Wie ein stummer Schrei
wie sie die Lippen bewegte. “Was ist, Livvie? Was willst du mir sagen?”
“Schütze … Kindermörder …”
“Ich verstehe nicht, Honey. Was soll das heißen?”
“Das reicht jetzt”, ging die Schwester dazwischen. “Gehen Sie bitte zur Seite.”
Alles roch nach frischem Blut. Er sah, wie ihre Augenlider flatterten, als sie noch einmal versuchte, etwas zu sagen. Doch jede weitere Verzögerung brachte ihr Leben mehr in Gefahr. Trey hätte alles dafür gegeben, um Gewissheit zu bekommen, dass sie überleben würde.
“Schon gut, Livvie, es ist gut. Du kannst es mir nachher sagen.” Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und flüsterte ihr ins Ohr: “Halt durch, Livvie. Verlass mich nicht noch einmal.”
Trey waren in seiner Karriere als Polizist oft genug Opfer von Schießereien zu Gesicht gekommen, doch nie hatte eines von ihnen ihm so nahe gestanden wie Olivia Sealy. Vor der Tür zum OP warten zu müssen, war mit das Schlimmste, was ihm je widerfahren war. Wie angewurzelt stand er da, zur Untätigkeit verdammt und von dem Gedanken erfüllt, den Bastard zu finden, der ihr das angetan hatte. Er holte tief Luft und legte eine Hand auf die Tür.
“Stirb mir bloß nicht, Livvie”, flüsterte er.
Als er sich umdrehte, sah er Marcus Sealy heranstürmen.
“Wo ist Olivia?” rief er. “Geht es ihr gut?”
Panik stand dem Mann ins Gesicht geschrieben, woraufhin Trey ihm entgegenging und ihn zu einer Sitzgruppe führte.
“Mr. Sealy, setzen Sie sich, dann sage ich Ihnen, was ich weiß.”
Er zitterte so heftig, dass er kaum durchatmen konnte. “Ich bin nicht wie verabredet zum Mittagessen nach Hause gekommen. Hätte ich das bloß getan, dann wäre das alles nie passiert!” Er vergrub das Gesicht in seinen Händen. “Ich kann sie doch nicht auch noch verlieren”, stöhnte er. “Das kann ich nicht.”
“Zunächst einmal”, erklärte Trey, “ist das nicht Ihr Fehler. Und auch nicht Livvies Fehler.”
Marcus hob langsam den Kopf, und zum ersten Mal sah Trey, was für den Mann wirklich wichtig war, der sich sonst nur für Geld und Macht zu interessieren schien. Dies ließ ihn menschlicher erscheinen.
“Wer hat ihr das angetan?” wollte Marcus wissen. “Warum sollte jemand Olivia irgendetwas antun wollen? Sie ist in dieser Tragödie von Anfang an nur das Opfer gewesen. Sie hat ihre Eltern verloren, und jetzt steht ihre eigene Identität in Frage. Warum wünscht ihr nun auch noch jemand den Tod?”
“Ich weiß es nicht, Sir, aber wir werden es herausfinden.”
“Mein Gott, das ist ja wie in einem Albtraum.”
“Das kann man wohl sagen, Sir”, pflichtete Trey ihm leise bei.
Marcus sah auf und bemerkte, dass der Detective genauso erschüttert zu sein schien wie er selbst. Bonney hatte Olivia doch gerade eben Livvie genannt, ein Kosename, der eine gewisse Vertrautheit voraussetzte. Aber wie sollte das möglich sein, wenn sie sich doch vor kurzem zum ersten Mal begegnet waren?
“Hat Olivia etwas über den Schützen sagen können?” wollte er wissen.
Trey schüttelte den Kopf. “Jedenfalls nichts, was einen Sinn ergeben würde. Sie sprach von …” Mitten im Satz hielt er inne, als ihm etwas bewusst wurde. “Ja, verdammt noch mal!”
“Was ist?”
“Ich glaube, ich weiß jetzt, was sie sagen wollte”, erwiderte Trey. “Ich muss telefonieren.”
“Warten Sie! Ich habe ein Recht zu erfahren, was …”
“Wenn ich richtig liege, werden Sie es als Erster erfahren”, gab Trey zurück und lief zum nächsten Ausgang. Er musste den Lieutenant anrufen, doch in diesem Teil der Klinik durfte er kein Mobiltelefon benutzen.
Draußen angekommen rief er auf der Wache an und wurde direkt zu Chia durchgestellt, die sich noch am Tatort aufhielt und Zeugen befragte. Beim ersten Klingeln meldete sie sich. “Rodriguez.”
“Chia, ich bin’s, Trey. Ich habe vielleicht eine Spur.”
“Ich hoffe, die ist besser als das, was die Augenzeugen zu bieten haben. Zwei sahen einen schwarzen Van, einer einen blauen. Einer hielt den Fahrer für einen Mann, der andere ist sich nicht sicher, und der dritte sah dem Wagen nach, der die Leitplanke durchbrach. Das Kennzeichen hat sich keiner von ihnen gemerkt. Also, was hast du?”
“Hast du noch diesen Bekannten bei KLPG?”
“Ja, aber was hat das mit …”
“Lass mich erst erzählen”, unterbrach er sie. “Heute Morgen wimmelte es vor Reportern, als ich mit den Sealys am Labor ankam. Sie wollten unbedingt Sealy und seine Enkelin filmen, was sie
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