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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mich bei meinem Stamm lächerlich! Leider sind die Zeiten vorbei, wo ein Medizinmann zu seinen Leuten sagen konnte: Tötet ihn; nur so löst ihr euch von seinem bösen Blick! – Das glaubt heute keiner mehr. Man kann nur warnen und mit Ihrer weißen Haut argumentieren. Aber was nutzt das alles, wenn Sie in aller Heimlichkeit einen so guten Verband anlegen?!«
    »Die junge Mutter ist von sich aus mit ihrem Kind zu mir gekommen.«
    »Ich weiß. Sie hat alles gestanden. Und alle haben das Kind betrachtet und Ihre Salbe mit meiner Salbe verglichen. Deshalb hasse ich Sie! Ich weiß ja genau, was Sie da auf die Augen geschmiert haben. Ein Antibiotikum. Ich hätte es auch getan – wenn ich an das Medikament herankommen könnte. Aber das ist unmöglich! Sie wissen, man hat uns aus dem Land getrieben, wir durften nur das Allernötigste mitnehmen. Die paar Medikamente, die ich noch hatte, waren schnell verbraucht. Neue? Woher nehmen? Auf unserem Weg lag keine Apotheke. Auch wenn wir in die Nähe einer Stadt gekommen wären – Medikamente gibt es doch nur über den Arzt. Das aber kann ich nicht zulassen, denn der Arzt bin ja ich. Mir vertraut mein Stamm! Ich bin der Wundertäter! Ich allein kann in Zusammenarbeit mit den Göttern und Geistern helfen! Sir, sehen Sie doch ein, daß das eine verzwickte Situation ist! Ich verliere mein Gesicht, wenn ich einen Weißen zu Hilfe rufe! – Und nun kommen Sie angereist, pflanzen sich dick und gesund vor uns auf und schicken uns so einen Verband! Nun sind sie alle aufgeregt, und der Häuptling verlangt von mir, daß ich die gleiche Salbe wie Sie herstelle. Bin ich ein chemischer Konzern?! Oh, Sir, ich hasse Sie! Sie zerstören den Frieden meiner alten Tage, das sehen Sie doch ein?«
    »Ich sehe nur ein, daß es dort drüben eine Menge Kranker gibt, denen geholfen werden muß. Es geht nicht um Ihr Gesicht und Ihre alten Tage und nicht um Ihre Reputation als Medizinmann. Es geht allein um die Kranken! Das ist doch das Wichtigste, was Sie gelernt haben: In unserem Leben steht an erster Stelle der kranke Mensch! Wir sind zum Helfen und Heilen berufen. Da hat alles andere zurückzustehen.«
    »Sir, Sie haben recht, ich weiß es. Ich bin ja selbst so erzogen worden. Ich war immer ein guter Pfleger und Helfer. Aber das hier« – er hob den Plastikbecher mit dem Genever – »das hat mich immer umgeworfen. Es war stärker als ich. Ein Arzt hat mal zu mir gesagt: Saufen ist Schicksal! – Seitdem habe ich es aufgegeben, mich zu wehren. Kann man gegen das Schicksal ankämpfen? Wer kann das?!« Er trank den Becher leer, stellte ihn weg und verlangte nicht nach der vierten Ladung. »Was machen wir also, Sir? Wie arrangieren wir uns? Geben Sie mir Salben und genug Verbandszeug?«
    »Sofort! Aber erst muß ich die Kranken selbst sehen und untersuchen. Ich muß Abstriche machen, Gewebeproben entnehmen.«
    »Das alles kann ich perfekt!«
    »Sie geben das Stichwort, Kollege.« Dr. Oppermann klatschte in die Hände. »Wir praktizieren gemeinsam! Dann behalten Sie Ihr Gesicht nicht nur – es wird Ihnen auch noch vergoldet! Ich untersuche, Sie entnehmen die Präparate. Und gemeinsam verbinden wir. Ist das eine Lösung?«
    »Akzeptiert.« Der Alte erhob sich und schwankte leicht. »Ich werde meinem Stamm sagen, daß ich Sie überredet hätte, mir zu helfen.«
    »So kann man es auch formulieren.« Oppermann betrachtete die Mumie kritisch. »Wie fühlen Sie sich? Können Sie noch arbeiten?«
    »Wieviel hatte ich?« Der Schrumpfkopf wandte sich herrisch an Urulele.
    »Drei«, sagte Marcus.
    »Das ist gut. Bis vier bin ich voll in Fahrt. Ab sechs werde ich nachdenklich. Von zehn an gehe ich in mich. Aber bei drei liegt mein absoluter Höhepunkt. Da wachsen mir Flügel!«
    »Ich brauche Abstriche, keine Engel!« sagte Dr. Oppermann ruhig. »Wir können sofort anfangen, Kollege.«
    »Sir, das ist ein großer Tag für mich!« Die Mumie lüftete den Hut, stand auf und trat vor das Zelt. »Wundern Sie sich nicht, wenn ich ab und zu Tierknochen durch die Luft werfe und nach der Lage der Knochen Diagnosen stelle. Das gehört zum Zauber.« Er wandte sich noch einmal um und kam einen Schritt zurück. »Eine Frage im Vertrauen: Können Sie die Krankheit heilen, Sir?«
    »Nein!« sagte Dr. Oppermann ehrlich. »Aber ich hoffe, es bald zu können.«
    »Dann sind Sie genau so hilflos wie ich«, sagte der Alte und lüftete wieder den grauen Filzhut. »Das macht uns fast zu Brüdern …«
    Zwanzig Minuten später stellten

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