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Wie die Iren die Zivilisation retteten

Wie die Iren die Zivilisation retteten

Titel: Wie die Iren die Zivilisation retteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Cahill
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Denn Patricks christliche Mission ließ die irische Gelehr-samkeit erst erblühen. Patrick, der unvollkommene Römer, begriff
    dennoch, daß das Christentum, auch wenn es nicht untrennbar mit
    der römischen Lebensweise verbunden war, ohne die römische Lese-
    und Schreibfähigkeit nicht überleben konnte. Und so waren die er-
    sten irischen Christen auch die ersten Iren, die Lesen und Schreiben lernten.
    Irland nimmt in der Religionsgeschichte eine Sonderstellung ein,
    denn es ist das einzige Land, in das das Christentum ohne Blutvergie-
    ßen gebracht wurde. Es gibt keine irischen Märtyrer (jedenfalls nicht vor Elisabeth I., elf Jahrhunderte nach Patrick). Und dieses Fehlen jeglichen Martyriums ärgerte die Iren, für die ein gewaltsamer, aber ruhmreicher Tod ein so aufregendes Ende darstellte. Wenn schon
    ganz Irland das Christentum kampflos angenommen hatte, mußten
    die Iren eben eine neue Form des Martyriums erfinden – etwas noch Interessanteres als diese wunderbaren Gruselgeschichten, die »Marty-rologien« vom Kontinent, mit deren Hilfe sie lesen lernten.
    Die Iren des späten fünften und frühen sechsten Jahrhunderts fan-
    den bald eine Lösung, die sie das Grüne Martyrium nannten – im
    Gegensatz zum konventionellen Roten Martyrium des Blutes. Die
    Grünen Märtyrer ließen die Annehmlichkeiten der menschlichen

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    Gesellschaft hinter sich und zogen sich in die Wälder, auf eine Berg-spitze oder einsame Insel zurück – in ein Stück grünes Niemandsland außerhalb der Stammeszuständigkeit –, um dort die Schriften zu
    studieren und Zwiesprache mit Gott zu halten. Aus den Geschichten-sammlungen, die Patrick ihnen zu lesen gegeben hatte, kannten sie Beispiele von Einsiedlern in der ägyptischen Wüste, die, ebenfalls ohne das reinigende Ritual der Verfolgung, eine neue Form der Heiligkeit entwickelt hatten, indem sie allein in einsamen Eremitagen lebten, sich physischen und psychischen Widrigkeiten jeder Art
    stellten und sich den heldenhaftesten Fastenzeiten und Strafen unter-zogen – alles, um Gott näherzukommen.
    Es gibt ein entzückendes irisches Gedicht, das einem von Patricks Anhängern namens Saint Manchan von Offaly zugeordnet wird.
    Darin finden wir Spuren der Geschichte über die Bewegung der
    Grünen Märtyrer. In dem Gedicht zählt der künftige Märtyrer seine bescheidenen Bedürfnisse auf; vor allem braucht er eine einsame
    Eremitage:

    Gewähre mir, süßer Christus, die Gnade zu finden -
    Sohn des lebendigen Gottes! -
    Eine kleine Hütte an einem einsamen Ort,
    Um sie zu meiner Wohnstatt zu machen.

    Doch der Einsiedler will sich nicht vom heiligen Dialog mit seinen Mitmenschen ausschließen. Etwas abseits des Weges, will er dennoch für diejenigen erreichbar sein, die einen Kilometer extra zu gehen bereit sind, um Einsichten, Lehre und Taufe zu finden. Deshalb
    kommt die zweite Strophe – und die zweite Bitte:

    Ein kleiner Brunnen, doch sehr sauber,
    Soll neben diesem Ort liegen,
    In dem alle menschlichen Sünden abgewaschen werden
    Durch die heilige Gnade.

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    Der Eremit lenkt nun die Aufmerksamkeit auf die nähere Umgebung
    seiner Einsiedelei, was zu folgender Bitte führt:

    Ein hübsches Waldstück ringsum,
    Um sie [die Hütte] vor dem Wind zu schützen
    Und als Heim für die Singvögel
    Davor und dahinter.

    Wegen der Wärme eine südliche Lage,
    Ein Fluß am Fuße der Hütte,
    Ein glatter grüner Rasen mit reicher Erde,
    Geeignet für alle Früchte.

    Wenn der Einsiedler als örtlicher Guru etabliert war, gesellten sich bald gleichgesinnte Suchende zu ihm, die ihre eigenen Hütten bauen und zu Füßen des Meisters sitzen wollten. Deshalb fährt der »Eremit«
    mit seiner Wunschliste an Gott fort:

    Meine Auswahl an Männern, die mit mir leben
    Und ebenso zu Gott beten;
    Stille Männer von bescheidenem Geist -
    Deren Zahl werde ich nun sagen.

    Vier Reihen von Drei oder drei von Vier,
    Um den Psalter weiterzugehen;
    Sechs, die an der südlichen Kirchenwand beten,
    Und sechs an der Nordseite.

    Zu Zweien meine dutzend Freunde -
    Um die Zahl richtig zu sagen –,
    Die mit mir zu dem König beten,
    Der der Sonne ihr Licht gibt.

    Die Iren waren schon immer von Zahlen und ihren magischen Kräften fasziniert und hielten die Zwölf – die biblische Zahl, die für Vollstän-131
    digkeit steht – für die richtige Größe einer religiösen Gemeinschaft, nach dem Vorbild Christi und der zwölf Apostel. Der demütige
    Eremit, der anfangs um so wenig bat, ist nun schon Abt

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