Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
setzte sich in den Untergrund ab, aus dem er bisher nicht wieder aufgetaucht ist. Ein weiterer Höllenengel wurde ebenfalls lebensgefährlich verletzt und musste am Tatort notärztlich stabilisiert werden. Der Polizeisprecher Peter Spiertz bestätigte die dramatische Situation: »Wäre er nicht behandelt worden, wäre er gestorben.« Erst später erklärte die Polizei, dass noch einem dritten Rocker lebensgefährliche Verletzungen zugefügt worden waren.
Als Reaktion auf diese Ereignisse richtete die Mönchengladbacher Polizei die Mordkommission »Kutte« ein.
Bei dem Kampf hatten die Rocker offensichtlich übersehen, dass der gesamte Platz auf dem Alten Markt in Mönchengladbach aus Sicherheitsgründen videoüberwacht wird. Darauf wird gemäß datenschutzrechtlicher Bestimmungen sogar mit einem gut sichtbaren Schild hingewiesen. Doch den verfeindeten Rockern scheint in dieser Nacht nicht nach Lesen zumute gewesen zu sein. Die Polizei beschlagnahmte die städtischen Videobänder umgehend und bestätigte, dass die Schlägerei darauf aufgezeichnet wurde. Das Bildmaterial wird nach wie vor ausgewertet und stellt sich mehr und mehr als eine Goldgrube für die Ermittler heraus. Ihnen gelang es, immer mehr Personen zu identifizieren und Querverbindungen herzustellen.
Es verging nur ein Tag, bis die Hells Angels – so die Vermutung der Polizei – Rache für ihre lebensgefährlich verletzten Mitglieder nahmen. Eine Handgranate traf das »La Casa de los Locos« (»Das Haus der Verrückten«), das Vereinsheim der Bandidos im 100 Kilometer entfernten Herten im Kreis Recklinghausen. Bei dem Sprengstoffanschlag gingen zwei Schaufensterscheiben zu Bruch und drei vor dem Haus parkende Autos wurden beschädigt. Das Clubhaus wird dem bundesweiten Pressesprecher des Bandidos MC, Michael M., zugerechnet, der diesen Anschlag als »unkluge und völlig überflüssige Aktion, die uns allen schaden kann«, bewertete.
Es folgte ein Schusswaffenanschlag auf die Wohnung eines Oberhausener Bandidos, und auch in Essen sollen Schüsse gefallen sein. Im westfälischen Hamm, auf dem Grenzverlauf der beiden Machtblöcke in Hannover und dem Ruhrgebiet, drohten die beiden erbitterten Rivalen am selben Abend wieder aufeinander loszugehen. Der Polizei gelang es, eine erneute Konfrontation zu verhindern.
Angesichts dieser Entwicklungen überwachte die Polizei verdeckt mehrere bekannte Rockertreffpunkte der beiden großen Clubs im und um das Ruhrgebiet herum. Das Observationsteam in Düsseldorf-Gerresheim landete am Clubheim des Clan 81 in der Heyestraße einen Volltreffer. Das Clubhaus der Hells-Angels-Supporter befindet sich im ersten Stock eines ehemaligen Luftschutzbunkers, darunter die Rockerkneipe »Red Pearl«. Erst am 1. August 2011 war das Lokal mit mehr als 400 Gästen, darunter Hells Angels aus ganz NRW und den Niederlanden, bei einigen Bieren der Hausmarke »81« feucht-fröhlich eröffnet worden, während »Hells Bells« von AC/DC aus den Boxen dröhnte.
Die verdeckten Ermittler beobachteten an diesem Abend anscheinend ein eilig einberufenes Regionaltreffen der Organisation. Knapp 100 Mitglieder und Führungspersonen der umliegenden Hells-Angels-Charter Leverkusen, Krefeld und Midland, das mittlerweile zwölf Kilometer von Solingen nach Langenfeld umgezogen war, fanden sich in Gerresheim ein.
Da sich diese Streitmacht unter konspirativen Umständen im »Red Pearl« versammelte – die Rockerkneipe hatte offiziell geschlossen –, entschied sich die Polizeiführung zum Zugriff und alarmierte umgehend starke Polizeieinheiten. Insgesamt 250 Polizisten stürmten das Lokal am Montagabend des 23. Januars 2012 und durchsuchten die Lokalität. Der bis zu 20 Mann starke Clan 81 ist ein Unterstützungsclub der in Düsseldorf seit dem Jahr 2000 als kriminelle Vereinigung verbotenen Hells Angels und wird auch mit Türsteheraktivitäten in der Düsseldorfer Altstadt in Verbindung gebracht. Die Polizeikräfte stellten die Personalien von 86 Rockern fest und durchsuchten diese. Dabei nahmen sie einen Mann fest, der per Haftbefehl gesucht wurde, und beschlagnahmten sechs Klappmesser, einen Baseballschläger, eine Stahlrute, zwei Axtstiele und einen hölzernen Schlagstock.
Am 9. Februar setzte das Innenministerium NRW zu einem weiteren Gegenschlag an. Diesmal traf es Beteiligte der Mönchengladbacher Straßenschlacht aus den Reihen des Bandidos MC. Mehrere Hundert Einsatzkräfte stürmten an diesem Donnerstagabend um 20.30 Uhr ein Bordell und
Weitere Kostenlose Bücher