Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Einprozenter-Clubs aus den USA – Hells Angels, Bandidos und Outlaws – eins zu eins wider. Doch jetzt litten deutsche Biker von den Großstädten bis in die tiefste Provinz unter den rücksichtslosen Praktiken und wurden bei geringstem Widerspruch mit Baseballschlägern malträtiert, massiv verletzt und eingeschüchtert. Die gewalttätige und kriminelle Seite der US-Bikerkultur war damit endgültig in Deutschland angekommen.
The world is not enough!
Ohne dass Polizeibehörden und gar die Innenminister der Länder Kenntnis davon erlangt hätten, teilten die mächtigsten Clubs ihre Einfluss- und Machtgebiete untereinander auf. Ein Prospect-Charter der Hells Angels in Hannover wurde wegen der Dominanz des dortigen Bones-Chapters unter Präsident Frank Hanebuth wieder aufgelöst. Im Gegenzug verschwand das Chapter des Bones MC Lauchhammer in Brandenburg auf Intervention des sehr aktiven Berliner Charters der Angels, das Territorialansprüche auf den gesamten Berliner Raum einschließlich des brandenburgischen Umlandes erhob.
Und dann stand plötzlich eine Sensation an.
Im November 1999 überschlugen sich die Gerüchte in der deutschen Bikergemeinde: Der Bones MC stand angeblich nach über 30 Jahren der Eigenständigkeit vor dem Schritt des Patchover zum Hells Angels MC. Verwundert rieben sich alle Experten die Augen, denn beide Clubs waren bis dato verfeindet.
Doch tatsächlich schlossen sich am 14. November 16 der 21 Chapter des Bones MC offiziell den bislang nur in Stuttgart, Berlin, Kiel, Hamburg (North End, ca. 30 km nördlich von Hamburg) und Bremen (West Side) aktiven Hells Angels an. Die Party dazu fand natürlich im Hannoveraner Clubhaus des Langen statt, des entscheidenden Drahtziehers dieser im Geheimen geschmiedeten Allianz. Ulrich Detrois beschuldigte ihn gar, diesen Schritt allein aus »Profit- und Expansionsgründen« unternommen zu haben, da er sich Vorteile von der internationalen Ausrichtung der rot-weißen Bruderschaft erhofft habe.
Wie schon so oft in der mittlerweile 50-jährigen Geschichte der Hells Angels wurde auch in Deutschland der so beharrlich kommunizierte Mythos einer langen Anwartschaft und eines schwierigen Weges voller Entbehrungen und Prüfungen bis zur Vollmitgliedschaft schlichten Machtinteressen und einer aggressiven Expansionspolitik kühl kalkulierend untergeordnet. Ohne langjährige Bemühungen und ohne eine Prospect-Phase einzelner Charter oder Mitglieder wurden die Bones-Member sofort zu Vollmitgliedern des Hells Angels MC Germany ernannt. Dieses Prozedere brachte dem Bones MC vonseiten des Bandidos MC sogleich den Vorwurf ein, sich sein Color erkauft zu haben. Ob derartige Vorwürfe einen realen Hintergrund haben, ist nicht bekannt, eines jedoch hat die Vergangenheit bewiesen: In der Welt des Hells Angels MC ist nichts umsonst.
Geschätzte 250 der 500 Bones-Mitglieder trugen ab sofort den Deathhead auf ihrem Patch. Skeptische Rocker nahmen den Wechsel zum Anlass, dieser Welt den Rücken zu kehren. Andere führten als »Old Bone Mannheim« eine eingeschränkte Selbstständigkeit fort, jedoch mit einem entscheidenden Zusatz: Auf ihrer Homepage prangte ab sofort der Hinweis »Support 81«.
Der Bedeutung des Anlasses gemäß wurde das Patchover per doppelseitiger Annonce in den Bikers News verkündet. Die Anzeige enthielt eine Deutschlandkarte mit allen eingezeichneten Hells-Angels-Chartern und war, in aller Bescheidenheit, mit folgender Überschrift versehen: »THE WORLD IS NOT ENOUGH!«
Auf einen Schlag war der Hells Angels MC mit 21 Chartern in allen Teilen der Republik vertreten. Zu den bestehenden fünf Dependancen stießen Bonn, Boppard, Darmstadt, Frankfurt am Main, Hannover, Heilbronn, Dark Side Karlsruhe, Mannheim, Offenbach, Reutlingen, Saarbrücken, Singen und das ebenfalls in Frankfurt am Main angesiedelte Charter Westend. Das Innenministerium Baden-Württembergs schätzte die Mitgliederstärke der Höllenengel nach dem Zusammenschluss auf etwa 550 Männer.
Dazu kommen die für die Drecksarbeit in den Legionen 81 ausgegliederten Männer, die ganz offen in den Strukturen von Straßengangs agieren. Was haben diese Gruppen mit einem klassischen Motorradclub gemein?
Der eklatant überstrapazierte Easy-Rider-Mythos scheint missbraucht zu werden, um knallharte und kriminelle Geschäftsinteressen- und -praktiken im Milieu zu verschleiern.
Diesen Vorwurf sollte der Lange auch aus den eigenen Reihen zu hören bekommen. Niemand Geringeres als die graue Eminenz des
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