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Wie ein stummer Schrei

Wie ein stummer Schrei

Titel: Wie ein stummer Schrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dinah McCall
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hat.”
    “Nun, zu der Zeit fanden Sie, ich sei kein Umgang für Ihre Enkelin. Sie wird sicher angenommen haben, dass Sie noch immer so über mich denken.” Mit einem Lächeln auf den Lippen zuckte er beiläufig die Schultern. “Aber das ist alles Jahre her, die Zeiten ändern sich, und die Menschen ändern sich schließlich auch, nicht wahr, Sir?”
    Er versuchte, sich an eine Zeit zu erinnern, als er Olivia irgendetwas verboten hatte, und schüttelte schließlich den Kopf. “Sie müssen sich irren”, sagte er leise. “Ich wüsste nicht, dass ich jemals …” In diesem Moment kehrte die Erinnerung zurück. “Bonney! William Bonney! Natürlich … Trey. Jetzt weiß ich es wieder. Sie waren der Junge, der …”
    “Der Ihre Enkelin geliebt hatte?” warf Trey rasch ein. “Ja, genau, der war ich.”
    Marcus lehnte sich ungläubig zurück. “Ich hoffe, Sie tragen mir das nicht nach. Olivia war jung, und ich wollte sie nur beschützen.”
    Für einige Sekunden sah Trey ihn nur schweigend an, dann lächelte er höflich. “Natürlich nicht, Sir. Wir waren damals noch Kinder. Wie ich bereits sagte, die Zeiten ändern sich und die Menschen ebenfalls. Aber Livvies … ich meine, Olivias Wohl ist mir nach wie vor wichtig. Ich nehme an, Sie können mir zumindest das zugestehen.”
    Mit einem Mal schämte sich Marcus. Er wusste nicht warum, und er wusste auch nicht, was er sagen sollte, doch ihm war klar, er hatte es seinerzeit übertrieben. Olivia war so sehr von ihm behütet worden, dass es ihr gar nicht möglich gewesen war, eigenständig zu handeln. Dabei schmerzte es noch mehr, von ihr niemals Widerspruch gehört zu haben. In seinem Bemühen, sie zu beschützen, hatte er ihr die Möglichkeit genommen, eigene Entscheidungen zu treffen und dabei Fehler zu machen, aus denen sie hätte lernen können.
    Entmutigt ließ er die Schultern sinken.
    “Es tut mir Leid”, sagte er leise. “Natürlich können und sollen Sie das tun, was Sie für richtig halten. Mir war nicht klar … ich meine, ich wollte niemals …” Sein Blick war auf den Fußboden gerichtet, er verschränkte die Hände und musste schlucken, da seine Stimme versagte. “Wenn das hier vorüber ist, würde ich Sie gern in meinem Haus als Gast willkommen heißen. Wann immer Sie wollen.”
    Trey konnte dem Mann anmerken, wie viel Überwindung es ihn gekostet hatte, sein damaliges Fehlverhalten einzugestehen. “Danke”, erwiderte er ruhig. “Wenn das hier vorüber ist.”
    Nachdem sie beide wieder eine Weile geschwiegen hatten, fiel es Trey ein, Marcus nach dem Telefonat mit dem Kindermädchen zu fragen. “Sir”, begann er.
    Der ältere Mann sah auf. “Sagen Sie bitte Marcus.”
    Für einen Moment zögerte Trey, nickte dann aber. “Wenn Sie mich Trey nennen.”
    “Einverstanden, Trey. Was wollten Sie fragen?”
    “Der Anruf … konnten Sie das Kindermädchen erreichen?”
    “Oh ja, zum Glück. Anna war entsetzlich aufgeregt, wie ich es erwartet hatte. Anna Walden war nicht nur Olivias Kindermädchen, sondern auch die einzige Mutterfigur, die meine Enkelin je hatte. Olivia fühlt sich ihr sehr verbunden, und sie war kurz vor dem … dem Zwischenfall sogar noch bei ihr gewesen.”
    “Tatsächlich?” erwiderte Trey.
    Marcus sah auf die Uhr. “Ich habe einen Wagen zu ihr geschickt, damit sie herkommen kann. Sie müsste bald eintreffen. Wenn Sie dann noch hier sind, werden Sie sie kennen lernen.”
    “Ich werde ganz sicher noch hier sein”, gab Trey etwas schroff zurück. “Ich bleibe hier, bis ich weiß, dass es Livvie gut geht.”
    “Ja, natürlich”, seufzte Marcus leise. “Ich meinte es nicht so … Ich weiß gar nicht mehr, was ich eigentlich meine und rede.” Er ließ den Kopf sinken, während er mit zitternder Stimme weitersprach: “Mein Gott, warum musste das bloß passieren? Warum musste das wieder passieren?”
    Foster Lawrence ging wie in Trance durch die Straßen, seit er herausgefunden hatte, was mit dem Geld geschehen war. Er wusste nicht, wo er sich befand und wie er ins Hotel zurückkommen sollte, doch es kümmerte ihn auch nicht. Immer wieder dachte er über seine missliche Lage nach, und es gab einfach nichts, was er hätte unternehmen können. Vor fünfundzwanzig Jahren hatte er sich von der Aussicht auf eine Million Dollar den Kopf verdrehen lassen und war dafür im Gefängnis gelandet. Sein Wissen, wo das Lösegeld versteckt war, half ihm durch die Zeit der Haft. Und jetzt war dieses Geld verschwunden. Das einzig Gute

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