Wie ein Hauch von Zauberblüten
galten. Seine zwei Jahre in Neu-Guinea hatten das bewiesen: Dr. Oppermann brachte Aufzeichnungen mit, die so bedeutsam waren, daß man an die Entwicklung eines neuen Serums gehen konnte. Überdies hatte ihn im Berghochland von Neu-Guinea ein noch auf der Kulturstufe der Eiszeit lebender Stamm mit dem Lied ›Hum-bahumba tätärä …‹ verabschiedet – ein Erfolg, den bislang kein Missionar vorweisen konnte!
Dr. Oppermann wunderte sich nicht, als der schwarze Bursche, der in sein Zimmer trat und dabei verlegen über seine Glatze strich, ihn auf deutsch ansprach. Urulele hatte sich fein gemacht; er trug einen weißen Anzug mit rotem Hemd und gelbem Schlips und an den Füßen hellgelbe Schuhe mit dicken Specksohlen.
»Herr Doktor«, sagte Urulele höflich und verbeugte sich tief, »ich bin Marcus-Tomba Urulele aus Okaputa und möchte bei Ihnen arbeiten.«
Dr. Oppermann musterte den Besucher nachdenklich und schnippte dann mit den Fingern.
»Von irgendwoher kennen wir uns doch. Wo haben wir uns schon gesehen?«
»Auf dem Flugplatz. Ich habe Ihre Koffer getragen, Herr Doktor. Ich bin Krankenpfleger im Krankenhaus von Windhoek. Ich bin eigentlich alles, weil ich alles kann. Sie können mich bestimmt gebrauchen.«
»Das ist nicht so sicher.« Dr. Oppermann setzte sich und zeigte auf einen Stuhl an dem runden Tisch. »Warum wollen Sie weg vom Krankenhaus, Herr Urulele?«
Urulele blieb stehen. Sein Herz zuckte ein wenig, er polierte wiederum seine Glatze und sagte dann zaghaft: »Ich heiße Marcus.«
»Das haben Sie gesagt. Bitte, setzen Sie sich.«
»Ich?!«
»Ach so!« Dr. Oppermann atmete tief durch die Nase. Es fängt schon an, dachte er. Der Weiße sitzt, der Schwarze steht. Er winkte energisch und zeigte wieder auf den leeren Stuhl. »Wenn Sie sich nicht setzen, Marcus, brauchen wir unser Gespräch gar nicht erst anzufangen. Sonst müßte auch ich aufstehen, und das will ich nicht. Ich bin müde. Der Flug von Deutschland nach Windhoek ist trotz Liegesessel kein Pappenstiel. Man bekommt einen lahmen Hintern. Zum Teufel, Herr Urulele – setzen!«
Urulele ließ sich auf den Stuhl fallen und faltete die Hände. Ein Beben lief durch seinen Körper. »Man wird Sie auslachen, Herr Doktor, wenn Sie Herr Urulele zu mir sagen.«
»Meinetwegen. Mir tut's nicht weh.«
»Bitte, nennen Sie mich Marcus, oder Tomba oder sonstwie. Ich möchte nicht, daß man über Sie lacht. Ich möchte bei Ihnen arbeiten.«
»Das ist leicht gesagt, Marcus! Ich habe vor, nicht in Windhoek zu bleiben, sondern nach Outjo zu ziehen.«
»Outjo kenne ich gut, Herr Doktor.« Urulele strahlte wie seine Glatze. »Die ganze Gegend kenne ich gut. Es ist fast meine Heimat.«
»Das ist ein Argument.« Dr. Oppermann betrachtete Urulele genauer. Er fand ihn auf Anhieb sympathisch. Er war sauber, hatte einen offenen Blick und schien ein intelligenter Bursche zu sein. »Wie, glaubst du, kannst du mir helfen?« fragte er.
»Mit allem! Können Sie Damara sprechen? Ich kann es! Ovambo? Kaokoveld? Kavango? Ich verstehe alle. Wenn Urulele kommt, haben Sie keine Schwierigkeiten! Das garantiere ich.«
»Ich brauche vor allem einen Medizinischen Assistenten.«
»Auch das kann ich. Ambulanz, Station, OP!« Urulele sprang auf und stellte sich in Positur. »Ischuria paradoxa – ist Harnträufeln bei Prostatikerblase! Flatus – ist der Furz! Diarrhoea nocturna – ist der nächtliche Dünnschiß …«
»Das genügt, Marcus!« Dr. Oppermann blieb ernst. Urulele blieb voller Stolz stehen.
»Kann ich bei Ihnen anfangen, Herr Doktor? Wir werden die Epidemie bekämpfen!«
»Was weißt du über die Erkrankungen?«
»Ich habe einige im Krankenhaus gesehen. Blind! Augen eitern einfach aus den Höhlen. Sie kommen doch deswegen?«
»Ja, Marcus.« Dr. Oppermann zeigte wieder auf den Stuhl. »Setz dich! Ich werde morgen den Chefarzt fragen, ob er dich freigibt.«
Zögernd hockte sich Urulele wieder auf den Stuhl und faltete die Hände. »Ich danke Ihnen, Doktor«, sagte er leise. »Ich freue mich so.«
»Nicht zu früh, Marcus!« Dr. Oppermann zeigte auf Uruleles Glatze. »Wieso fallen dir die Haare aus? Was für Krankheiten hast du schon gehabt? Zähle sie auf.«
»Ich war immer gesund, Herr Doktor.«
»Aber deine Glatze!«
»Sie muß sein!« Urulele legte wie schützend beide Hände über seinen Kopf. »Ich habe den König von Siam gesehen. Im Kino. Ein starker Mann …«
»O Gott!« Dr. Oppermann beugte sich vor, schlug Urulele auf die Knie und lachte
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