Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie ein stummer Schrei

Wie ein stummer Schrei

Titel: Wie ein stummer Schrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dinah McCall
Vom Netzwerk:
den Fugen geraten war.
    War es Amelias Tod gewesen, der Michael in eine Richtung hatte abgleiten lassen, die sich als so zerstörerisch entpuppen sollte? War der Verlust der Mutter für den damals siebzehn Jahre alten Michael Auslöser für eine extreme Unsicherheit? Wie konnte er zwei voneinander völlig getrennte Leben geführt haben, von denen nicht mal der eigene Vater wusste?
    Er lehnte sich nach vorn und legte die Hände vors Gesicht. Das war alles seine Schuld. Wäre er nicht immer nur auf noch mehr Geld aus gewesen, hätte er vielleicht noch rechtzeitig bemerkt, was sich da abspielte. Dann wären Michael und Kay vielleicht nicht ermordet und ihr Baby nicht in der Nacht entführt worden. Und vielleicht wäre das andere Baby, das tote Baby, nie ein Thema geworden, da es gar nicht erst geboren worden wäre.
    Anna lag zusammengerollt in ihrem Bett und schlief ruhig und fest. An sich gepresst hielt sie die Babypuppe, die ihr jemand klugerweise gegeben hatte. Deren große Augen, die sich nicht schlossen, und das erstarrte Lächeln hatten fast schon etwas Obszönes an einem Ort, an dem Traurigkeit und Verwirrung herrschten. Dennoch war die Gegenwart der Puppe für Anna Grund genug gewesen, ruhiger zu werden. Sie war schon immer zielstrebig gewesen, bereits als Kind. In ihrem Geist hatten die letzten Jahre nie stattgefunden. Sie war immer noch die Frau, die Marcus Sealy als Kindermädchen eingestellt hatte. Die kleine Olivia hatte sie von Herzen geliebt, doch dann war da ein Feuer gewesen, und man hatte Anna fortgebracht. Dabei hatten sie das Baby verloren, und Anna war erschüttert gewesen, bis diese Schwester ihr dieses Kind in die Arme gelegt hatte. Wie glücklich war sie darüber, ihr Baby wieder bei sich zu haben.
    Für den Moment war die Welt für sie wieder in Ordnung.
    Foster Lawrence wusste nicht, was er machen sollte. Er kam sich vor, als sei er in eine Zeitschleife geraten, die es verhinderte, dass er den größten Fehler seines Lebens hinter sich lassen konnte. Sein Anwalt bedrängte ihn, er solle mit den Behörden kooperieren und sagen, was er wusste, wenn er seine Haut retten wollte. Genau das wollte er ja auch lieber als alles andere. Doch er schaffte es nicht, dem einen Menschen in den Rücken zu fallen, der zwischen ihm und der Freiheit stand.
    Olivia erwachte in Treys Armen. Für ein paar Sekunden glaubte sie zu träumen, doch als er auch die Augen öffnete, wusste sie, dass dies hier real war. Sie sah das kurze Auflodern von Verlangen in seinem Blick, das er prompt kaschierte.
    “Guten Morgen, Honey”, sagte er leise und küsste sie auf die Wange. “Hast du gut geschlafen?”
    “Ausgezeichnet. Aber ich glaube, das lag an dem Mann, mit dem ich das Bett geteilt habe.”
    Er grinste sie an. “Ich habe zwar kaum geschlafen, dafür aber so gut wie schon lange nicht mehr.”
    Olivia begann zu lachen. “Ich freue mich so auf unser gemeinsames Leben.”
    “Ich mich auch, Livvie, ich auch.”
    “Ich muss aufstehen”, sagte sie.
    “Okay, Honey. Brauchst du Hilfe?”
    “Vielleicht ja”, antwortete sie. “Morgens bin ich noch etwas steif, aber im Lauf des Tages bessert sich das.”
    Er stand auf und half ihr hoch, dann begab er sich ins Badezimmer, um zu duschen und um sich zu rasieren. Erst mal galt es einen Fall zu lösen, bevor sie sich einem gemeinsamen Leben widmen konnten.
    Sheree Collier lehnte sich im Sessel nach hinten und legte die Beine übereinander, während sie eine Zigarette anzündete. Ihre Familie bedrängte sie schon seit Jahren vergeblich, endlich das Rauchen aufzugeben. Heute Morgen hatte sie den fünften großen Abschluss in diesem Monat gemacht, und sie fand, das war Grund genug zum Feiern. Sie zog an der Zigarette, inhalierte den Rauch bis tief in ihre Lungen und stieß ihn dann durch die Nase wieder aus. Ihr Ehemann Doug hasste es, wenn sie das tat. Er sagte, es gehöre sich nicht für eine Lady und es lasse sie wie eine billige Nutte aussehen. Sheree ging meistens darüber hinweg, doch manchmal verachtete sie ihn für diese Bemerkung.
    Heute war sie aber zu gut gelaunt, um irgendjemanden oder irgendetwas zu hassen. Sie verstand es, Immobilien zu verkaufen, und sie hatte vor, Miamis Immobilienmaklerin des Jahres zu werden.
    Im Vorzimmer klingelte das Telefon. Sheree sah durch die Glaswand, die das Vorzimmer von ihrem Büro abteilte, und beobachtete, wie ihre Sekretärin das Gespräch annahm. Als die Frau sich umdrehte und zwei Finger in Sherees Richtung hochhielt, wusste

Weitere Kostenlose Bücher