Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Rotlichtkriminalität, des illegalen Handels mit Betäubungsmitteln und der Verstöße gegen das Waffengesetz sowie das Kriegswaffenkontrollgesetz, vermuten ließen. Im Verlauf der Ermittlungen ergaben sich oftmals für OK-Verfahren typische Eigenarten und Hinweise. Beispielsweise konnten ein strenger hierarchischer Aufbau und ein internes Sanktionssystem nachgewiesen sowie Firmengründungen oder -beteiligungen festgestellt werden. Den Ermittlungsergebnissen zufolge verhinderte das von diesen Mitgliedern der genannten Motorradclubs (OMCGs) ausgehende Gewaltpotenzial mutmaßlich die Aussagebereitschaft der überführten und gesondert verfolgten Kontaktpersonen bzw. Mittäter. Es ergaben sich auch Verdachtsmomente, dass einzelne Mittäter aufgrund der sehr strengen Verhaltensrituale und Sanktionierungsmaßnahmen innerhalb der Rockergruppen verpflichtet sind, ihren Tatbeitrag zu leisten.«
Mit dem Ende der Expo am 31. Oktober 2000 schien auch die Hannoveraner Polizei wieder grünes Licht für weiterreichende Ermittlungen gegen Frank Hanebuth und seine Mannen erhalten zu haben. Die Weltöffentlichkeit war nicht mehr zu Gast bei Freunden und Presseberichterstattungen über kriminelle Aktivitäten der örtlichen Szene oder Razzien im Schmuddelviertel der Stadt würden nur noch lokale Berichterstattung nach sich ziehen und nicht den Ruf Hannovers in der ganzen Welt beschädigen.
Des Weiteren verfügte der Rockerchef auch noch über die Dreistigkeit, unmittelbar vor der Expo einem Kamerateam von Focus TV eine Audienz zu gewähren. Dieses begleitete ihn auf einer Fahrt durch sein Steintorviertel, bei der er standesgemäß von einem seiner Männer in einer Luxuslimousine von Mercedes chauffiert wurde. Zusammen besuchte die Gruppe einen Wirtschaftsraum, in dem, einer Kommandozentrale gleich, ein Dutzend Monitore an der Wand hingen und die Bilder diverser Überwachungskameras zeigten. In diesem protzigen Auftreten zeigten sich die Klischees, die man mit einem rasant aufgestiegenen Rockerführer zu verbinden geneigt ist.
Diese Machtdemonstration dürfte in den Führungsetagen des Polizeipräsidiums und Innenministeriums für blankes Entsetzen gesorgt haben. Die Faktenlage in deutschen Rotlichtvierteln war das eine, die quasi rechtsfreien Räume einer breiten Öffentlichkeit via Fernsehdokumentation und Interview vor Augen zu führen, etwas gänzlich anderes. Die Bürokraten ballten ihre Fäuste unter den Schreibtischen und forderten von den ihnen untergebenen Polizisten endlich Ergebnisse. So schnell können sich die Schwerpunkte polizeilicher Arbeit ändern. Pragmatismus mag seinen Platz und seine Notwendigkeiten haben, damit hatten sich die Männer der Polizeiführung schon zu Beginn ihrer Karrieren arrangiert. Eine öffentliche Demütigung aber, die ihnen Untätigkeit und Unvermögen unterstellte, ging dann doch zu weit. Schließlich wollten die Führungsbeamten auf der politischen Karriereleiter weiter emporsteigen. Die Polizeiermittler öffneten also wieder die alten Akten und Archive und unternahmen einen neuen Anlauf, für den lediglich der Aktendeckel neu beschriftet werden musste. Aus dem Bones MC Hannover war schließlich der Hells Angels MC Hannover geworden.
Ein Name aber blieb unverändert: Frank Hanebuth.
Die Macht des Exboxers wuchs in der deutschen Szene und damit auch im internationalen Netzwerk der Höllenengel beständig. Dies war auch an der Zahl und Zusammensetzung der sich zu dieser Zeit neu gründenden Charter der rot-weißen Bruderschaft zu erkennen. So gelten die führenden Männer der neu entstandenen Charter Bielefeld, Potsdam und Mallorca als enge Vertraute des Hannoveraner Präsidenten, die ihre Karriere als Angel in Hanebuths eigenem Charter begonnen hatten.
Noch offensichtlicher wird die dominante Stellung Hanebuths aber bei der Betrachtung des größten Supporter-Clubs der Hells Angels weltweit, des Red Devils MC. Nicht weniger als 16 der 61 in Deutschland zurzeit bestehenden Chapter der Roten Teufel befinden sich im nahen räumlichen Umfeld des Hannoveraner Rotlichtkönigs und damit auch unter seiner direkten Kontrolle. Die geometrische Anordnung dieser Chapter, die in einer eigenen Organisationseinheit zusammengefasst wurden – der North Association –, wirkt auf einer Deutschlandkarte betrachtet wie die Aufstellung einer Prätorianergarde, die einen undurchdringbaren Ring um das Muttercharter Hannover bildet. Diese Nordallianz umfasst die Chapter Braunschweig, Hildesheim, Bad Münder,
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