Wie eine Rose in der Wueste
es nur den Bach, und Rose war sicher, dass die Männer sie ohne Hassans Anweisung dort nicht baden lassen würden. Und Hassan war nicht da.
Nachdem sie von dem Ausritt ins Zeltlager zurückgekehrt waren, hatte er sich lediglich vergewissert, dass sie sicher abgestiegen war und bewacht wurde, und war anschließend mit zweien seiner Männer fortgeritten. Wahrscheinlich besucht er seine Kommunikationszentrale, um festzustellen, wie weit er mit seinem Vorhaben vorangekommen ist, dachte Rose verärgert.
Er hätte sie mitnehmen können. Es tat weh, dass er es nicht getan hatte. Dabei hatte sie gedacht, dass er begonnen hatte, sie als Partnerin zu betrachten.
Immerhin besaß sie selbst ein Telefon und würde es benutzen. Doch zunächst goss sie Wasser in eine Schüssel und wusch sich Gesicht und Hände. Dann schenkte sie sich aus einer Thermoskanne ein Glas Eistee ein. Zuerst würde sie ihre Mutter anrufen. Danach wollte sie ihren Anrufbeantworter abhören.
Gordon hatte ihr bestimmt eine Nachricht hinterlassen.
Wahrscheinlich sogar mehrere. Daran hatte sicher niemand gedacht, weil keiner wusste, dass sie ihr Handy dabeihatte.
Eine Weile stand Rose unter der breiten Zeltmarkise und trank Tee, dabei blickte sie über die Oase. Wie still und friedlich es hier war! In dieser Hitze waren selbst die Hunde so klug, ihre Kräfte nicht mit nutzlosem Gebell zu vergeuden.
Die Mittagshitze war ermüdend, und Rose gab der Versuchung nach, sich in einen Safarisessel im Schatten der Markise zu setzen.
Hassans Saluki streckte sich zu ihren Füßen aus. Die Wüste vor ihr schien sich endlos auszubreiten und vermittelte Rose das trügerische Gefühl, alle Zeit der Welt zu haben. Es fiel ihr schwer, sich vorzustellen, dass es hinter dem fernen Horizont irgendetwas Wichtiges geben könnte. Sie wollte einfach hier bleiben, reiten, reden.
Hassan hatte ihr gezeigt, dass das Leben nach Michaels Tod weiterging. Dass sie eine junge, leidenschaftliche Frau war.
Rose stellte das Glas ab und merkte, dass sie lächelte.
Hassan beendete das Telefonat, warf dem Mann, der sein Pferd hielt, das Handy zu und saß wieder auf. In gestrecktem Galopp ritt er zur Oase zurück, in der Hoffnung, dass die körperliche Anstrengung das Gefühlschaos lindern würde, das Rose Fenton in ihm ausgelöst hatte.
Er hatte Frauen kennen gelernt, nach denen sich alle Männer umdrehten. Frauen, die das Blut eines Mannes mit einem Blick in Wallung bringen konnten. Doch eine Frau wie Rose war ihm noch nie begegnet.
Die anderen Frauen hatten ihn angesehen, ihn angelächelt, mit ihm geflirtet, aber letztlich waren sie nur an der Schatulle mit den Juwelen in seiner Tasche interessiert gewesen.
Allerdings war es ihm gleichgültig gewesen. Bei Rose Fenton hingegen konnte er es kaum ertragen, dass ein anderer ihren Namen aussprach. Er wollte sie ganz für sich haben - wie ein Sultan aus alten Zeiten.
Sie hatte Recht. Er hatte sich primitiv benommen. Aber so war er nun einmal, während Rose Fenton als moderne Frau des einundzwanzigsten Jahrhunderts und Tochter einer bekannten Feministin es gewohnt war, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Sie stammten aus grundverschiedenen Welten, und Hassan musste sich eingestehen, dass sich zwischen ihnen eine breite Kluft auftat, die auch Reichtum oder Macht nicht überbrücken konnten.
Das machte ihn zornig. Ruhelos. Er begehrte Rose so sehr, dass er sich nur noch mühsam beherrschen konnte. Schlimmer noch war, dass sie es wusste. Der Ausdruck in ihren Augen sagte ihm, dass er sie leicht dazu bringen konnte, mit ihm zu schlafen. Allerdings zu ihren Bedingungen, nicht zu seinen. In einigen Wochen würde sie fortgehen, ihre Arbeit, ihr gewohntes Leben wieder aufnehmen. Während er sie nie vergessen konnte, würde für sie alles so weitergehen wie zuvor. Sie würde neue, zwanglose Begegnungen haben und ihn schnell vergessen.
Erst jetzt merkte Hassan, dass er die Hände zu Fäusten geballt hatte, so dass die Knöchel weiß hervortraten. Er holte tief Luft und spreizte die Finger, um diese Gedanken zu verdrängen. Es war nicht gut, über Rose nachzugrübeln. Das konnte er sich nicht leisten. Er musste auf Abstand zu ihr gehen.
Schließlich hatte er genug Probleme, die ihn ganz forderten.
Das war leichter gesagt als getan. Zu diesen Problemen gehörte vor allem, Rose Fenton von Abdullah fern zu halten und möglichst viel Unruhe zu stiften, während er Faisal nach Hause holte und ihn dem Volk im Blickpunkt der internationalen Medien
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