Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
Pause, dann senkte sie das Kinn auf die Brust, pickte eine Fluse von ihrem Kleid und murmelte: »Er hat mir Gewalt angetan.«
»Das ist eine verdammte Lüge!«, schrie Grady über den Tumult hinweg, der sich in den Bänken erhob.
Burns machte einen Schritt nach vorn und schwang wieder drohend seine Pistole. »Du nennst meine süße Tochter eine Lügnerin?«
»Wenn sie behauptet, dass ich sie gezwungen habe, ja.«
Grady wurde leichenblass, aber nicht durch Blutverlust, Schock und Schmerz. Im selben Augenblick hatte er erkannt, dass er sich selbst in die Falle gelockt hatte. Sein Blick glitt erst zu Banner, die so bleich wie ihr Kleid geworden war, dann zu Ross, der finster blickte wie der Teufel persönlich. »Ich … em … also …«
Ross sprang auf ihn zu, packte ihn am Revers und riss ihn hoch, sodass sie einander in die Augen sahen. »Hast du dich noch mit dieser Schlampe herumgetrieben, während du bereits mit meiner Tochter verlobt warst?«, brüllte er.
Jake hatte sich blitztschnell bewegt und neben Ross gestellt. Als Grady vor Schmerz zu stöhnen begann und Einwände machte gegen Ross’ unsanfte Behandlung, bückte Jake sich und zog seine Pistole. Burns sagte nichts und versuchte auch nicht, ihn aufzuhalten. Das allgemeine Urteil hatte sich verlagert. Die Hochzeitsgesellschaft hatte wie ein Mann ihre verächtlichen Blicke von den Burns ab- und Sheldon zugewandt.
Jake entsicherte den Colt und schob den langen tödlichen Lauf in die weiche Unterseite von Gradys Kinn. »Also, Mister, wir warten.«
Grady warf beiden Männern einen Blick voller Verachtung zu. »Vielleicht war ich ein paarmal bei dem Mädchen.« Ross’ Fingerknöchel auf Gradys dunklem Jackett wurden weiß. Ein wildes Knurren grollte in seiner Brust. Grady stammelte: »Fast jeder andere Mann in der Stadt ist mit ihr ins Bett gegangen. Es könnte jeder sein.«
»Aber nicht jeder andere Mann in der Stadt hatte vor, meine Tochter zu heiraten«, fauchte Ross. Er ließ Grady so plötzlich los, dass der Mann beinahe wieder zu Boden stürzte.
»Wie konntest du nur?«, fragte Banner in das angespannte Schweigen, das darauf folgte.
Grady schluckte heftig und stolperte auf sie zu. »Banner«, flehte er sie an und streckte die Hände nach ihr aus.
»Rühr mich nicht an.« Sie zuckte vor ihm zurück. »Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass du mich mit denselben Händen berührst wie …« Sie wandte sich um und betrachtete Wanda Burns, die mit hämischem Gesichtsausdruck dastand, die Hand aufreizend auf eine Hüfte gestützt.
Banner wirbelte auf dem Absatz herum und marschierte das Mittelschiff der Kirche hinab. Dieses Mal war ihr Auftreten grimmig, hochmütig, stolz. Ihre Mutter ging gleichermaßen unerschrocken hinter ihr her. Die Langstons folgten ihnen. Die Cowboys von River Bend schwärmten wie eine kleine Armee aus und bildeten auf dem Kirchhof einen Kreis um sie, während sie die Pferde bestiegen und in ihre Wagen kletterten.
Ross, der noch am Altar geblieben war und sichtlich vor Zorn bebte, wippte vor Wut auf den Fußballen hin und her. Sein Blick war zornentbrannt. Vor der ganzen Stadt, dem Geistlichen, allen, die in Hörweite waren, drohte er: »Wenn du jemals wieder in die Nähe meiner Tochter kommst, bringe ich dich um. Verstanden? Und bevor ich mit dir fertig bin, wirst du darum betteln, sterben zu dürfen.«
Er drehte sich um und stolzierte aus der Kirche. Eine kleine Ewigkeit hielt Jake Grady mit einem eiskalten Blick gefangen. Langsam senkte er die Pistole und steckte sie ins Holster zurück. »Ich würde dich gerne auf der Stelle umbringen.« Das Klingeln seiner Sporen war das einzige Geräusch in der Kirche, als er den Gang entlangging.
Als er nach draußen trat, saß Banner bereits im Einspänner, ihre Mutter umarmte sie tröstend. Banners Schluchzen war herzzerreißend. Alle waren gedämpfter Stimmung. Keiner blickte den anderen an.
Jake sprang in den Sattel seines Leihpferdes. Da Ross’ Hauptsorge seiner Tochter galt, übernahm Jake die Führung. »Micah, Lee, ihr bleibt zurück. Sagt mir, wenn irgendjemand uns folgt. Alle anderen schwärmen aus. Haltet die Augen offen.« Sie folgten seinen Befehlen, ohne Fragen zu stellen, bereit, die Familie aus Loyalität zu schützen.
Jake bugsierte sein Pferd zu dem Einspänner, der die Spitze bildete. Ross lenkte mit versteinertem Gesicht die Zügel, während Banner und Lydia sich aneinanderkauerten und leise weinten. Als Jake sein Pferd neben dem Wagen zügelte, warf Ross
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