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Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schubert
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der Polizei auslösten. Bei diesem Polizeieinsatz, der von mehreren Beobachtern als unverhältnismäßig hart und überzogen beschrieben wurde, blieben etliche Verletzte zurück, verwundet durch Polizeiknüppel und Bisse von Polizeihunden. Diese und weitere gewalttätige Vorfälle ließen einen negativen Eindruck der entstehenden Rockerkultur in Deutschland aufkommen. Dass auch den Bikern mit Vorurteilen und teils übertriebener Härte begegnet wurde, blieb größtenteils unberücksichtigt. Als Beispiel seien hier die Ereignisse des 1. Mai 1983 in Neckartaiflingen bei Stuttgart angeführt.
    Fünf Mitgliedern des Motorradclubs Kettenhunde, zehn weiteren Männern und fünf Frauen untersagten Türsteher der örtlichen Diskothek den Eintritt. Es entwickelte sich eine wüste Schlägerei, in deren Verlauf ein Biker durch einen Messerstich an der Hand verletzt wurde. Trotzdem gaben die Rocker nach und kehrten zu ihrem Campingplatz zurück. Dort beabsichtigten sie die weitere Nacht unter sich und in Ruhe zu verbringen, doch der Abend endete in einer Tragödie.
    Kurz vor zwei Uhr in der Nacht wurden die Biker Opfer eines Anschlags. Innerhalb weniger Sekunden wurde um die 20 Mal auf die Rocker geschossen. Die Angreifer feuerten ununterbrochen, und ihre Kugeln trafen. Eine Frau krümmte sich von vier Kugeln getroffen schwer verletzt am Boden. Ihr Freund erlitt einen Steckschuss in den Hals, ein weiterer Mann wurde durch Schüsse am Oberarm und Gesäß verletzt, einen anderen Biker eines befreundeten MC traf eine Kugel im Beckenbereich. Die schwersten Verletzungen erlitt »Turbo« von den Kettenhunden, der noch vor Ort verstarb.
    Die Polizei verhaftete im Laufe der Nacht fünf Verdächtige in der Diskothek, darunter die Türsteher, die zwei Rocker als Täter identifizierten. Die Tatwaffen wurden im Auto eines der Festgenommenen aufgefunden und beschlagnahmt.
    Die Schlagzeilen der Tagespresse suggerierten den Lesern jedoch einen ganz anderen Ablauf der Geschehnisse. Die Berichte lasen sich, als ob die Rocker selbst wild in eine Menschenmenge geschossen hätten und gar nicht die Opfer des Überfalles gewesen wären. Die Schlagzeilen lauteten »Rocker-Terror mitten in Deutschland« und »20-Jähriger von bewaffneten Rockern getötet«.
    Schlechte Presse
    Die negative und tendenziöse Berichterstattung setzte sich fort, was auch der Hauptgrund dafür war, dass die deutsche Bezeichnung »Rocker« Anfang der 90er-Jahre zunehmend verschwand und durch den Begriff »Biker« ersetzt wurde. Die Rocker selbst verwendeten den mittlerweile gesellschaftlich geächteten Begriff, der zusätzlich mit einer Reihe negativer Vorurteile überladen war, nicht mehr. Außerdem passte die amerikanische Bezeichnung Biker in einer Subkultur, in der es nur so von Anglizismen wimmelte, immer besser zu den deutschen Motorradclubs. Der American Way of Life setzte sich weltweit und in besonderem Maße in den Motorradclubs und den daraus entstehenden Einprozenter-Vereinigungen durch.
    Die Entwicklung hin zu einer gewissen amerikanisch inspirierten Coolness war jedoch nicht die einzige Veränderung, denn es wurden auch andere Eigenschaften der Einprozenter übernommen, was schwerwiegende Folgen nach sich zog. In den 80er-Jahren wich die bis dahin vorherrschende regionale Prägung deutscher Motorradclubs immer mehr bundesweiten Organisationsformen. Auch die tiefe Zerstrittenheit der wenigen großen Clubs trat zutage und die ersten Territorialkämpfe wurden offen und brutal ausgetragen.
    1986, zu Ostern, eskalierte die Situation zwischen den »gelben« Ghostrider’s und den »schwarzen« Ghost-Riders (man beachte die unterschiedliche Schreibweise). Als Männer beider Clubs in einer Disco aufeinandertrafen, gerieten sie trotz einer Vereinbarung auf oberster Clubebene, die künftige Konflikte entschärfen sollte, aneinander.
    Am Karfreitag trafen sich wie gewöhnlich die (schwarzen) Ghost-Riders in ihrem Clubhaus in Worms. Um 22.00 Uhr stürmte nicht der Osterhase durch die Vordertür, sondern ein unbekannter Schütze, der wahllos ins Gebäudeinnere feuerte. Instinktiv löschten die Angegriffenen das Licht und konnten sich in der Dunkelheit vor den umherfliegenden Kugeln in Sicherheit bringen. Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war und die Überfallenen ihr Clubhaus untersucht hatten, war das ganze Ausmaß der Attacke zu erkennen. Ausnahmslos jede Scheibe des Vereinsheims und der parkenden Autos war eingeschlagen, sämtliche Reifen aufgeschlitzt worden. Dafür kam nur

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