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Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schubert
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2010 ungefähr zusammen.
    Diese Übereinstimmung wäre ein weiterer großer Zufall und scheint die Aussage des Kronzeugen zu bestätigen. Der abtrünnige Legionär gab weiterhin zu Protokoll, dass der Kieler Präsident Dirk R. den »Lohn« Philip K.s nach Absprache mit Frank Hanebuth vergeben habe. Auch beinhalten seine Angaben den Hinweis, dass »einzelne, besonders gewichtige Aufträge nur mit Billigung« von Hanebuth ausgeführt werden durften. Auch er selbst habe einen Auftrag von Hanebuth übernommen. Diesen habe ihm der Lange persönlich in einem thailändischen Restaurant in Kiel erteilt. Der Kronzeuge will daraufhin auf einen verfeindeten Rocker der Bandidos geschossen und dafür 5000 Euro erhalten haben. 3000 Euro als Lohn, von den restlichen 2000 Euro habe er das Auto für die Tatausführung gekauft. Hanebuth habe gemeint, dass es ausreiche, wenn die Bandidos in Preetz einen Denkzettel erhielten. Die Bandidos planten nämlich nur 18 Kilometer von Kiel entfernt, in Preetz im Kreis Plön, ein eigenes Chapter zu gründen. Das sollte gewaltsam verhindert werden.
    Die Aussage des Imperators endet mit einer Beschreibung der Machtfülle von Frank Hanebuth: »Hanebuth hat auch über Hausbesuche entschieden. Das heißt in unserer Sprache, dass auf jemanden geschossen oder die Kniescheibe kaputtgehauen wird. Wenn auf einen von uns geschossen wird, dann soll die Handgranate fliegen und drei von denen erschossen werden.« Für den Einsatz von Schusswaffen, auch für »einen gezielten Warnschuss« auf einen Bandido, »war sein Okay notwendig«.
    Die Einlassungen R.s bestätigten einmal mehr die schon oft angesprochene Ausnahmestellung des Hannoveraner Bosses. Die Staatsanwaltschaft formulierte aufgrund ihrer Feststellungen den Vorwurf, dass Hanebuth verdächtig sei, »an der Tötung Tekin B.s mindestens im Sinne einer Förderung der Tat durch Genehmigung des Vorhabens beteiligt gewesen zu sein«. Die Juristen unterstreichen ihre Vermutungen durch Hervorhebung der streng hierarchischen Strukturen der Hells Angels und des »besonderen Einflusses« des Hannoveraners über das eigene Charter hinaus. Doch sie hinken ihren skandinavischen und kanadischen Kollegen mit ihrem Wissensstand noch immer weit hinterher. Sie begreifen die Hells Angels immer noch als das örtliche Problem eines Innenministers oder Polizeipräsidenten. Die bundesweiten oder gar europäischen und globalen Vernetzungen dieser Organisation bringen sie weiterhin nicht in einen Zusammenhang mit den Geschehnissen in Deutschland.
    Hanebuth und sein Staranwalt Götz v. F. wiesen alle »Vorwürfe als völlig abwegig zurück«. Die deutschlandweite Berichterstattung über den Mordvorwurf veranlasste den Rockerboss, der Bild -Zeitung eine Audienz in seinem Wohnzimmer zu gewähren, dem Steintorviertel. Er beklagte eine »miese Kampagne« gegen sich und bestritt jegliche Beteiligung an dem Mord. »Ich leg doch keinen um!« Des Weiteren äußerte er sich über R.: »Geisteskrank, was der erzählt! Ich habe diesen Mann nie gesehen, kenne ihn ebenso wenig wie den Türken, den sie suchen.«
    Es scheint jedoch, dass nur der nicht auffindbare Leichnam von Tekin B. den Rockerboss vor der Untersuchungshaft bewahrte. Auch bei schwerwiegenden Anschuldigungen ist hierfür ein dringender Tatverdacht erforderlich.
    Drei Tage später erhielt Hanebuths Rechtsanwalt Akteneinsicht in die erhobenen Anschuldigungen. Die Aktenordner füllten einen ganzen Umzugskarton und erst jetzt konnte der Rockerboss Schwarz auf Weiß nachlesen, was ihm zum Vorwurf gemacht wurde. Anstiftung zum Mord, Erpressung und Körperverletzung.
    Es waren jedoch nicht allein die staatsanwaltlichen Ermittlungen, die den Hells Angels in Kiel Schwierigkeiten bereiteten. Das Mordopfer Tekin B., ein Respekt erweckender Kampfsportler, soll Gründungsmitglied der türkischen Tigers-Gang in Kiel gewesen sein. Die Tigers entstanden 1978 im Kieler Problembezirk Gaarden – nach eigenen Angaben zum Schutz vor rassistischer Gewalt. Das Landeskriminalamt widerspricht dem jedoch und schlägt die Tigers dem »kriminellen Milieu« zu. Es gibt mittlerweile bundesweit und selbst in der Türkei und Rotterdam Chapter, natürlich zeitgemäß mit einem eigenen Facebook-Auftritt. Polizeilich traten die Tigers, an ihren Lederkutten erkenntlich, in Kiel auch bei einer Demonstration türkischer Nationalisten gegen den »Terror der PKK« in Erscheinung. Dabei marschierten sie neben Männern, die ihre Finger zu einem Wolfskopf formten,

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