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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schreien: »Ich bin unwürdig!« Und immer endete eine solche Untersuchung damit, daß die Patienten, vor allem die Frauen, halb in Trance fielen. Das machte es Urulele schwer, zu seinen Abstrichen und Präparaten zu kommen, weil einige Weiber auf den Rücken fielen und von hysterischen Zuckungen geschüttelt wurden.
    »Es geht nicht anders, Sir!« sagte der Alte, wenn er wieder einmal schnell zu Dr. Oppermann lief, der das Schauspiel mit gerunzelter Stirn betrachtete. »Ich muß mein Gesicht behalten! Sie haben es leicht mit Ihren blitzenden Instrumenten!«
    Erst als die Sonne tiefrot in den Horizont tauchte, das Veld aufglühte und eine Elefantenherde, wie ein gewaltiger Scherenschnitt gegen den brennenden Himmel, am Wasserloch stand, konnte Urulele den letzten Kranken entlassen. Wer untersucht worden war, ging zurück in den Kral. Wie ein Kapitän, der als letzter das Schiff verläßt, blieb auch der Häuptling so lange unter dem Vorzelt, bis alle gegangen waren. Dann grüßte er Dr. Oppermann würdevoll und schritt durch die einfallende Nacht zu seinem Dorf. Dort flammten die Feuer auf, die Kessel mit dem Hirsebrei wurden aufgesetzt, in einer mit heißen Steinen ausgelegten Gargrube, die von den gesunden Männern gebaut worden war, als sie von der Jagd zurückkamen, brutzelte ein Warzenschwein. Es war die einfachste und beste Art, einen saftigen Braten zu bekommen. Nur die Mumie blieb zurück und wickelte ihr Kaleidoskop sorgsam und liebevoll in die goldbestickte Decke.
    »Ich danke Ihnen, Sir«, sagte der Alte und reichte Dr. Oppermann seine faltige Hand. »Sie sind ein Gentleman! Sie haben mich nicht vernichtet.«
    »Warum sollte ich das?«
    »Ich teile Ihnen mit, daß ich Sie nicht mehr hasse.« Die Mumie setzte sich auf den Klappstuhl neben dem Instrumententisch. Urulele begann aufzuräumen. »Ich bin todmüde. Gibt es noch einen Genever?«
    »Selbstverständlich. Wir beide haben einen verdient.«
    »Marcus-Tomba auch.«
    »Er trinkt nicht. Wenigstens nicht, wenn ich es sehe!« Dr. Oppermann holte selbst die Kühlbox und füllte zwei Plastikbecher. Es war das Quantum von vier Doppelstöckigen. Die Mumie schnüffelte begeistert und sah Dr. Oppermann dankbar an.
    »Danach falle ich um!«
    »Das dürfen Sie auch. Sie haben gearbeitet und gezaubert wie drei Büffel. Wenn man bedenkt, daß Sie immer die doppelte Zeit wie ich brauchten. Dadurch hatte ich Zeit genug, mich um die anderen Erkrankungen zu kümmern. Es sieht trostlos aus mit Ihrem Stamm.«
    »Ich weiß es. Ich fühle mich auch schuldig, Sir.«
    »Das wollte ich damit nicht sagen.«
    »Aber Sie denken es, und Sie haben recht. Ich bin ein egoistischer Schuft. Natürlich habe ich die Erkrankungen erkannt, und es wäre meine Pflicht gewesen zu sagen: Ab! Sofort in die nächste Stadt. Zu einem richtigen Arzt! Ins Hospital! – Aber was habe ich gemacht? Ich habe Knochen in die Luft geworfen, habe Spinnen tanzen lassen, Säfte aus Kräutern gebraut und Pillen gedreht – bitte nicht fragen, was da alles drin war! Und wenn sie starben, durften sie in die Sterne blicken und bedankten sich auch noch bei mir!« Er nahm einen langen Schluck und hustete ein wenig. »Sie werden das nicht verstehen, Sir, aber Medizinmann, das ist eben meine letzte Stellung, meine letzte Chance. Um sie kämpfe ich! Und ab und zu sind mir sogar Heilungen gelungen! Oder sagen wir: Besserungen. Vor allem bei rheumatischen Erkrankungen. Da halfen heiße Breipackungen.«
    »Sie haben viel Unheil angerichtet.« Dr. Oppermann packte die Instrumente zusammen. »Das wissen Sie?«
    »Ja. Und als Sie hier auftauchten und Ihr Zelt aufschlugen, wußte ich, daß es mein Ende sein kann.«
    »Ich habe versprochen, Sie nicht zu vernichten. Das halte ich. Aber ich werde Ihren gesamten Stamm nach Outjo verfrachten lassen, damit die Kranken ärztlich richtig versorgt werden. Die meisten sind noch zu retten!« Dr. Oppermann zeigte auf das linke Bein der Mumie. »Warum schleifen Sie das Bein nach?«
    Der Alte sah Dr. Oppermann lange schweigend an, dann lächelte er.
    »Das ist meine Strafe. Und keiner kann sie von mir nehmen. Auch sie nicht, Sir.«
    »Drücken Sie sich deutlicher aus!«
    »Ich habe das in den Hospitälern gesehen und gelernt, daß man es osteoplastisches Sarkom nennt.«
    »Zeigen Sie Ihr Bein her!« Dr. Oppermann war sehr ernst geworden. »Wie können Sie eine solche Diagnose stellen! Sind Sie geröntgt worden?«
    »Ja. In Tsumeb. Vor einem Jahr. Es war ein freundlicher weißer Arzt. Er

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