Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
gewaltig in Bewegung. Aufgrund des polizeilichen Drucks löste sich das Charter Midland auf. Ein Sprecher des Hells Angels MC Germany bestätigte den Vorgang und gab an, die Mitglieder seien von der ständigen Polizeibeobachtung genervt gewesen. Diese Selbstauflösung kann man aber auch als Kritik am verschärften Konfrontationskurs der Hells-Angels-Führung werten. Offensichtlich war nicht jeder Höllenengel bereit, sehenden Auges noch tiefer in diesen Krieg gezogen zu werden.
Für das nun leer stehende Clubhaus hatten die Hells Angels aber ganz schnell neue Pläne. Anlässlich der Razzia vom 15. März durchsuchten Polizeieinheiten auch das ehemalige Clubhaus der Hells Angels in Langenfeld. Die Beamten rechneten mit einer verlassenen Immobilie, doch sie sollten sich irren; es waren bereits neue Besitzer eingezogen. Die Polizei stieß auf 38 Hells Angels und Mitglieder eines Unterstützerclubs, der Blood Brothers 81 Leverkusen. Auch die meisten der angetroffenen Hells Angels waren Mitglieder des Leverkusener Charters. Die Angels waren offensichtlich nicht bereit, ihren Vorposten nahe des Ruhrgebiets aufzugeben, nur weil einigen Altmitgliedern das Leben als Höllenengel zu stressig geworden war.
Die Polizei hielt den hohen Verfolgungsdruck gegen die Rocker aufrecht. Im April 2012 setzte ein Spezialeinsatzkommando im Rahmen einer Razzia gegen die Bandidos in Bochum seine neue Wunderwaffe ein: einen schwarzen Monster-Truck von 362 PS Stärke mit einer Heberampe inklusive 13 Meter langer, ausfahrbarer Leiter und Trittbrettern an der Seite. Die amerikanische Firma Patriot 3 hatte den Panzerwagen im Wert von 300 000 Euro für Eliteeinheiten der Armee und der Polizei konzipiert.
Eine weitere Razzia am 6. Juni 2012 sollte weiteres Licht in die Auseinandersetzung vom Mönchengladbacher Alten Markt bringen und verdeutlichte die neue Null-Toleranz-Strategie des Innenministeriums NRW. 500 Polizisten durchsuchten Privatwohnungen, ein Clubhaus und einen Sexclub der Hells Angels in Krefeld, Willich, Düsseldorf, Köln und Solingen. Es wurden Computer und Handys sichergestellt.
Die Schlinge in NRW zog sich immer weiter zu, am 19. Juli 2012 folgte die nächste Razzia gegen Hells Angels und Bandidos in Mönchengladbach, Viersen, Bochum, Gelsenkirchen, Herne, Essen, Siegburg, Eitorf und Köln. Ganz offen begründete die Polizei die Durchsuchungen in 15 Privatwohnungen damit, dass es ihr gelungen war, weitere Täter von Mönchengladbach zu identifizieren.
In Duisburg spitzte sich die Lage unterdessen erneut zu. Bandidos und Angels standen sich in zwei benachbarten Straßenzügen gegenüber, die schon in der Vergangenheit schwer umkämpft waren: in der Charlottenstraße, die das »Bandidos Place« beherbergt, in dessen Erdgeschoss sich das Lokal »The Fat Mexican« befindet, und der in die Charlottenstraße mündenden Vulkanstraße im Duisburger Rotlichtviertel. Den Hells Angels war es gelungen, in mehreren Bordellen der Vulkanstraße die Türsteher zu stellen. Somit trennten sie keine 500 Meter mehr von den Bandidos. Doch das war noch nicht alles. Auf ihrer weltweiten Homepage erklärten die Höllenengel die Aufstellung eines Prospect-Charters mitten in Duisburg, im Territorium der Bandidos.
Aufgrund der massiven Auseinandersetzungen in der Vergangenheit wurde das Innenministerium im Düsseldorfer Landtag aufgefordert, dem Parlament seine Erkenntnisse über die Bikeraktivitäten im Land darzulegen. Die Experten zum Thema innere Sicherheit berichteten von neun Chartern der Hells Angels in NRW mit geschätzten 250 Vollmitgliedern. Der Bandidos MC unterhielt 25 Chapter mit bis zu 400 Vollmitgliedern. Auch die beiden anderen großen OMCGs waren in NRW präsent; der Gremium MC mit acht und die Outlaws mit fünf Chaptern. Im Lagebild zur Organisierten Kriminalität des Landes fallen einige der Mitglieder in den Bereichen Menschen- und Drogenhandel sowie mit Gewalt-, Waffen-, Eigentums- und Steuerdelikten auf. Des Weiteren bestätigen Ermittlungen, dass Mitglieder der beiden großen Clubs in legalen, wenn auch milieunahen Betrieben in unterschiedlichsten Positionen beschäftigt waren, etwa als Inhaber oder Geschäftsführer von Sicherheitsunternehmen oder als Mitarbeiter von Bordellen, Bars, Videotheken und Tattooläden. Andere Mitglieder waren in gänzlich anderen Bereichen, etwa auf dem Bau, in Speditionen, im Motorradhandel, der Projektvermittlung und dem Veranstaltungsmanagement, tätig.
Auch das Innenministerium sah die Ursache
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