber sollte damit den Kampf der Hells Angels gegen die Bandidos um das Rheinland und das angrenzende Ruhrgebiet um eine weitere Komponente verschärfen.
Der erste Club einer OMCG, der in Köln agierte, war 1993 ein Chapter des deutschen Gremium MC. 1998 folgte ein zweites Chapter. 2008 geriet die Kölner Rockerszene jedoch in Bewegung. Eines der führenden Kölner Mitglieder des Gremium MC, Roger M., sagte sich mit seinen Mannen von dem deutschen Club los und war maßgeblich an der Aufstellung des Hells Angels MC Cologne am 4. Oktober 2008 beteiligt. Eine Vielzahl von Brüdern folgte Roger M. daraufhin in das rot-weiße Netzwerk. Viele von ihnen waren kampferprobte Kickboxer und verdienten ihr Geld als Türsteher und im Milieu. Dieser nach Polizeiangaben etwa 100 Mann starken Allianz aus ehemaligen Mitgliedern des Gremium MC und der Türkengang hatte in der Domstadt keine Bande irgendetwas entgegenzusetzen. Köln war damit ab sofort uneingeschränktes Territorium der 81er, und Roger M. wurde erster Präsident des Hells Angels MC Cologne. Der braun gebrannte, tätowierte und muskulöse Mann soll über einen gehörigen Schlag bei Frauen verfügt haben. Schöne Damen und teure Luxuslimousinen bildeten den neuen Hintergrund seines Lebens als junger Bikerboss. Doch an dieser Erfolgsstory konnte sich anscheinend nicht jeder Bruder erfreuen. Roger M. wurde einigen Angels zu mächtig und zu wohlhabend. Es ist auch zu hören, dass Neid und Missgunst gerade der Kölner Alt-Rocker die Atmosphäre im Charter vergifteten. Sie planten nichts weniger als einen Putsch gegen den Präsidenten ihres Clubs. In jedem anderen Verein würde in dieser Situation eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen. Es gäbe einen hitzigen und schnellen Wahlkampf beider konkurrierender Lager und schließlich eine Kampfabstimmung, die das Resultat bestimmt. Doch die Hells Angels sind kein normaler Verein und regeln
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