Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
aus Kadir P. und seinen Getreuen bestehend, birgt die offensichtliche Gefahr, vom Innensenator sofort als Ersatzorganisation verboten zu werden, was eine weitere Strafanzeige gegen alle Clubmitglieder nach sich zöge. Ob der als schwer kontrollierbar charakterisierte Exboxer diese Notwendigkeit einsieht, ist nicht bekannt.
In der Nacht vom Samstag, den 9. Juni 2012, auf Sonntag wurden alle taktischen Überlegungen über den Haufen geschossen. André S. wurde Opfer eines Mordanschlages und mit lebensgefährlichen Verletzungen in die Charité eingeliefert. Das Krankenhaus wurde umgehend von einer Hundertschaft der Polizei und 20 Hells Angels bewacht, um weitere Anschläge zu verhindern.
Der Täter hatte dem persönlichen Vertrauten von Frank Hanebuth am Hinterausgang seiner Gaststätte, des »Germanenhofs«, gegen drei Uhr nachts aufgelauert. Täter und Opfer müssen sich gekannt haben, eine Anwohnerin hörte nämlich von ihrem Balkon die letzten überraschten Worte des Hells Angels: »Was machst du denn hier?« Danach peitschten mehrere Schüsse durch Berlin-Hohenschönhausen. Es wird von bis zu fünf Schüssen gesprochen, die der Täter aus kürzester Distanz auf den Oberkörper des Ehemanns und zweifachen Vaters abfeuerte. Zwei Kugeln bohrten sich in seinen Oberkörper und verletzten ihn schwer. Ein Projektil operierten die Ärzte aus der Leber. Die Ausführung der Tat glich einer versuchten Hinrichtung, obwohl als Tatwaffe eine aufgebohrte Gaspistole kleineren Kalibers benutzt wurde, was nicht das Werkzeug eines Profis darstellt.
Der Nomads-Präsident wurde von den alarmierten Polizei- und Rettungskräften in einer Blutlache neben seiner Harley liegend vorgefunden. Dem Täter gelang vorerst unerkannt die Flucht. André S. erwachte erst nach drei Tagen aus dem Koma, erholte sich aber überraschend schnell. Gerade aus dem Koma erwacht, verbot er den Ärzten, seine Krankenakte für die Polizei zu öffnen – die eigens eingesetzte Mordkommission hatte gehofft, aufgrund der Verletzungen und der Schusskanäle Rückschlüsse auf den Mörder ziehen zu können. Die Ermittler mussten erst einen richterlichen Beschluss beantragen, um die Krankenakten zu beschlagnahmen. Es zeichnet sich ab, dass die Rockerehre die polizeiliche Aufklärung des Mordanschlages schwer behindern, wenn nicht sogar gänzlich verhindern wird. André S. machte vor der Polizei jedenfalls keinerlei Angaben zur Tat.
Knapp einen Monat nach dem Anschlag lud der angeschossene Berliner Boss zum Brunch in den »Germanenhof«. Der Einladung folgten 50 Hells Angels, die zum Teil extra aus Westdeutschland angereist waren. André S. lehnte das Angebot der Berliner Polizei, ihn zu schützen, ab, engagierte aber einen Sicherheitsdienst, der ihn wie auch andere Hells Angels fortan ständig bewachen soll.
Berliner Behörden und Politiker rechneten nach den Schüssen mit einer Eskalation des Rockerkrieges und Racheaktionen in der Hauptstadt. Sie sollten recht behalten. Ein hochrangiges Mitglied einer Berliner OMCG berichtete von einem Ultimatum in der Hauptstadt: »Die Ansage steht, dass ab 1. Juli 2012 kein Club außer den 81ern in Berlin mehr geduldet wird.« Diese Drohung würde neben den Bandidos auch dem Gremium und Outlaws MC gelten. »Danach haben die Hells Angels angekündigt, jeden mit Waffengewalt daran zu hindern, weiter mit seinem Abzeichen durch Berlin zu fahren oder ein Clubhaus zu betreiben«, so der Rocker weiter. Via Rudolf T. ließen die Hells Angels den Bericht des Berliner Tagesspiegels umgehend dementieren. Ihr Pressesprecher mutmaßte, dass das Gerücht von Behörden »bewusst gestreut wurde, um eine Eskalation zwischen den Clubs« zu provozieren. Gegen diese abermalige Verschwörungstheorie sprachen aber auch die Feststellungen der Polizei, die bestätigte, »vereinzelte Kenntnisse« über ein Ultimatum zu haben, »die aber nicht überprüfbar sind«. Es könnte jedoch auch sein, dass sich innerhalb der Berliner Höllenengel eine Fraktion von Hardlinern gebildet hat, die nicht mehr oder nur noch schwerlich zu kontrollieren sind.
Gegen 23 Uhr am 5. Juli 2012 peitschten Schüsse auf das Clubhaus der Bandidos Eastgate in der Provinzstraße in Wedding. Zwei Mitglieder, 33 und 38 Jahre alt, brachen zusammen und wurden mit schweren Verletzungen – unter anderem einem Schuss in den Rücken, Lebensgefahr bestand jedoch nicht – in ein Krankenhaus eingeliefert. Die Täter wählten offenbar bewusst ein hochkarätig besetztes Meeting ihrer
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