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Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schubert
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R. wird zwar wegen schwerer Körperverletzung, Zuhälterei und Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung verurteilt, doch statt der drohenden zehnjährigen Haftstrafe – auch eine darüber hinausgehende Sicherungsverwahrung stand zur Debatte – erhält er lediglich vier Jahre und vier Monate. Dieses milde Urteil soll ein Signal an die kriminelle Rockerszene sein, dass sich ein Ausstieg lohnt, bestätigte ein Gerichtssprecher ausdrücklich.
    Noch während der Präsident des Hamburger Charters Southport, Philipp K., wegen des Mordvorwurfs in Untersuchungshaft sitzt, gibt der Hells Angels MC am 12. Juni 2012 die Auflösung dieses Charters bekannt – nur anderthalb Jahre nach der Gründung und ohne jeglichen Kommentar.
    Doch der wichtigste Beweis in dem Verfahren ist einfach nicht aufzufinden und eine fehlende Leiche in einem Mordprozess ist so ziemlich das heikelste Problem, vor dem eine Staatsanwaltschaft stehen kann.
    Sieben Wochen lang wurde nach der Leiche gesucht. In dieser Zeit wurde die Halle komplett abgebaut und der schwere Betonboden mit Spezial- und Großgeräten abgetragen. Doch die arbeits- und kostenintensive Suche blieb erfolglos. Wo immer auch Tekin B. verscharrt wurde, im Fundament der Lagerhalle war er nicht. Dass die Leiche nicht aufzufinden war, bedeutete nach der bundesweiten Berichterstattung einen herben Schlag für die Behörden und die Glaubwürdigkeit ihres Kronzeugen. Gleichzeitig beantragte die Staatsanwaltschaft, mehrere Haftbefehle gegen die inhaftierten Hells Angels wieder aufzuheben. Die Schmach war komplett. Dazu könnten Schadenersatzforderungen von mehreren Hunderttausend Euro wegen der abgerissenen Halle kommen.
    Die Oberstaatsanwältin, Herrin des Verfahrens, verteidigte ihr Vorgehen: »Es ist lediglich eine bedeutsame Spur in dem Ermittlungsverfahren abgearbeitet worden, wobei sich die zunächst vorhandenen Verdachtsmomente nicht bestätigt haben.« Doch für die vermeintlichen Mörder von Tekin B. ist der Fall damit noch lange nicht ausgestanden. Das Interview endet mit einer trotzigen Kampfansage. »Die Staatsanwaltschaft setzt ihre Ermittlungen energisch fort, den Sachverhalt endlich aufzuklären.«
    Berlin 2012 – langsam und explosiv
    Jeder Innenminister und Innensenator werkelt inzwischen an Verboten gegen die Rockerclubs. Eine bundesweite Koordinierung der Sicherheitsbehörden findet dabei offensichtlich nicht statt. Die dringend benötigte zentrale Steuerung, beispielsweise durch das BKA, scheitert immer wieder an Behördenegoismus und dem Festhalten an eigenen Kompetenzen. Das Verhalten der Behörden erinnert eklatant an das Versagen der Ämter bei den Ermittlungen zur Neonazimordserie der rechtsradikalen NSU, wo es über zehn Jahre nicht gelang, sich auf ein bundesweit einheitliches Vorgehen zu einigen. So wurde die Dimension der Mordtaten nicht erkannt, und eine frühzeitige Aufklärung und die damit einhergehende Verhinderung weiterer Taten misslang.
    Ebendieses Versagen der Innenminister prägt die polizeiliche Arbeit gegen die Hells Angels und die Bandidos in den letzten zehn Jahren und ist auch ein Beleg dafür, dass die verantwortlichen Amtspersonen den Hells Angels MC Germany trotz des blutigen Rockerkriegs der letzten Dekade immer noch unterschätzen.
    Es war reichlich naiv anzunehmen, dass die Rocker einfach zusehen würden, wie ein Charter oder Chapter nach dem anderen verboten wird. Einige Verbote scheinen auch vorschnell vollzogen worden zu sein, um in Landtagswahlkämpfen Handlungsstärke zu beweisen oder der Bevölkerung ein höheres Sicherheitsgefühl zu suggerieren. Anstatt durch eine bundesweite behördliche Abstimmung die in krimineller Hinsicht auffälligsten Niederlassungen der Hells Angels und der Bandidos auf einen Schlag gemeinsam zu verbieten, verschaffte man den OMCGs aufgrund des Eigensinns der Innenminister Zeit, um sich auf die neue Vorgehensweise des Staates einzustellen. Genau dies tat der Hells Angels MC auch und bewies einmal mehr, dass er eine schnell lernende und handelnde Organisation ist.
    Für Mittwoch, den 30. Mai 2012, plante der Berliner Innensenator einen Großeinsatz gegen die Berliner Rockerszene einschließlich der Durchsetzung von mehreren Verbotsverfügungen. Doch die Höllenengel verfügten über einen Informanten bei der Polizei, denn sie nutzten den Pfingstmontag für eine Geheimkonferenz mit den verfeindeten Bandidos und schafften umgehend Fakten. Wie sehr es den Hells Angels schon gelungen war, staatliche

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