Wie ein stummer Schrei
war, dass er sich im Moment als freier Mann bezeichnen konnte. Wie lange das jedoch so bleiben würde, stand auf einem anderen Blatt. Nach allem, was er gehört hatte, wollten ihn die Behörden noch immer befragen.
Im Gefängnis in Lompoc war er sicherer gewesen als jetzt und hier. Er wusste nicht, was es mit diesem toten Baby auf sich hatte, doch wenn es einen Zusammenhang zur Sealy-Entführung gab, konnte er sich schon jetzt ausrechnen, wem man die Schuld in die Schuhe schieben würde. Sein Problem war, dass er nicht wusste, wo er mit seiner Suche nach dem wahren Schuldigen beginnen sollte. Er hatte ja nicht mal eine Ahnung, ob der noch lebte.
Vielleicht sollte er sofort zur Polizei gehen und sich die Fragen stellen lassen, auf die man von ihm Antworten hören wollte. Rückblickend hätte er schon damals alles sagen sollen, doch sein Hass auf die Behörden und seine emotionale Bindung zum Mörder waren zu stark gewesen, um klar denken zu können. Das hatte ihn eine Million Dollar und fünfundzwanzig Jahre seines Lebens gekostet. Und jetzt lief er Gefahr, seine neugewonnene Freiheit abermals zu verlieren. Doch diesmal würde er nicht wieder für fünfundzwanzig Jahre in den Knast wandern. Kein Grund konnte so gut sein, um das zu rechtfertigen.
Vor einem Schaufenster blieb er stehen und starrte mit leerem Blick auf die eingeschalteten Fernsehapparate, große, flache Geräte, die kaum noch an Fernseher erinnerten. Auf einmal war auf den gut dreißig Bildschirmen die gleiche Eilmeldung zu sehen, die für Foster bedeutete, dass sein Leben sich ab jetzt noch etwas schwieriger gestalten würde.
Er las die Zeilen, die unter den Bildern eingeblendet wurden, und erfuhr, dass jemand versucht hatte, Olivia Sealy umzubringen, die inzwischen ins Dallas Memorial Hospital eingeliefert worden war.
Als eine andere Meldung folgte, wandte er sich ab und ging langsam weiter. Es wurde zwar allmählich Nacht, aber das kümmerte ihn nicht. Am liebsten wäre er immer weiter und weiter gelaufen, bis er Dallas und schließlich ganz Texas hinter sich gelassen und vergessen hatte.
Doch egal, wie weit er lief, er würde diesem Schlamassel nicht entkommen können. Jemand hatte heute versucht, Olivia Sealy umzubringen, und obwohl nicht klar war, wie schwer ihre Verletzungen waren, würde man seinen Namen in diesem Zusammenhang wieder und wieder erwähnen. Wenn er jetzt die Stadt verließ, würde er vielleicht bis an sein Lebensende auf der Flucht sein. Wenn er sich allerdings der Polizei stellte, bestand die Gefahr, für den Rest seines Daseins wieder hinter Gittern zu verschwinden. Er wusste nicht, was er machen sollte.
Ein Polizeiwagen mit eingeschalteter Sirene raste vorüber, und aus Gewohnheit drückte Foster sich in eine dunkle Ecke, um zu warten, bis der Wagen außer Sichtweite war. Als er wieder hervorkam, hielt ein Taxi an, um einen Fahrgast aussteigen zu lassen. Spontan stieg er ein, nannte dem Fahrer die Adresse und ließ sich zu seinem Hotel bringen. Was er unternehmen sollte, war ihm noch nicht klar. Aber wenigstens würde er diese Nacht in seinem Hotelzimmer in relativem Komfort und in Sicherheit verbringen können.
Trey und Marcus saßen zur gleichen Zeit im Krankenhaus und warteten darauf, etwas Neues über Olivias Zustand zu erfahren. Hinzu kam die Sorge, dass Anna Walden noch immer nicht eingetroffen war. Marcus war beunruhigt, doch er wollte seinen Platz so lange nicht verlassen, bis er erfahren hatte, wie es seiner Enkelin ging. Vor drei Stunden hatte man mit der Operation begonnen, und mit jeder Minute in Ungewissheit wuchs die Angst.
Als Trey bereits zu glauben begann, er würde jeden Moment den Verstand verlieren, kam am anderen Ende des Korridors mit einem Mal Unruhe auf. Er und Marcus sahen in dem Moment auf, als eine untersetzte, in Tränen aufgelöste Frau um die Ecke geeilt kam.
“Oh”, sagte Marcus. “Das ist Anna.” Er stand rasch auf und lief ihr entgegen, wobei ihm entging, dass sich aus der entgegengesetzten Richtung der Doktor näherte.
Trey dagegen sah den Mann und erhob sich sofort, während sich in der Magengegend ein flaues Gefühl regte. So sehr er wissen wollte, wie es Olivia ging, so sehr fürchtete er sich zugleich vor dem, was der Mediziner ihnen berichten würde.
“Gehören Sie zu Olivia Sealys Familie?” fragte der Arzt ihn.
“Ja”, log Trey ohne zu zögern. “Aber lassen Sie mich erst ihren Großvater dazuholen.” Er lief durch den Gang zu Marcus, nahm in der Eile jedoch von der
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