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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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die Wangenknochen.
    »Du Bastard! Ich brauche weder dein Mitleid noch deine Almosen. Oh, wenn ich daran denke …«
    Unverständliches sprudelte aus ihr heraus. Dass er aus Mitleid mit ihr geschlafen und ihr die Ehe angetragen hatte, war unerträglich erniedrigend.
    »Mitleid? Almosen? Wovon zum Teufel redest du eigentlich?«, wollte er wissen und rieb seinen Kiefer.
    »Verschwinde und lass mich allein. Raus hier!«, schrie sie. Jake hatte zu oft während ihrer Kindheit Wutanfälle bei ihr erlebt, um zu wissen, dass sie nicht scherzte. Es blieb ihm auch gar keine Wahl, als er hörte, dass die Männer in den Hof ritten und sich zur Arbeit meldeten.
    »Wir reden später darüber.«
    »Fahr zur Hölle!«
    Er stolzierte aus dem Haus.
    Banner folgte ihm bis zur Schlafzimmertür, die sie mit einer solchen Wucht zuknallte, dass die Fensterscheiben klapperten. Dann bedeckte sie ihr Gesicht mit den Händen und ließ sich am kühlen Holz zu Boden gleiten, wo sie kauernd sitzen blieb. Ihr Körper wand sich unter heftigem Schluchzen.
    Sie fühlte sich stärker gedemütigt als am Tag ihrer Hochzeit, als nach dem Vorfall in der Scheune, als je in ihrem Leben.

23
    Grady Sheldon hatte sich erholt. Seine Rippen bohrten sich nicht länger, jedes Mal wenn er sich bewegte oder einatmete, in seine Eingeweide. Die lockeren Zähne schienen sich in seinem Gaumen wieder fest verankert zu haben. Die Prellungen in seinem Gesicht hatten das Spektrum der verschiedenen Blautöne durchwandert und waren jetzt gelbliche Flecken, die nur bei einem bestimmten Licht zu entdecken waren.
    Die körperlichen Verletzungen heilten. Aber der Hass in ihm war noch frisch wie eine offene Wunde.
    Dieser gottverdammte Cowboy.
    Ross Coleman hatte vor der ganzen Stadt sein Leben bedroht. Das alleine war schon erniedrigend genug. Aber dass ein Fratz wie Banner Coleman ihm, Grady Sheldon, einen Vagabunden zu Pferde vorzog, war undenkbar. Langston war viele Jahre älter als sie. Wahrscheinlich besaß er keinen einzigen Cent. Es war nicht nur undenkbar, es war unverzeihlich.
    Tagelang hatte er sich in seinem Hotelzimmer eingeigelt, seine Wunden und seinen Hass gepflegt. Erstere hatte er gepflegt, weil es notwendig war, Letzteren, weil dieser Hass zu einem entscheidenden Punkt in seinem Leben geworden war. Sie hatten alle einen Dämpfer verdient, und wenn es das Letzte wäre, das er tat, Grady Sheldon würde dafür sorgen, dass sie ihn bekamen.
    Er hatte die Zimmermädchen terrorisiert, sie jedes Mal, wenn sie anklopften und fragten, ob er ihre Dienste benötigte, angefaucht wie ein wildes Tier, das in seiner Höhle lauert. Er hatte von Whisky gelebt, zuerst um seinem Schmerz die Schärfe zu nehmen, dann aus Faulheit. Er badete sich nicht, rasierte sich nicht, tat nichts als in seinem Hass auf Jake Langston und alle Colemans zu schwelgen.
    Heute war er mit einem gewaltigen Kater aus einem trunkenen Schlaf aufgewacht und alles, von den Haarwurzeln bis zu den Zehennägeln, hatte ihn geschmerzt. Er hatte sich aus den verschwitzten Laken gewälzt, ein Bad in seinem Zimmer verlangt und sich langsam in ein menschliches Wesen zurückverwandelt.
    Als er jetzt den Garten Eden betrat, spürte er wieder Selbstvertrauen. Er hatte eine Pechsträhne gehabt, die in den Annalen der Menschheit ihresgleichen suchte. Das würde sich ändern.
    Von der ersten Rasur seit zwei Wochen waren seine Wangen rosig. Sein karierter Anzug war ausgebürstet und gebügelt worden. Der schwarze Junge, der an der Straßenecke um Kunden warb, hatte seine Schuhe geputzt. Der Bowlerhut saß in einem flotten Winkel auf seinem Kopf.
    Bei dem Gedanken an Whisky schüttelte Grady sich, aber er bat den Barmann um ein Bier. Als er die Menge in den rauchgeschwängerten Salons und Spielräumen des berüchtigten Etablissements betrachtete, entging ihm, wie der Barmann einem der Rausschmeißer ein Zeichen gab, der sich seinerseits auf dem Absatz umdrehte und zu den Gemächern der Eigentümerin ging.
    Kurz darauf betrat Priscilla den Schankraum mit weniger theatralischer Nonchalance als üblich. Besorgt hatte sie auf eine Nachricht gewartet, wo Grady war. Seit Wochen hatte niemand ihn gesehen. Sie hatte einen Brief nach Larsen geschickt, aber keine Antwort erhalten. Was sie ihm zu sagen hatte, ließ sich nicht mehr lange aufschieben. Als sie ihn jetzt gegen die Bar gelehnt stehen und den Schaum von seinem Bier schlürfen sah, eilte sie auf ihn zu.
    »Grady!« Sie klopfte mit ihrem Fächer auf seinen Arm. »Du

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