Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
direkte Verbindung zu den Hells Angels gibt.
Die Hells Angels und die Bandidos starteten jeweils eine unglaubliche Expansion in ganz Europa. Nach den Erfahrungen mit dem skandinavischen Rockerkrieg schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis beide Heere sich in einem anderen Land in die Quere kommen und dort die endgültige Antwort auf die Frage suchen würden, die in Skandinavien nicht abschließend geklärt werden konnte: Wer beherrscht Europa?
Das nächste Land, das in diesen Weltkrieg der beiden großen Motorradclubs hineingezogen wurde, ahnte zur Jahrtausendwende noch nichts von dem Unheil, das sich über seinen Straßen zusammenbraute. Es verfügte zwar über fünf Charter der Hells Angels. Diese agierten aber weitgehend unterhalb der öffentlichen Wahrnehmung. Die lokalen Vereinigungen beschränkten ihre Aktivitäten größtenteils auf die eigene Subkultur und standen mit diesem Verhalten weder auf der Agenda von Polizeibehörden noch auf der von Politikern. Lediglich ein Charter fiel durch kriminelle Aktionen auf. Das wurde jedoch als örtliche Besonderheit angesehen. Nachdem man es schlichtweg verboten hatte und es damit erst einmal aus dem Licht der Öffentlichkeit verschwunden war, schien das Problem gelöst. Eine fatale Fehleinschätzung, denn in diesem Land sollte in nächster Zukunft eine beispiellose Expansion von Rockerclubs stattfinden, die es in ein Pulverfass verwandeln würden. Das Land heißt Deutschland.
5. Kapitel
Aufmarschgebiet Deutschland
Bones MC & »gelbe« Ghostrider’s – die Streitmächte formieren sich
»Viele Member kamen aus dem Milieu. Ihr Arbeitsfeld: Prostitution, Schutzgelderpressung, Hehlerei, Drogen-, Waffen- und Menschenhandel.«
Ulrich Detrois, Mitglied des Bones MC und späterer Vizepräsident des Hells Angels MC Kassel
Ende 1968 ahnte keiner der acht US-amerikanischen, motorradverrückten GIs, die rund um Frankfurt am Main stationiert waren, dass aus ihrer Idee, den Bones MC zu gründen, der mächtigste Bikerclub auf deutschem Boden entstehen sollte. In den Gründungsjahren herrschte in dem zunächst klassischen Motorradclub noch der alte Charme des Easy-Rider-Mythos vor: Motorrad fahren – schrauben – Partys feiern.
Die Vorlage für ihr Clubabzeichen entliehen die GIs einem Cartoon aus dem US-Satiremagazin MAD über die Gefahren des Rauchens: eine Knochenhand in Schwarz-Weiß, die eine Zigarette hält. Neben weiteren in Deutschland stationierten US-Soldaten stießen ab 1970 vermehrt deutsche Mitglieder zum Club. Außerdem begannen die Bones, sich auszubreiten. 1971 wurden Chapter in Mannheim und Wiesbaden gegründet. Damit legte der Bones MC den Grundstein für ein stetiges Mitgliederwachstum. Die bald erreichte Größe hatte einen erheblichen Anteil daran, dass in Deutschland so etwas wie ein Bikerkult entstand.
Aus seiner Machtbastion im Rhein-Main-Gebiet expandierte der Bones MC als Nächstes gen Norden. Die Mitglieder fielen schon nach kurzer Zeit polizeilich auf, da sie typische Gewohnheiten ihrer Subkultur auszuleben begannen: Sauforgien bei Motorradtreffen und Partys, die mit Massenschlägereien oder Messerstechereien endeten. Das mochte im Vergleich zu den Entwicklungen in den Staaten und Kanada noch halbwegs harmlos erscheinen, doch Anfang der Achtziger kam es dann auch hierzulande zu Schießereien, die die Szene aufschrecken ließen und größere Events überschatteten. So beispielsweise die Rallye der Motor-Tramps aus Zweibrücken am 17. April 1981.
Aufgrund von wilden Spekulationen und Gerüchten über einen Überfall auf diese Veranstaltung wurden Schutzbündnisse geschmiedet und die ersten Mitglieder deutscher MCs gingen dazu über, sich zu bewaffnen. Trotz eines vorsorglichen Abbruchs der Veranstaltung kam es zu einem Tumult, bei dem drei Schüsse aus Gewehren abgefeuert wurden. Es gab drei Verletzte; zwei Rocker, davon einer am Kopf getroffen, überlebten, die 19-jährige Ilona Zimmermann jedoch nicht. Sie verstarb auf dem Weg ins Krankenhaus.
Keine zwei Monate später war der nächste Tote zu beklagen. Während einer Massenschlägerei zwischen Rockern aus Hamburg und Hannover fiel ein Schuss. Der Schütze verschwand in einem Gewühl von Rockern, die versuchten, ihn zu entwaffnen. Dabei lösten sich weitere Schüsse und der Pistolenträger blieb tödlich getroffen zurück. Im Jahr darauf geriet der Bones MC in die Schlagzeilen, weil Mitglieder auf einer Rallye in Bamberg Schlägereien angezettelt hatten und damit einen Großeinsatz
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