Wie die Tiere
dem der Architekt gestanden ist und immer noch geglaubt hat, er ist in der besseren Position.
Aber interessant. Das Rotorblatt hat den Architekten genau an der gleichen Stelle erwischt, wo die Puppi am Schwedenplatz die Manu Prodinger erwischt hat. An und für sich ist das eine interessante körperliche Stelle, es ist angenehm, wenn du dort geküsst wirst, aber du bist auch sehr verletzlich. Obwohl ich ganz ehrlich sagen muss, ein Rotorblatt würde es mit einer anderen Stelle als dem Hals auch aufnehmen, vielleicht nicht ganz so sauber wie jetzt beim Sohn der Amtsärztin.
Aber der saubere Schnitt allein macht es nicht. Ich sage, der Föhn gehört auch dazu.
Weil wie jetzt der Föhn den Kopf des Flakturm-Architekten über den Augarten getragen hat, ist ihm der Park in einer Perspektive und in einem Abendlicht vor Augen gelegen, da hätte jeder Vogel neidig werden können. Und vielleicht waren die Krähen auch wirklich ein bisschen neidig. Warum sonst hätten sie ein derartiges Geschrei angestimmt, obwohl es noch gar nicht richtig gedämmert hat.
Das hysterische Vogelgeschrei war das Letzte, was der Architektenkopf auf seiner Föhnrunde noch richtig gut gehört hat. Dass die heute schon vor Einbruch der Dämmerung schreien, hat ihn gar nicht gewundert, weil für ihn ist esja jetzt schneller dunkel geworden als für die Leute unten. Da sind alle Augartenfarben in seinen Augen schon ein bisschen verblasst, während die Liegewiesen und die Sportplätze und die Hundezonen noch einmal unter ihm vorbeigezogen sind.
Er hat die Kastanienallee verblassen gesehen, die Lindenallee, den Kinderspielplatz mit den netten Holzhäuschen und Rutschen. Er hat beobachtet, wie nett die Eltern mit ihren Kindern gespielt haben, und für einen Augenblick hat es ihm Leid getan, dass er seiner Mama mit seinem Jahrhundertbau so viel beweisen wollte.
Egal, von da oben aus betrachtet, hat das alles nicht mehr diese Wichtigkeit gehabt, der Föhn hat ihn ja schon wieder weitergetragen, hinüber zur Gärtnerei, schön über die Beete geflogen, Kopfsalat, Radieschen, Bohnen, alles da, sehr gesund, viele Vitamine, weiter zur Hundezone Gaussplatz hinauf, die Sportwiese, die rote Laufbahn rund um das grüne Fußballfeld, das waren so starke Kontraste, dass er sogar noch einmal richtige Farben wahrgenommen hat, wunderbar, noch lieber wäre er Maler geworden als Architekt, aber der Flakturmplan hat ihn für alles entschädigt, wenn nur seine Mutter ihm nicht erzählt hätte, was der Brenner ihr von der Hartwig erzählt hat.
Fast wäre er in der Weitsprunggrube gelandet, aber da hat ihn der Föhn noch einmal erfasst und hinaufgewirbelt und noch einmal auf eine Gratisrunde mitgenommen, im Awawa-Buffet sind die Leute gesessen und haben den Feierabend genossen, es ist jetzt schon so dunkel gewesen, und er hat sich gewundert, dass sie nicht ihre bunten Lampen einschalten, aber über der Liegewiese haben die Wassersprinkler wieder Regenbögen in die Luft gezaubert, das war ein verhexter Abend, oder war es einfach der Augarten selber, von dem es ja oft geheißen hat, er ist ein bisschen verhext.
Und wirklich, von oben hat man es erst so richtig begriffen, die geometrischen Wege, die abgezirkelten Felder, die schnurgeraden Alleen, den ganzen gewaltigen Barockpark hat er in seiner innersten Seele erfasst, aber so ist es immer im Leben, du begreifst die Dinge erst richtig, wenn du sie nicht mehr brauchen kannst, und dieser Föhn-Flug über den Augarten hat ihn erst zu einem richtigen Architekten gemacht, da hätte er auf einmal Erfahrungen einbringen können, die den jungen Architekten vollkommen abgehen.
Aber auch egal, das ist schon interessant, von oben relativiert sich alles, und er hat jetzt sogar wieder an Höhe gewonnen, das Dach der Porzellanmanufaktur unter ihm hat in der Abendsonne gefunkelt, obwohl rundherum schon alles schwarz war. Dass er sich über dem Heim der Sängerknaben befinden muss, hat er nur noch an den Konzertfetzen erkannt, die heraufgedrungen sind, «Mama», mein Gott, haben die schön gesungen, wenn ihm seine Mama doch nicht erzählt hätte, dass der Brenner ihr erzählt hat, dass die Hartwig ihm erzählt hat, dass sie die Puppi ausliefern will, krächz-krächz-krächz, die Krähen reden auch viel, wenn der Tag lang ist, aber er war ihnen nicht böse dafür.
Der Föhn hat ihn schon wieder weitergetragen, gesehen hat er nichts mehr, aber er hat gewusst, wo er sein muss. Weil er hat das Holz- und Erdenlager gerochen, sprich den
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