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Wie die Iren die Zivilisation retteten

Wie die Iren die Zivilisation retteten

Titel: Wie die Iren die Zivilisation retteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Cahill
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auf den europäischen
    Kontinent, wo sie für die Barbaren mehr als nur ebenbürtige Gegner waren. Sie, die sie von den Römern erobert und nur aus Versehen von dem unvollkommenen Römer Patrick evangelisiert worden waren,
    brachten nun die antike Zivilisation furchtlos in ihr altes Heimatland zurück.

    Einer dieser spontanen Reisenden war Columbanus, ungefähr zwan-
    zig Jahre jünger als Columcille, um 540 in der Provinz Leinster geboren und schließlich fünfundzwanzig Jahre lang Mönch in Bangor. Um 590 machte er sich mit den erforderlichen zwölf Kameraden nach
    Gallien auf, wo er im Gebiet der barbarischen Sweben in rascher
    Abfolge drei Waldklöster gründete: Annegray, Fontaines und Luxeuil, eine der wichtigsten Gründungen des frühen Mittelalters. Eine solch erstaunliche Aktivität konnte nur bedeuten, daß Columbanus ähnlich erfolgreich wie Columcille darin war, begabte Leute aus der Gegend anzuziehen.
    Doch schon bald kommt es zu Konflikten mit den Bischöfen der
    Region, denen seine Anwesenheit ein Dorn im Auge ist. Immer noch
    dem altrömischen episkopalen Muster anhängend, leben sie in
    Hauptstädten, halten enge Verbindung mit den gekrönten Häuptern
    und kümmern sich um ihre Schäfchen, gebildete und halbgebildete
    Beamte, geisterhafte Überbleibsel der untergegangenen Gesellschaft.
    Nie ist es die- sen Kirchenmännern in den Sinn gekommen, die weni-162
    gen gut gepflasterten Straßen zu verlassen und in die rauhen Bergge-meinden der einfachen Sweben vorzudringen. Für Columbanus aber
    ist ein Mann, der keinen Schritt aus der Sicherheit und Annehmlichkeit seines elitären Zirkels herausgehen will, um das Evangelium zu verbreiten, ein armseliger Bischof. Im Jahre 603 riefen die Bischöfe den Heiligen vor die Synode in Chalon-sur-Saône. Columbanus, der für
    ein solch lächerliches Schauspiel nichts übrig hat, schickt statt selbst zu erscheinen, einen Brief – einen Brief, der die Bischöfe ihre fein getünchten Wände hochjagen soll:

    An die heiligen Herren und Väter – oder eher Brüder – in Christus, die Bischöfe, Priester und sonstigen Beamten der heiligen Kirche, übermittle ich, Columban, der Sünder, meine christlichen Grüße:
    Ich danke meinem Gott, daß sich um meinetwillen so viele heilige
    Männer versammelt haben, um über die Wahrheit des Glaubens
    und der guten Werke zu verhandeln und, wie es sich ziemt, zu ei-
    nem gerechten Urteil über die fraglichen Angelegenheiten zu kom-
    men – mit Sinnen, die geschärft sind für die Unterscheidung von
    Gut und Böse.
    Oh, daß Ihr dies öfter tätet!

    Im folgenden zieht der Ire die Bischöfe für ihre weltliche Laxheit, ihren Mangel an Fleiß und ihre Einmischung in seine Mission zur
    Rechenschaft. Auch ohne ihre ehrwürdigen Nasen in seine Angele-
    genheiten zu stecken, hätten sie genug zu tun, wenn sie ihre eigene Verantwortung etwas ernster nähmen. Er verbirgt seine Kritik hinter einer respektvollen Ausdrucksweise (»wenn Ihr gewillt seid, uns
    Jünglinge Euch Väter lehren zu lassen«), doch die Bedeutung ist
    unmißverständlich. Er empfiehlt ihnen seine Lebensart (»wenn wir
    alle um Christi willen bescheiden und arm wären«) und drängt sie, wie es »das Bibelwort sagt«, wie die Kinder zu werden: »Denn ein
    Kind ist demütig, hortet nicht die Erinnerung an Unrecht, verlangt nicht nach einer Frau, wenn es sie sieht, sagt nicht das eine und meint etwas anderes.« Es klingt beinahe so, als kenne der Heilige jede heim-liche Sünde der Bischöfe und wolle sie damit konfrontieren.

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    Erwartungsgemäß schafft er sich keine Freunde in der Synode, und
    als Columbanus die Feindschaft von Brunhilda auf sich zieht, der
    gottlosen westgotischen Prinzessin von Burgund, konspirieren die
    Bischöfe mit ihr, um Columbanus zu vertreiben. Columbanus und
    seine irischen Mönche müssen ihren blühenden Gemeinden, die nun
    von einheimischen germanischen Mönchen bevölkert sind, Lebewohl
    sagen und reisen unter königlicher Eskorte nach Nantes. Dort sollen sie an Bord eines Schiffes nach Irland gehen. Auf dem Weg nach
    Nantes kann der alte Deicola nicht mehr schritthalten. Er bleibt zu-rück und baut sich eine Hütte in der Wildnis von Luxe, wo allmählich ein weiteres historisch bedeutsames Kloster entsteht. Als Columbanus’ Truppe schließlich an Bord des Schiffes ist, geht es unter, doch Columbanus und vier Kameraden können sich retten. Nun doppelt
    vertrieben (aus dem burgundischen Gallien wie aus Irland), will
    Columbanus nach

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