Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
neun Jahre Gefängnis. Und es setzte Schlag auf Schlag. Nur einen Tag später fand man einen Biker aus dem Umfeld der Bandidos von Montreal erschossen in seinem Wagen, abgestellt auf einer einsamen Landstraße in den Laurentians.
Kurz nach dem größten Bikertreffen Amerikas in Sturgis, South Dakota, mit 750 000 Besuchern und 500 000 Motorrädern drehten die Hells Angels an der Gewaltspirale in Kanada. Sie griffen eine Führungsperson des Bandidos MC Canada an, den El Secretario. Die Mörder folgten ihrem Opfer zu seinem Ferienhaus. Der Bandido sah seine Henker nahen und geriet in Panik, denn Frau und Kinder begleiteten ihn an diesem Tag. Sie wollten ein idyllisches Wochenende außerhalb der Stadt und fernab der Gewalt verbringen. Die Angels benutzten eine Maschinenpistole und einen Colt und jagten vor den Augen seiner Familie eine Kugel nach der anderen in den Körper des El Secretario. Die Familie hatte schon viel Leid und Tod gesehen, denn der Bandido und seine Frau waren das überlebende Pärchen aus jenem verhängnisvollen Mexikourlaub. Der Tod hatte sie doch noch eingeholt.
Die Bandidos sannen auf Rache. Sie suchten sich ein Anschlagsopfer in der Führungsregie der Hells Angels, ein Gründungsmitglied des elitären Nomads-Charters, einen guten Freund von Mom Boucher. Zwei Bandidos lockten ihn in einen Hinterhalt und erschossen ihn heimtückisch. Ein höher in der Hierarchie stehendes Ziel hätten sie kaum wählen können.
Der entscheidende Akteur des Attentats, ein Bandido des Chapters Montreal, saß 2004 bereits eine achtjährige Haftstrafe wegen Verabredung zu einem versuchten Mord ab, als ein Polizeispitzel ihn dieses Attentats bezichtigte. Dem Gericht reichte allein die Aussage dieses Informanten für einen Schuldspruch aus. Es stellte zusätzlich eine besondere Schwere der Tat fest. Das Urteil lautete lebenslanger Freiheitsentzug – ohne die Möglichkeit einer Begnadigung nach 25 Jahren Haft.
Beide Parteien steigerten sich in der Folge in einen wahren Blutrausch. Am 11. August erschoss ein Mann aus dem Umfeld der Bandidos einen Supporter der Hells Angels. Der Schütze wurde drei Monate später wegen dieser Tat verhaftet.
Am 17. August 2001 bediente ein hochrangiger Bandido zwei Kunden in seinem Gebrauchtwagenmarkt mitten im Stadtkern von Montreal. Als sich der 33-Jährige nach den Autopapieren umdrehte, schossen sie ihm in den Kopf.
Die Bandidos benötigten eine Zeit, um sich auf diese blutige Auseinandersetzung einzustellen und eine Taktik auszuarbeiten. Doch dann schlugen sie zurück.
Einen Monat lang jagte ein Brandanschlag den nächsten. Ziel waren Bars, die unter Kontrolle der Hells Angels standen und in denen viel Drogen und Geld umgesetzt wurden. Die Bandidos wollten den Drogenhandel der Angels stören, die daraus erzielten Geldflüsse stoppen und sie so an den Verhandlungstisch zwingen. Diese Taktik löste eine reißerische Presseberichterstattung über den Krieg im Milieu aus und zog 16 Festnahmen nach sich.
Die Hells Angels ärgerten sich zunehmend über ihre Darstellung in den Medien. Sie versuchten, die ausführliche Presseberichterstattung über ihre kriminellen Aktivitäten und den Rockerkrieg zu unterdrücken. Den stärksten Groll zog der Journalist Michel Auger vom Journal de Montreal auf sich. Er berichtete auf der Titelseite ausführlich über Ermittlungen gegen die Hells Angels. Sie verpassten ihm noch auf dem Gelände seines Verlages fünf Kugeln in den Rücken. Die Ärzte sprachen von einem Wunder, aber der Reporter überlebte.
Ironischerweise verdankte Maurice Boucher diesem Anschlag sein eigenes Leben. Ein bezahlter Auftragskiller der Rivalen lauerte schon in der Dunkelheit auf den Angel. Doch der Mordanschlag auf den Reporter hatte die Polizei aufgeschreckt und zu hektischer Polizeipräsenz in der Innenstadt veranlasst. Dem Killer war das zu heikel und er brach seinen Auftrag ab.
Der kanadische Geheimdienst berichtete von erneuten eindringlichen Interventionen anderer krimineller Organisationen Montreals bei den Hells Angels. Die italienischen, asiatischen und kolumbianischen Gruppierungen fürchteten aufgrund des anhaltenden Gemetzels eine weitere Gesetzesverschärfung, höhere Strafen für sämtliche der organisierten Kriminalität Beschuldigten und zunehmenden polizeilichen Ermittlungsdruck, der die eigenen Geschäfte behinderte.
Aber auch die Polizei forcierte ihr Vorgehen. Es traf die Eliteeinheit der Hells Angels, das von Mom Boucher gegründete Nomads-Charter in
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