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Wie die Iren die Zivilisation retteten

Wie die Iren die Zivilisation retteten

Titel: Wie die Iren die Zivilisation retteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Cahill
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heiligen Trinität bildet.
    Im Jahre 410 fiel Rom, die Ewige Stadt, an Alarich den Goten. Die moralischen Anklagen die die Anhänger der traditionellen römischen Staatsreligion gegen die christliche Mehrheit erhoben, steigerten sich zu einem letzten Crescendo. Augustinus konnte es nicht hinnehmen, wie sehr diese heidnischen Kritiken an den Tatsachen vorbeigingen.
    Er nahm all seine Kraft zusammen, um sein letztes Meisterwerk zu
    schreiben: Der Gottesstaat , in dem die menschliche Welt zweigeteilt wird in Babylon, die Stadt der Menschen, die notwendigerweise in
    Korruption und Tod endet, und das Neue Jerusalem, die Stadt Gottes, die für alle Ewigkeit erblüht. Rom, auch wenn es besser war als die meisten politischen Gebilde der Menschheit, muß vergehen wie alle Dinge in der korrumpierbaren Welt.
    Augustinus hat viele Feinde. Er kreuzt die Klingen mit Pelagius,
    einem ungeheuerlich fetten britischen Mönch, der behauptet, Gottes Gnade sei nicht immer vonnöten und der Mensch könne, unterstützt
    von seinem Verstand und seinem guten Willen, auch ohne Seine Hilfe Gutes tun. Pelagius ist eine Art Norman Vincent Peale, der glaubt, daß jeder, der es nur wirklich will, sich selbst an den Haaren aus dem Sumpf ziehen kann. Pelagius’ Motto »Sei alles, was du sein kannst! «
    steht gegen Augustinus’ Bekenntnis. »Geradeso wie ich bin, ohne eine Entschuldigung«. Pelagius ist ein Elitärer, der daran glaubt, daß ein paar nette, gebildete Männer allen anderen überlegen sind. Augustinus wittert da den platonischen Irrglauben (die Gleichsetzung von Wissen und Tugend) und greift gnadenlos an. Er gewinnt ohne
    Schwierigkeiten.
    Wie alle katholischen Bischöfe im Afrika seiner Zeit ist er von Donatisten umgeben – Ketzern, die bestreiten, daß die Gnade der Sakramente durch die Vermittlung eines unwürdigen Priesters verliehen
    werden kann, die ansonsten jedoch ihren katholischen Brüdern in
    allem gleichen. Für Augustinus sind die Sakramente der Kirche eine Notwendigkeit: Ohne ihre Hilfe würden die Menschen in ihrer un-weigerlichen Schwäche dem Bösen erliegen. Die Wirkung der Sakra-

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    mente könne gar nicht vom jeweils konkreten Priester abhängen.
    Augustinus greift zu zivilrechtlichen Mitteln, um den Donatisten
    zuzusetzen und sie in die Grenzen des Katholizismus zu zwingen. Er schreibt die erste katholische Rechtfertigung für die Bestrafung von Falschgläubigen durch den Staat: Fehler haben keine Rechte; wer
    nicht an die erzwungene Bekehrung glaubt, leugnet die Macht Gottes; und Gott muß den Sohn, den er annimmt, schlagen – »per molestias
    erudition« (»wahre Erziehung beginnt mit körperlicher Züchtigung«).
    Dies von einem Mann, der die »Strafen und grausamen Drohungen«
    seiner Schultage verdammte. Augustinus, der letzte große Mann der römischen Antike, geht zu weit. Die Doktrin, die er postulierte, wird sich jahrhundertelang in den grausamsten Niederträchtigkeiten
    ausdrücken, die mit höchster Billigung begangen werden. Augusti-
    nus, der Vater vieler großer Ideen, ist auch der Vater der Inquisition.
    Als alter Mann wird Augustinus von Julian von Eclanum angegrif-
    fen, einem jungen, aristokratisch erzogenen, verheirateten Bischof, sozusagen Pelagius II., der Augustinus’ Theorie von der Erbsünde
    ablehnt – oder zumindest einige ihrer Implikationen. Augustinus, der, wie wir gesehen haben, glaubte, Gott habe jeden von uns für die
    Ewigkeit bestimmt, hält es dementsprechend für folgerichtig, daß
    Gott jeden zur Hölle verdammen wird, der nicht getauft wurde – auch Kinder, die sterben, ohne das Sakrament empfangen zu haben. Augustinus bewertet Gottes Gerechtigkeit als unergründlich. Julian kontert, Augustinus’ Gott sei ein grausamer Tyrann. Augustinus nimmt an,
    daß die Erbsünde durch die Fortpflanzungsflüssigkeit weitergegeben wird und daß der Geschlechtsverkehr, da er mit einem Verlust an
    rationaler Kontrolle einhergeht, zumindest eine läßliche Sünde ist –
    der man so wenig wie möglich frönen sollte. (Erinnern wir uns, wie wichtig für die Menschen der Antike Kontrolle – das Gegenteil von Chaos – war: Augustinus’ Argument hätte ebenso von einem Stoiker
    oder Buddhisten wie von einem Christen stammen können.) Julian
    erklärt Augustinus, daß er mit seiner Frau Sex hat, wann immer und wo immer ihm danach ist. Augustinus explodiert:
    »Wirklich, wirklich: Ist das Eure Erfahrung? Ihr würdet also
    verheiratete Paare nicht von diesem Bösen abhalten natürlich

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