Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
seine fettigen Haare zurückklatschte, »ist es meine Pflicht als Vater zu verhindern, dass diese Hochzeit hier stattfindet.«
Grady stöhnte vor Schmerzen und griff sich an die Wunde in seiner Schulter. »Bitte«, schrie Banner, »helft ihm!« Sie hatte ihren Schleier zurückgeschlagen. Die Augen in ihrem angsterfüllten Gesicht wirkten riesig. Lydia reichte ihr ein Taschentuch, damit sie das blutende Loch in Gradys Schulter abtupfen konnte.
»Er wird nicht sterben, Mädchen«, sagte Burns und schob einen widerlichen Klumpen Tabak von einer Seite des Mundes in die andere. In den Falten um seinen Mund sammelten sich Rinnsale braunen Tabaksaftes. »Wenn es meine Absicht gewesen wäre, ihn umzubringen, hätte er die Kugel, die ihn getroffen hat, gar nicht gespürt. Ich wollte nur dieser Hochzeitsfeier ein Ende bereiten wegen dem, was dieser Bastard meinem kleinen Mädchen angetan hat.«
Mittlerweile war der Versammlung klar geworden, dass die Situation für sie nicht bedrohlich war. Zögernd hoben sich die Köpfe wieder. Burns ungehobelte Sprache führte zu Protestgemurmel und heftigem Fächergewedel.
»Was wollen Sie«, fragte der Geistliche. »Wie können Sie es wagen, den Herrn in seinem eigenen Haus zu beleidigen?«
»Immer langsam mit den jungen Pferden, Prediger. Sie werden schon noch dazu kommen, diese Worte zu sprechen, aber nicht über die beiden.«
Lydia war bei dem Schuss aufgesprungen. Beschützend hielt Ross den Arm um sie. Jetzt zog er ihn zurück und trat einen Schritt vorwärts. »In Ordnung, Burns, wir sind alle ganz Ohr. Was willst du?«
»Seht ihr, was für einen Bauch mein kleines Mädchen hier hat?« Er deutete mit dem Lauf seiner Pistole auf den geschwollenen Unterleib des Mädchens. »Er ist vollgepumpt mit Sheldonbälgern.«
»Das ist nicht wahr!«, krächzte Grady.
»Warum machen Sie das? Ich begreife das nicht!«, rief Banner, als ihr plötzlich klar wurde, was um sie herum geschah. Bis jetzt hatte Grady mit seinen Schmerzen ihre ganze Aufmerksamkeit beansprucht. »Warum kommen Sie hierher und ruinieren auf diese Weise meine Hochzeit? Warum?«
Jeder in der Kirche war wie gebannt. Solch ein Drama hatte sich in einer Kleinstadt wie Larsen noch nie abgespielt. Das war eine Geschichte, die die Klatschmäuler noch jahrzehntelang beschäftigen würde. Die Zuhörer lauschten auf jedes Wort.
»Gerechtigkeit«, erwiderte Burns und ließ ein abstoßendes Lachen hören. »Ist es denn richtig, gehört es sich denn, ihn zu heiraten, wenn er meiner Wanda ein Kind gemacht hat? Nun?«
Grady regte sich und bemühte sich aufzustehen, obwohl Banner versuchte, ihn zurückzuhalten. Vor Schmerzen taumelnd, starrte er die Burns an. »Sie ist nicht von mir schwanger.«
Kaum hatte er dieses Wort ausgesprochen, da pflanzte sich eine Welle von Gemurmel durch die Zuschauer fort.
Banner kam auf die Beine, nahm Grady am Arm und blickte Vater und Tochter Burns, die ihr Bestes taten, um ihren Hochzeitstag, ihr Leben, ihre Zukunft zu ruinieren, trotzig ins Gesicht. Sie bemerkte nicht einmal, dass ihr wunderbares Brautkleid vorn rot befleckt war mit dem Blut ihres Bräutigams. Sie achtete auch nicht auf die wilden Spekulationen, in die sich die Hochzeitsgesellschaft erging.
Etliche Männer in der Menge hatten schuldbewusst die Blicke gesenkt. Lee trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Weder wollte er Doggie Burns in die hasserfüllten Augen sehen, noch die mürrische und schweigende Wanda anschauen. Ma Langston starrte ihn mit einem forschenden, finsteren Blick an, der selbst einem Erzengel Schuldgefühle eingeflößt hätte.
»Also, Wanda sagt, dass du es warst, Sheldon«, meinte Doggie höhnisch. »Nich’ wahr, Wanda?« Er stieß sie vorwärts, sodass alle einen besseren Blick auf ihren Unterleib, der von der Schwangerschaft aufgebläht war, haben konnten.
In ihrem verschlagenen Blick, der über die Menge glitt, lag keinerlei Scham. Ihren Mund hatte sie zu einem selbstgefälligen Schmollen verzogen. Die Männer, die die Schuld an Wandas Ruf als Schlampe trugen, verfluchten den Tag, an dem sie sie berührt hatten, und dankten Gott, dass sie Grady Sheldon als Vater genannt hatte. Viele Abstinenzgelöbnisse stiegen zum Himmel auf.
»Es ist seins«, beharrte Wanda schmollend. »Er wollte mich nicht in Ruhe lassen, kam immer wieder vorbei, wenn mein Daddy nicht zu Hause war. Hat mich belästigt. Er … er …«
»Weiter, Wanda, mein Kleines, erzähl ihnen, was er getan hat.«
Sie machte eine dramatische
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