Wie ein stummer Schrei
Ihren Bruder besuchen können.”
“Ja, ist gut”, entgegnete sie und legte auf.
Einige Sekunden lang starrte sie auf die Zigarette, die sie vor dem Telefonat ausgedrückt hatte. Dann drehte sich ihr der Magen um und sie schaffte es noch gerade rechtzeitig bis zur Toilette, wo sie sich übergeben musste. Als sie an ihren Schreibtisch zurückkam, stand ihre Sekretärin an der Tür und sah sie besorgt an. “Mrs. Collier? Ist alles in Ordnung?”
Sherees Kinn zitterte. “Nein, und möglicherweise wird nie wieder etwas in Ordnung sein.”
“Kann ich etwas für Sie tun?”
“Buchen Sie mir den nächsten Flug nach Dallas, und sagen Sie für die nächsten Tage alle meine Termine ab. Ich rufe Sie an, wenn ich weiß, wann ich zurückkomme.”
“Ja, Ma’am. Ich möchte nicht, dass das zu persönlich klingt, aber ich hoffe, Sie haben keine allzu schlechte Nachricht bekommen.”
“Honey”, erwiderte Sheree. “Ich weiß Ihre Sorge zu schätzen, aber ich glaube, eine schlechtere Nachricht als die könnte ich gar nicht bekommen.”
“Oh weh. Es tut mir wirklich Leid. Sie haben mein ganzes Mitgefühl.”
“Tja, ich werde wohl eine ganze Menge mehr brauchen”, entgegnete Sheree, nahm ihre Handtasche und verließ das Büro.
18. KAPITEL
E lla trug Rot, weil sie es für eine kräftige Farbe hielt. Und mit einundachtzig Jahren konnte sie alle Kraft gebrauchen, die sie fand.
Olivia hatte wieder den blauen Morgenmantel angezogen, mit dem sie hergekommen war, und der Anblick der ganz in Rot gekleideten Ella machte sie neidisch. Sie war Nachthemden und Hausanzüge leid, umso mehr freute sie sich auf einen Besuch von Marcus, der ihr von zu Hause etwas anderes zum Anziehen mitbringen wollte. Er hatte sie gewarnt, der Brandgeruch könnte in den Stoff eingezogen sein, doch das war für sie das kleinste Problem. Hauptsache, sie konnte sich wieder normal kleiden.
Der Physiotherapeut hatte mit ihr eine Reihe von Übungen durchgesprochen, die sie täglich machen musste. Er war damit einverstanden, dass sie dafür den Pool hinter dem Haus benutzte. Daraufhin hatte sie noch schnell ihren Großvater angerufen, damit der ihr auch einen Badeanzug mitbrachte.
An diesem Morgen war Ella ungewöhnlich ruhig, während sie im Haus aufräumte und Staub saugte.
Kaum war das Telefonat mit ihrem Großvater beendet, ging Olivia duschen, danach suchte sie Ella und fand sie in der Küche vor, wie sie einen Keksteig zubereitete.
“Kann ich helfen?” fragte sie.
Ella sah Olivias leicht gerötete Wangen und die Art, wie sie ihren Arm hielt, dann zeigte sie auf den Stuhl. “Ja, Missy, indem Sie sich hinsetzen, bevor Sie noch zusammenbrechen.”
“Sehe ich so schlecht aus?” entgegnete sie, während sie sich setzte.
“Sie haben bestimmt schon mal besser ausgesehen”, meinte Ella leise und gab etwas Bittermandelöl in den Teig.
Olivia lachte, was sie mit einem Grinsen kommentierte.
Es klingelte an der Haustür. “Ich mache schon auf”, rief sie.
Ella richtete den Holzlöffel auf sie und sagte mit ernster Stimme: “Sitzen bleiben. Ich habe hier das Sagen.”
“Das ist bestimmt Grampy.”
“Na und? Ich habe doch keine Angst vor irgendeinem alten Mann.” Mit diesen Worten stolzierte sie aus der Küche und hatte noch immer den Holzlöffel in der Hand.
Olivia verdrehte die Augen, stand auf und folgte Ella zur Tür. Wie ihr Großvater reagieren würde, wenn ihn eine feurige Hausfrau in eben solchem Rot begrüßte, konnte sie nicht einschätzen, daher wollte sie lieber mit dabei sein.
Sorgen hätte sie sich aber nicht machen müssen, denn so wie es aussah, sorgte Marcus’ Charme dafür, dass Ella sofort auftaute und förmlich dahinschmolz.
“Geben Sie mir den Koffer, ich stelle ihn in Olivias Zimmer, während Sie Ihr Mädchen begrüßen”, sagte sie und nahm ihm den Koffer ab, dann ging sie an Olivia vorbei und zwinkerte ihr zu.
“Olivia, Darling”, rief Marcus, kam auf sie zu und küsste sie auf die Wange. “Es ist so schön, dich wohlauf zu sehen.”
Sie schloss die Augen, genoss den Duft seines Aftershave und das angenehm vertraute Gefühl, von ihm in die Arme genommen zu werden.
“Wie geht es dir? Hast du alles, was du brauchst?”
“Es geht mir gut”, erwiderte sie. “Du bist derjenige, der im Hotel wohnen muss. Hat das Feuer großen Schaden angerichtet?”
“Setz dich lieber hin”, sagte er und deutete aufs Sofa.
“Dann setzen wir uns aber in die Küche”, entgegnete Olivia. “Ella will Kekse backen,
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