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Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schubert
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für das hohe Konfliktpotenzial zwischen den beiden Clubs in der Erhebung von Gebietsansprüchen gegen den jeweils anderen. Dementsprechend bezeichnete das Innenministerium NRW den Konflikt als einen Territorialkrieg zwischen Hells Angels und Bandidos. Ein Konflikt, der noch nicht entschieden ist und der durch die Neugründung des Hells-Angels-Charters Duisburg im Jahr 2012 neuen Zündstoff erhalten hat.
    Der in Duisburg getötete Bandido Eschli, drei lebensgefährlich verletzte Rocker in Mönchengladbach, Dutzende Schwerverletzte bei unzähligen Attacken mit Schusswaffen, Macheten, Messern und Knüppeln waren bis 2012 in NRW zu verzeichnen. Nordrhein-Westfalen entwickelt sich nach Berlin immer mehr zu Bloodlands der Rocker.
    Am Dienstagmorgen, dem 29. Mai 2012, fuhr der Bandido Hans »Hannes« B., 49, mit seiner Harley eine Landstraße im Raum Gladbeck entlang. Hannes befand sich höchstwahrscheinlich auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle als Elektriker bei einem großen Stromkonzern. Doch jemand oder etwas ließ den Rocker, der mit seiner Kutte vom Chapter Dinslaken bekleidet war, stoppen. Er stellte seine schwere Maschine ordnungsgemäß auf dem Seitenstreifen ab. Ob dieser Halt freiwillig geschah oder ob er dazu gezwungen wurde, ist nicht bekannt. Ein Zeuge gab später an, Hannes B. telefonierend am späteren Tatort gesehen zu haben. Der Polizei ist es bisher nicht gelungen, diesen Anruf zu rekonstruieren. Die Umstände bleiben rätselhaft.
    Sicher ist aber: Um 7.45 Uhr peitschte ein Schuss durch die morgendliche Idylle. Hans B. wurde von einem Projektil in die Brust getroffen und verstarb in kürzester Zeit an inneren Blutungen, unmittelbar neben seiner Maschine liegend.
    Am Tatort fand die Polizei einen Gasrevolver größeren Kalibers vom Typ Colt Single Action, dessen Lauf durchbohrt worden war, um ihn als scharfe Waffe nutzen zu können. Zusätzlich wurden am Tatort vier Patronenhülsen sichergestellt, die aber nicht aus dem umgebauten Revolver abgefeuert worden waren. Die Kugel, die den Oberkörper des Bandidos durchschlagen hatte, konnte trotz intensiver Suche mit Metalldetektoren nicht gefunden werden.
    Hannes war jahrelang Mitglied im Bandidos MC gewesen und dabei weder durch Straftaten noch durch Aktivitäten im Milieu aufgefallen. Er bekleidete zwar einen Offiziersrang in der Hierarchie der Motorradgang, doch seine Funktion des Road Captain wird in der Regel nicht mit kriminellen Taten in Verbindung gebracht. Der 49-Jährige scheint der Prototyp eines Rockers der ersten Stunde gewesen zu sein, dem es noch ausschließlich ums Motorradfahren und die Gemeinschaft ging.
    Hannes’ Beerdigung fand am 11. Juni 2012 unter großer Anteilnahme der Bandido Nation statt. Rund 500 rot-goldene Biker aus ganz Europa erwiesen dem toten Bruder die letzte Ehre auf dem Nordfriedhof in Alt-Bottrop.
    Die Spekulationen um diesen weiteren erschossenen Rocker in NRW heizten die angespannte Atmosphäre zusätzlich auf. Es wurde gemutmaßt, dass Hannes Opfer einer willkürlichen Tötung geworden sein könnte, bei der es überhaupt nicht um seine Person ging, sondern ihn allein die Kutte mit dem Fat Mexican zum Angriffsziel feindlicher Biker gemacht hatte. Solche Tötungen gab es seit über 60 Jahren in der blutigen Geschichte der Rivalität von Angels und Bandidos.
    Die Führung der Bandidos versetzte ihre Mitglieder im Ruhrgebiet in Alarmbereitschaft und appellierte per SMS an die Männer, auf sich aufzupassen. Der oder die Täter waren zwar unerkannt vom Tatort geflüchtet, doch der Verdacht fiel sofort auf die Höllenengel. Allzu viel Blut war in den letzten Monaten aufseiten der Todfeinde vergossen worden. Ganz besonders hier, im tiefen Westen der Republik.
    Doch aus den Polizeiakten sickerte bald eine weitere Theorie durch, nach der sich der Bandido selbst erschossen haben soll. Am 20. Juni 2012 verkündete die Staatsanwaltschaft Essen, der vermeintliche Mord sei ein Suizid gewesen, und begründete ihre These mit der DNA des Toten an der Waffe, die zweifelsfrei zu ihm gehöre. Auch wiesen Schmauchspuren an den Handschuhen und seiner Kutte darauf hin, dass er die Waffe abgefeuert habe. Außerdem habe Hannes im persönlichen Umfeld einen möglichen Freitod angekündigt. Weitere Einzelheiten wollte die Behörde aus »Opferschutzgründen« nicht bekannt geben. In den Reihen der Bandidos soll die Selbstmordthese eher skeptisch aufgenommen worden sein, insbesondere da die tödliche Kugel von der Polizei trotz intensiver Suche

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