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Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schubert
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Stellen zu infiltrieren, wurde drei Monate später deutlich, als der vermeintliche Maulwurf auf Behördenseite identifiziert wurde. Es handelte sich um einen Beamten des LKA aus dem Rocker-Dezernat. Außerdem hatte auch ein Nachrichtenportal Wind von der Maßnahme bekommen und berichtete am 29. Mai vorab von einer geplanten Razzia, was die Blamage des Innensenators komplettierte. Trotzdem mussten 550 Polizisten eine verratene Razzia durchführen, bei der ihnen kaum noch belastendes Material in die Hände fiel. Die Rocker hatten längst alle Konten geleert, Rechner und Laptops an unbekannte Orte verbracht und Motorräder umgemeldet. Um nicht doch noch von den Polizisten überrascht zu werden, stellten die Hells Angels Späher ab, die Hotels überwachten, in denen Einsatzkräfte aus anderen Bundesländern untergebracht waren. Die Rocker gingen auf Nummer sicher und überließen nichts dem Zufall.
    Das von einem Verbot bedrohte Nomads-Charter verlegte seinen Vereinssitz aus dem Zuständigkeitsbereich des Berliner Innensenators ins brandenburgische Oranienburg. Das gefürchtete Charter Berlin City des mächtig gewordenen Kadir P. gab offiziell seine Auflösung bekannt, und auch die Männer fürs Grobe in den Organisationen Brigade 81 East District, Berlin City MC 81, Brigade 81 Köpenick und Berlin City-Crew 81 wählten diesen Schritt.
    Zusätzlich vollzogen sich in Berlin ein weiteres Mal zwei überraschende Patchover, die aber wohl kaum Teil der Absprache zwischen den beiden Clubs gewesen sind.
    Das Bandidos-Chapter South Central wechselte ins feindliche Lager der Hells Angels. Die pragmatischen Rocker tauschten an ihrem Vereinsheim in Berlin-Weißensee lediglich den Fat Mexican gegen den Deathhead. Noch schmerzhafter für die Bandidos war aber der Übertritt der gesamten 20 Mitglieder des Chapters South Side ins feindliche Lager. Die Männer wurden im Potsdamer Angels-Charter aufgenommen, jedoch erst mal nur im Rang von Prospects.
    Vor allem die Personalie des Ex-Bandidos Grischa V. stellt einen herben Rückschlag für den rot-goldenen Club dar. Grischa gilt als einer der einflussreichsten Rocker in Berlin und im gesamten ostdeutschen Raum. Auch soll er bestens über die Geschäftsaktivitäten des Bandidos MC in diesem Gebiet unterrichtet sein. Zusätzlich sind V. und Kadir P., der Ex-Präsident der Bandidos El Centro, alte Bekannte aus gemeinsamen Bandidos-Zeiten. Grischa V. hatte den jungen, ehrgeizigen Türken damals rekrutiert. Nun schien es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich V. mit seinen 20 Fahnenflüchtigen einer zu erwartenden Neugründung von Kadir P. und seinen Mannen anschloss. Damit würde das mit Abstand mächtigste und schlagkräftigste Charter im gesamten Berliner und Brandenburger Raum entstehen, vielleicht sogar in ganz Deutschland. Berliner Medien nannten Kadir P. aufgrund des Coups den neuen Paten von Berlin. Sein anscheinend unaufhaltsamer Aufstieg im Hells Angels MC Germany ist aber auch eine strittige Personalie, wird nicht von jedem Rocker gutgeheißen und könnte jederzeit einen internen Konflikt auslösen. Wie sehr die Bandido Nation dieser wiederholte Verrat in Berlin, gerade von einer ihrer wichtigsten Führungspersonen, erboste, sollte sich nicht einmal einen Monat später herausstellen.
    Dass abermals Bandidos mitten in einem Konflikt die Fronten wechseln, veranschaulicht den Schwerpunkt der neuen Rockergeneration in Deutschland deutlich. Obwohl man sich bis vor wenigen Tagen noch bis zum Tode bekämpft hatte, war ein Übertritt – und damit der Hochverrat am ehemaligen Club – aus rein geschäftlichen und strategischen Gesichtspunkten möglich. Die abtrünnigen Bandidos-Chapter befanden sich zur Zeit des Patchovers nicht in Gefahr, mit einem Verbot belegt zu werden. Es schien für die Member einfach keinen Unterschied zu machen, ob die Kutte rot-weiß oder rot-golden war. Hauptsache, die eigenen Geschäfte funktionierten ungestört und das Geld sprudelte weiter. Ein Berliner Kriminalbeamter bestätigt diese These: »Kadir P. ist so mächtig geworden, dass die Bandidos nichts mehr dagegen aufzubringen vermochten.« Durch den Verrat an den Brüdern änderten sich die Machtverhältnisse in der Berliner Unterwelt nochmals gravierend. Die übergetretenen Biker standen nun auf der Seite der Gewinner, der Seite der Angels. »So kann man in Ruhe weiter seine Geschäfte machen und muss nicht ständig befürchten, erschossen oder niedergestochen zu werden«, so der szenekundige Beamte

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