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Wie die Libelle in der Wasserwaage

Wie die Libelle in der Wasserwaage

Titel: Wie die Libelle in der Wasserwaage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almut Irmscher
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es wirklich möglich, dass eine simple Handtasche so viel Geld kostete? Sie war ja nicht aus Titan oder aus Platin. Nein, man stelle sich vor, sie war nicht einmal aus Leder sondern aus einer Art gummiertem Segeltuch. Das war doch ein schlechter Witz, oder? Wollten die mich hier vergackeiern?
    Während sie weitere Modelle vorführte, beobachtete ich aus dem Augenwinkel ein schwules Pärchen, dass champagnerschlurfend ein mondänes Kofferset begutachtete. Einige Wortfetzen, die den Preis beinhalteten, flatterten an mir vorbei, während sie ganz lässig und selbstverständlich zur Kasse schlenderten und eine Amex-Platincard zückten. Ich schluckte.
    Ich entschied mich für ein klassisches, dunkles Modell. Eintausendsechshundert, was soll’s. Die Schwulen hatten gerade eine ganz andere Summe gestemmt, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
    *
    Die Klamottenfrage klärte ich in den umliegenden Läden. Ein seidiges Shirt von Prada, ein gerader, dunkler Rock mit passendem Blazer von Armani, Schuhe von Raphael, Strümpfe von Woolford, ein exquisites Tuch von Hermès, Dessous von Passionata, ein dezentes Cocktailkleid von Dolce & Gabbana, Make-up und teures Eau de Toilette aus einer feinen Parfümerie.
    Beladen mit edlen Einkaufstüten und um ziemlich viel Geld erleichtert kehrte ich in mein Hotel zurück. Die schwarzen Haare im Bad waren weg. Als Entschuldigung stand eine Flasche Sekt – Hausmarke – in einem Eiskühler auf dem Tisch. Ich lächelte triumphierend. Man muss sich eben nichts bieten lassen.
    Dann, ein Gläschen Sekt in Reichweite, stand ich vor dem Kosmetikspiegel im Bad und testete das neue Make-up so lange, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war. Ich rasierte meine Beine und schlüpfte in die luxuriösen neuen Strümpfe. Das fühlte sich phantastisch an. Natürlich nur so lange, bis die Beinhaare anfingen, in Stoppeln nachzuwachsen. Mein Vorhaben musste eben schneller gehen.
    Das Cocktailkleid saß wie angegossen. Aber meine Figur war auch wirklich toll, ganz ehrlich. Schlank und straff, so sollte das sein! Ein bisschen mehr Busen hätte mir nicht geschadet, aber mit dem neuen Push-up ging es schon. Das Kleid war zwar von schlichter Eleganz, aber doch so weit ausgeschnitten, dass ich meine weiblichen Reize gebührend einsetzen konnte. Perfekt. Leider fehlte mir nur der passende kostbare Schmuck. Auf so etwas hatte ich bisher keinen Wert gelegt. Es musste also auch so gehen, aber da war ja noch der Verlobungsring von Gianni. Schmale, gepflegte Hände mit einem schönen Ring, das hatte doch auch etwas. Ich trug diskreten, aber edlen, blassrosa Nagellack auf.
    Ich drehte mich vor dem Spiegel und genoss den Anblick. Wie ein ganz anderer Mensch kam ich mir vor. Erlesen, distinguiert, von besonderem, vornehmem Reiz. Na bitte. Warum nicht gleich so?
    Wie angelt man sich einen Millionär? Da hatte es doch einmal einen Film gleichen Namens gegeben, mit der Monroe, wenn ich mich recht erinnerte. Hatte es bei ihr geklappt? Keine Ahnung. Aber ich würde jetzt auf die Pirsch gehen, und zwar auf meine Art. Das Verführungsrepertoire hatte ich drauf. Und irgendein reicher Heini würde sich schon finden. Das wäre doch gelacht!
    Ich hatte ehrlich keine miesen Absichten. Ich wollte einfach nur ankommen. Mir einen gut situierten Typen angeln, ganz bieder heiraten oder im Notfall auch sonst wie profitieren und ausgesorgt haben. Das war doch ein solider, guter Plan, oder? Und ich hatte ja auch ein Gutteil meines Kapitals in diese Zukunft investiert. Damit hatte ich doch einen veritablen Beitrag geleistet! Das würde funktionieren, ich war mir sicher. Und das hatte ich mir schließlich doch auch verdient.
    So gerüstet und voller Zuversicht begab ich mich an die Hotelbar und bestellte eine Virgin Caipirinha. Nach der Flasche Sekt, Hausmarke, erschien mir mehr Alkohol für mein Vorhaben nicht besonders förderlich. Ich meine, welcher reiche Kerl will schon eine besoffene Tussi für mehr als eine Nacht? Nüchternheit, das war jetzt in jeder Beziehung gefragt.
    Ich nippte dezent an meinem Glas und taxierte meine Umgebung. Die Pharmakologen schienen abgereist zu sein, aber es gab genug andere Herren in der Bar. Mir fiel ein graumelierter, sehr attraktiver Typ auf, ein bisschen hatte er was von Richard Gere in Pretty Woman . Er stand am anderen Ende der Bar, vor ihm ein Glas mit undefinierbarem Inhalt, und er blickte ununterbrochen auf seinen Blackberry. Entschieden begann ich, meine Flirtsignale in seine Richtung zu schicken.

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