Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
bisher acht Toten, knapp 100 Schießereien und zahllosen Racheakten. Nun sind es 35 Menschenleben, die der Kampf um die kriminelle Vorherrschaft in Skandinavien bisher gefordert hat. Doch diesmal verlaufen die Fronten komplizierter als im großen skandinavischen Rockerkrieg, denn es stehen sich nicht nur die verfeindeten Rockerclubs, sondern auch mit ihnen rivalisierende Einwandererbanden aus dem Nahen Osten und vom Balkan gegenüber. Die ethnischen Trennlinien zwischen den beteiligten Parteien und ethnische Spannungen verstärken den aktuellen Konflikt erheblich. Die Täter und Schützen auf beiden Seiten tragen keine Rockerkutten mehr, sondern Sturmhauben und kugelsichere Westen.
Die kriminellen Herausforderer organisieren sich in Banden, die keinen Bikerhintergrund mehr haben. Etwa in der Naser League, die nach ihrem mazedonischen Anführer Naser Dzeljilji benannt wurde. Der Stammsitz dieser bis zu 100 Mann starken Gruppe ist Göteborg, wo sie zahlreiche Bars und Restaurants kontrolliert. Auch im Ausland verfügt das Netzwerk bereits über mehrere Niederlassungen. Die Polizei wirft Mitgliedern der League Mord, bewaffneten Raubüberfall, Erpressung, Drogenhandel, Geldwäsche und illegales Glücksspiel vor. Bei einem brutalen Banküberfall wurde ein norwegischer Polizist erschossen. Naser Dzeljiljis Leibwächter wurde der Beteiligung an dieser Tat angeklagt und zu 15 Jahren Haft verurteilt. Naser selbst wurde später Opfer eines Attentates in einer Göteborger Garage, das er nach Schüssen in Rücken und Arme schwer verletzt überlebte.
Eine weitere wichtige Gruppierung sind die Original Gangster des Türken Denho Acar, die ebenfalls in Göteborg aktiv sind. Die meisten der 100 Männer, welche die schwedische Polizei dieser Bande zurechnet, haben einen Migrationshintergrund. Die in der Bande vertretenen Nationalitäten spiegeln die größten Einwanderergruppen Schwedens wider: Türken, Bosnier, Iraner, Kurden, Serben und Kroaten.
Das Brotherhood Wolfpack ist ein zusätzlicher gefährlicher Akteur in der organisierten Kriminalität in Schweden. Es handelt sich um eine Bande, die sich im Hochsicherheitsgefängnis von Kumla gegründet hat. Die bis zu 70 Mann starke Gruppe rekrutierte nach Angaben der schwedischen Polizei einige der gefährlichsten Häftlinge Skandinaviens. Sie breitete ihren Wirkungskreis von den Strafanstalten des Landes auf schwedische Städte aus und verwendet die gleiche Organisationsstruktur wie OMCGs. Schwedische Ermittlungsbehörden bringen das Wolfpack mit zahlreichen Morden in Verbindung.
Bei den skandinavischen Rockerbanden und Gangs geht es nach Auskunft des dänischen Polizeisprechers heute nicht einmal mehr ansatzweise um Respekt und Bikerehre, sondern ausschließlich um die lukrativen Märkte des Rauschgifthandels und der Prostitution.
Als hauptsächlicher Akteur aufseiten der Hells Angels tritt deren Supporter-Club AK 81 auf. Am 14. August 2008 wurde das 19-jährige türkische Gangmitglied Osman Nuri Dogan durch ein AK-81-Mitglied in Tingbjerg erschossen. Der heruntergekommene Vorort Kopenhagens sollte nicht das letzte Mal Schauplatz eines solchen Konfliktes werden. Gewalt, Kriminalität und ein hoher ausländischer Bevölkerungsanteil machen diese Betonwüste zu einem Epizentrum des neuen blutigen Bandenkrieges. Die AK 81 besteht aus jungen Kerlen, die unter allen Umständen offizielle Mitglieder der Hells Angels werden wollen. Mitgliedern der neuen Organisation ist es nicht vorgeschrieben, ein eigenes Motorrad zu besitzen, es ist ihnen aber auch nicht erlaubt, das Patch mit dem Deathhead zu tragen. Aus diesen Gründen gelingt die Rekrutierung viel schneller und unproblematischer, kann man doch auf das langwierige Prozedere im Vorfeld einer Vollmitgliedschaft verzichten.
Das neue Sondergesetz des dänischen Parlamentes setzt rivalisierende Banden allerdings stark unter Druck. Die Strafgerichte der Justiz sind damit in der Lage, selbst für noch nicht begangene Taten hohe Haftstrafen zu verhängen.
Drei AK-81-Mitglieder und ein Hells-Angels-Anwärter fuhren beispielsweise im September 2010 mit einem gestohlenen Mazda durch das Kopenhagener Stadtviertel Nörrebro. Mit seinem hohen nahöstlich-muslimischen Bevölkerungsanteil stellt dieses Viertel eine Machtbastion für zahlreiche mit den Hells Angels verfeindete Banden dar. Als ein Streifenwagen auf den Wagen aufmerksam wurde, entwickelte sich eine wilde Verfolgungsjagd, während der die Männer fünf Pistolen sowie Mützen und
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