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Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schubert
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Salzwedel, South Side, Helmstedt, Wolfsburg, Nienburg, Wolfenbüttel, Celle, Uelzen, Göttingen, Paderborn, Stadthagen, Walsrode und Hannover selbst. In räumlicher Nähe befinden sich außerdem die Chapter Kassel, Salzgitter, Vechta, Oldenburg und Cuxhaven, sodass 21 Stützpunkte der Red Devils das gesamte norddeutsche Umland kontrollieren. Viele der Chapter waren vorher in anderen, unabhängigen Motorradclubs organisiert. Experten des LKA mutmaßten über einen teilweise ausgeübten Zwang bei Übertritten, doch die Bikerszene ist bekanntermaßen verschwiegen, und so blieb es bei unbestätigten Vermutungen.
    Das gesamte Gebiet der Red Devils ist damit dem Herrschaftsbereich der Hannoveraner Hells Angels zuzurechnen, ohne deren Zustimmung oder Auftrag die Teufel nicht aktiv werden. Den Angels verschafft das zusätzlichen Schutz und es verhindert gleichzeitig, dass sich in den von Supportern besetzten Städten die Rivalen von der Bandido Nation einnisten. Die Hells Angels steckten ihre Claims ab, ohne selbst Farbe bekennen zu müssen.
    Die ehemaligen Mitglieder deutscher Motorradclubs, die sich den international agierenden OMCGs anschlossen, haben mit ihrem Patchover nicht einfach nur ihre Kutten gewechselt. Sie sind Mitglied einer internationalen Bruderschaft geworden und haben damit nicht nur Tausende neue Verbündete, sondern gleichzeitig auch Tausende neue Feinde geerbt. Der ATF-Undercover-Agent Jay Dobyns bezeichnete die Hells Angels und Bandidos als einzigen hundertprozentig amerikanischstämmigen Export des organisierten Verbrechens. Erbitterte Todfeindschaften, Morde, Verstümmelungen, Kriege und Blutbäder, die 50 Jahre lang die brutale US-Bikersubkultur prägten, waren ab sofort auch für den Umgang deutscher Rocker untereinander mitbestimmend und veränderten die Bikerwelt hierzulande auf entscheidende Art und Weise.
    Warum werden Männer Hells Angels?
    Die Erzählungen und Lebenswege gleichen sich auffällig. Viele der späteren Kuttenträger suchten ursprünglich den engen Zusammenhalt unter Männern. Eine Kameradschaft. Eine Bruderschaft. Familiencharakter. Hauptantrieb, die anstrengenden und oft erniedrigenden Jahre als Hangaround und Prospect durchzustehen, ist der Wunsch, zu einem Bund zu gehören, der mehr als eine vorübergehende Interessenvereinigung darstellt, sondern eine lebenslange Gemeinschaft sein soll.
    Die motorradfahrende Subkultur der OMCGs stellt sich bewusst außerhalb der bürgerlichen Normen und gesellschaftlichen Regeln. Die moderne, hochdifferenziert arbeitsteilige Gesellschaft funktioniert über vielfache Zweckbeziehungen in Schule, Studium, Ausbildung, Arbeit und organisierter Freizeit. Das wollen die Biker überwinden, wenn sie ihre Gemeinschaften in den Lebensmittelpunkt stellen. Die Rocker (ein rein deutscher Begriff für diese Art der Protestkultur) kommunizieren ihre selbst gewählte Abgrenzung durch martialische Kutten, Tätowierungen und besonders modifizierte Bikes, die Chopper, nach außen und schließen damit symbolisch alle Brüder ein, den Rest der Gesellschaft aber aus.
    Soziologen sehen besonders in den desillusionierten Kriegsveteranen Amerikas die Träger eines starken Wunsches nach anhaltender Kameradschaft abseits vom zivilen Leben und einer überregulierten Bürgerlichkeit. Auf den Schlachtfeldern Europas und Koreas sowie in den Dschungeln Vietnams war das überlebenswichtig und hatte für die Heimkehrenden funktioniert, denn sonst wären sie nicht heimgekehrt.
    So befanden sich denn auch unter den Gründungsmitgliedern des ersten Hells-Angels-Charters in San Bernardino oder kurz Berdoo, Kalifornien, im März 1948 zahlreiche Weltkriegsveteranen. Die zweite große Mitgliederwelle in den amerikanischen Motorcycle Clubs wurde nicht zuletzt durch den blutigen Vietnamkonflikt ausgelöst, der in seinen letzten Jahren zu einer Spaltung der amerikanischen Öffentlichkeit führte, die viele heimkehrende Veteranen als Ablehnung im eigenen Land erlebten.
    Im Fall des von seiner Mutter früh verlassenen Sonny Barger führte der Wunsch nach Kameradschaft und einer engen familiären Bindung zur Gründung des eigenen Charters. Auch aus diesem Grund bezeichnen sich alle Hells Angels weltweit untereinander als Brüder und meinen das auch so.
    Die oftmals lebenslänglichen Mitgliedschaften in den Clubs funktionieren in ihrer Rolle als Familienersatz und sicherer Hafen. Das bewirkt aber auch besonders starke Abhängigkeiten, die Polizeiexperten mit dem Gemeinschaftsgefühl anderer

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